Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
arrangieren.«
Zane hob den Kopf. Williams hörte auf zu zittern, und Rue war plötzlich zwiegespalten. Sollte sie Zane beschützen? Oder Christoff? Zane stand näher bei ihr. Wenn sie sich verwandelte, konnte sie ihn zuerst erreichen, aber Kit würde sich auf sie stürzen …
»Nun, mein Freund, was wollen Sie?« Er war an dem hellen Stamm eines Myrtenbaums stehen geblieben, die Schulter dagegengelehnt, eine Erscheinung in glänzendem Satin und Schuhen mit goldenen Schnallen. Auf seinem Gesicht lag sein sanftes Lächeln. »Sie scheinen ein Mann mit ungewöhnlich ausgeprägtem Willen zu sein. Ich bin gerne bereit, Ihre Entscheidung zu respektieren.«
Der Läufer richtete seine Pistole direkt auf Rue. Sie starrte ihn an, ohne zurückzuweichen, als sein Daumen den Hahn spannte.
»Falsche Entscheidung«, sagte Christoff und richtete sich am Baumstamm auf.
Williams starrte sie unverwandt an, sein Blick verbittert. Er kniff die Augen zusammen, schaute dann in den Himmel, vollzog die Wandlung, wurde zu einem Schleier von blassem
Rauch und flog durch die Blätter hindurch empor. Zane ließ sich auf die Knie fallen, griff sich die Pistole und drehte sich wild im Kreis, um in die Luft zu zielen.
Kit herrschte Rue an: »Bleib hier , verdammt noch mal!« und folgte dem Läufer als Rauch hoch in den Nachthimmel.
»Es tut mir leid.« Zane stand in einem Haufen von Borkenstücken, die Pistole in der Hand. Er keuchte, seine Worte überschlugen sich, und seine Stimme war tränenerstickt. »Es tut mir leid, es tut mir so leid. Ich bin gekommen, um zu helfen, und er hat mich gefunden, bevor ich auch nur ahnte, dass er eine Pistole hat …«
Sie ging zu ihm, legte ihm eine Hand über den Mund und blickte angestrengt in den Himmel. Feuerwerk, noch mehr Beifall. Die federleichten letzten Takte eines höfischen Tanzes, gespielt vom Quartett.
Sie hielt Zane immer noch den Mund zu und zerrte ihn durch die Bäume, achtete aber darauf, dass sie hinter den Stämmen blieben. Gemeinsam blickten sie auf das Meer von verzauberten Gesichtern; Männer und Frauen lachten und unterhielten sich und tranken, während sich das Spektakel einem strahlenden Finale näherte.
Dort - die Wolke dort, das war Kit, sie erkannte ihn - und das da war der Läufer, nicht so glatt, nicht so elegant. Sie schlüpften durch erstickende Schwaden von Qualm und wanden sich umeinander, ohne sich wirklich zu berühren.
Und dann vollzog der Läufer die Wandlung zum Drachen. Das Publikum riss staunend Mund und Augen auf.
Er war türkis und flaschengrün und von außergewöhnlicher Schönheit, weil alle Drákon in dieser Gestalt schön waren. Er schwang sich hoch in die Lüfte und trieb mühelos durch den Rauch, der Christoff war. Eine weitere Feuersonne war inzwischen entzündet worden; sie schoss geradewegs
empor und explodierte wie eine chinesische Bombe, erfüllte Himmel und Erde mit kaltem, weißem Licht und ließ einen zweiten Drachen mit scharlachroten Flügeln und hellen Smaragdaugen sichtbar werden, der den ersten überholt hatte.
Den Leuten unten blieb zum zweiten Mal die Luft weg, und dann begannen sie, zögerlich zu applaudieren.
Rue zerrte Zane zurück zu sich ins Dickicht. »Verschwinde von hier. Schnell. Renn nach Hause.«
»Ich kann Sie doch nicht alleinlassen!«
»Glaubst du wirklich, ich komme nicht allein klar? Siehst du diese Kreaturen da? Ich bin eine von ihnen. Also lauf nach Hause. Tu diesmal das, was ich sage! Sprich mit niemandem. Lauf einfach.«
Die Pistole fiel ins Gras. »Aber …«
» Auf der Stelle«, fauchte sie und warf den Mantel von ihren Schultern.
Zane wich erschrocken zurück, drehte sich um und rannte davon. Innerhalb von Sekunden war er zwischen den unregelmäßig stehenden Bäumen verschwunden.
Die Musiker spielten nun einen Militärmarsch, das Abschiedsstück für diese Nacht. Rue presste sich gegen einen berauschend süß riechenden Eukalyptusbaum und suchte den Himmel ab - genauso wie alle anderen, weil die beiden Drachen noch immer umeinander kreisten, in sehr großer Höhe und trügerisch langsam; ihre Fänge und Klauen und Flügel zerteilten den Qualm in schmale Bänder. Die Arbeiter auf dem Podest hatten schon die letzten zehn Raketen aufgereiht. Mit ihren verhüllten Ohren und ihren konzentriert auf den Boden gerichteten Blicken konnten sie gar nicht bemerken, dass über ihren Köpfen ein Kampf stattfand. Sie beeilten sich jetzt, da sie sich auf das Ende der Vorstellung freuten. Alle zehn Zündschnüre dieser
Weitere Kostenlose Bücher