Der Tote vom Silbersee (German Edition)
Kommissarin ihren Revolver zog, auf den Kopf des Hundes zielte und abdrückte. Der Hund fiel vom Arm ab. Die Kommissarin feuerte noch einmal und dann sah Lena sie ins Wasser waten. »Kommen Sie doch endlich!« Lena fühlte, wie Belu Nürnberger sie mit sich zog. Andere Beamte kamen ihnen zu Hilfe. Eine wohlige Schwärze ließ Lena abtauchen und alles vergessen. Erst im Krankenwagen kam sie wieder zu sich.
»Alles okay, Frau Wälchli?«, sagte die Kommissarin, die schräg hinter Lena saß. Auf ihren Armen saß Trixi, das Schwänzchen ging auf und ab. Lena sank zurück, sie fühlte sich ausgelaugt und müde.
»Woher wussten Sie?«
»Na, ja, ich mag es nicht leiden, wenn einer meint, er habe mehr Rechte, nur weil er mit dem Polizeioberrat, meinem Chef, Golf spielt. Also habe ich mich gründlich mit diesem Gammelfleisch-Faustus befasst und leider, leider stellte sich heraus, dass er nichts mit den Hundekämpfen zu tun hat. Außer dass er Fleisch an dubiose Kerle lieferte. Auch die beiden Ganoven, die wir verhaftet haben, sollten nur vorgeschoben werden.«
»Das war das Werk von Jan«, flüsterte Lena schwach.
Belu grinste schief. »Aber wenn ich ganz ehrlich bin, hat mich erst der Telefonanruf der Klara von Lindenberg endgültig auf die richtige Spur gebracht.«
Lena wollte sich abrupt aufsetzen. Ihr war schwindelig, sie war zu schwach, außerdem war der Tropf, an dem sie hing, im Weg. So ließ sie sich wieder auf die Trage fallen.
»Klara von Lindenberg? Diese depressive, kranke Frau? Die hat sie angerufen?«
»Ja, Lena, das war wohl ihre Art, Rache an ihrem Mann zu nehmen, der sie die ganze Zeit über gedemütigt hat.«
»Woher wusste sie das denn alles?«
»Sie hat wohl mehr mitbekommen, als er dachte. Sie wollte an dieser Beweihräucherung ihres Mannes um den Prozess nicht teilnehmen und hat sich daher in ihr Zimmer zurückgezogen. Von ihrem Fenster aus sah sie, wie Sie sich in den Garten schlichen. Als sie kurz darauf ihren Mann in Begleitung dieses Schlägertyps erkannte, wie er Ihnen folgte, hat sie versucht, mich anzurufen. Sie erreichte nur meinen Kollegen Klaus-Peter-Mathias.«
Sinnend setzte sie hinzu. »Ich hätte nie gedacht, dass diese Frau doch so viel Mumm in den kranken Knochen hat. Sie ist bereit auszusagen und ihren Mann ans Messer zu liefern.«
»Aber der Kampfhund«, wandte Lena ein.
Die Kommissarin warf ihren Zopf zurück und meinte augenzwinkernd. »Tja, mir hat mal eine Hundefachfrau erklärt, Beißärmel und so, wie man solche Bestien davon abhalten kann, einen zu zerfleischen.«
»Ich glaube, ich mag Sie«, murmelte Lena, dann fiel sie wieder in Ohnmacht.
Epilog
Er stand allein im Schilf. Die Scheinwerfer, die über den See huschten, würden ihn nicht entdecken. Sie suchten ihn noch immer. Richard hatten sie verhaftet. Ihm hatten sie keinen Ausweg gelassen. Nun war es also zu Ende. Er sah sich um und Wehmut überkam ihn. Es war so schön und friedlich hier. Der Mond schien silbern, tauchte den See und das Schilf in ein märchenhaftes Licht. Fast ärgerte er sich, dass die grellen Scheinwerfer diese Idylle störten.
Zurück ans Ufer waten? Nein, das konnte er nicht.
Ins Gefängnis gehen? Nein, auch das konnte er nicht.
Er, der bekannte Richter Jan von Lindenberg-Faustus.
Sie würden es nicht verstehen, dass er seinen Vater sterben lassen musste. Er konnte sich nur spüren, wenn er sah, wie das Leben aus den zerfleischten Hundekörpern entwich. Wenn er seine Huren bestrafen und entscheiden durfte, wer lebte und wer sterben sollte. Nein, das konnte keiner verstehen.
Durch das fahle Licht des Schilfes sah er plötzlich seinen Vater am Ufer stehen, den Gürtel in der Hand. Der Gürtel, der ihn blutig schlug, ehe er dann tagelang in der Abstellkammer unter der Treppe eingesperrt wurde.
Dann tauchte ein kleiner Mops auf.
»Bessy«, schluchzte er. Mit Tränen in den Augen versank er im weißen Dunst, der ihn umgab.
Autorinnen
Ursula Schmid
Lehrerin im Gesundheitsbereich, zahlreiche Veröffentlichungen in Fernseh- und Literaturzeitschriften, (Mit)herausgeberin von 10 Krimianthologien, Regional-Krimi „Die Nürnbergerin“, „Nürnberger Originale“, Mitglied bei den Mörderischen Schwestern und im Syndikat, Mitarbeiterin in The Tempest (online-newsletter), Organisatorin des Nürnberger Autorentreffens.
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Christine Schneider
Lehrerin, lebt mit vielen Tieren in einem Hexenhäuschen in der Schweiz. Sie schreibt für Zeitschriften, Zeitungen, Anthologien. “Indianer essen
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