Der träumende Diamant 2 - Erdmagie
ganze Sekunde lang nichts spürte. Und dann …
Sie taumelte weiter, eine Hand immer an der Wand. Neun Mal rang sie mühsam nach Atem, ihre Beine waren bis zu den Knien bereits taub, und dann hatte sie das Wasser durchquert und kletterte auf einen Stoß abgebröckelter Steine, wo sie die Arme um ihren Körper schlang und den Kopf sinken ließ.
Ich bin hier, hier, hier, Hier, HIER, HIER …
Der Diamant war nicht mehr weit; das Lied kreischte in ihr, und es klang wie Todesqualen. Ohne Zweifel war der
Stein ganz in ihrer Nähe, nicht einmal in einem anderen Schacht. Blind machte Lia einen weiteren Schritt und dann noch einen. Bei ihrem fünften Schritt spritzte das Wasser eines Sees auf.
Aber vielleicht war es gar kein See. Es fühlte sich an wie einer. Es gab keinen Grund, keine Ufer. Und sie konnte nicht schwimmen.
HIER, HIER, HIER …
Draumr ruhte in seinem Bett, da war sie sich sicher. Lia schlug um sich und strampelte, um ihren Kopf einige wertvolle Sekunden lang über Wasser zu halten, lange genug, um tief Luft zu holen, und dann versank sie wieder. Sie verlor das Gefühl in Beinen und Fingern. Sie verlor jedes Gespür für Richtung. Sie hielt den Atem an und ließ zu, dass die Schwerkraft sie hinabzog; sie versuchte, ihre Panik zu kontrollieren. Schließlich verspürte sie Druck auf ihren Knöcheln und festes Gestein. Sie hatte den Grund des Sees erreicht.
Lia bückte sich. Sie streckte die Arme aus. Mit brennenden Lungen kroch sie wie eine Krabbe dahin, suchte, folgte dem Lied … sie war so nah …
Aber es dauerte zu lange. Ihr ging die Luft aus.
Sie war so dumm gewesen … und nun war es zu spät. Sie versuchte, sich vom Grund abzustoßen, aber es reichte nicht aus, um bis zur Oberfläche zu gelangen. Das Eiswasser presste sie zusammen, und sie schwebte, und egal, wie sehr sie kämpfte, es gab kein Oben und kein Unten mehr. Es gab nur noch schwarze Flüssigkeit, und Draumr wurde in ihrem Kopf leiser, während ihr Herz immer lauter pochte.
… hier …
Mit dem letzte Pulsieren des Diamanten gab Amalia auf.
Die Luft verließ ihren Körper in einem langsamen Strom, und Bläschen stiegen auf.
Jemand packte sie im Nacken. Sie wurde emporgerissen, und etwas zog und zerrte an ihr. Dann konnte sie wieder atmen, und das Etwas entpuppte sich als ein Arm, der sie umklammerte, und als ein kräftiger Mann in ihrem Rücken.
Sie gab kein Geräusch von sich, sondern spuckte nur Wasser, als Zane sie zu einem Felsvorsprung zog.
»Kletter da rauf. Kletter da rauf! Um Himmels willen, Lia, wach auf …«
Er mühte sich als Erster aus dem Wasser und zog sie hinter sich her. Sie rollte sich auf dem Stein zusammen, erbrach sich, hustete und zitterte vor Kälte. Zane stand über sie gebeugt da, und seine nassen Haare tropften ihr ins Gesicht.
»Lia!«
Sie merkte, dass sie ihn sehen konnte. Da steckte eine Laterne an der Seite in einem Geröllhügel - demselben Hügel, über den sie zuvor gestapft war, denn ihre Fußabdrücke waren noch zu sehen. Das Licht flackerte und drohte zu erlöschen. Aber sie konnte ihn sehen, ebenso wie die riesige, unheilvolle Höhle, die Felsen und glitzerndes Erz. Die gekräuselte Oberfläche des Sees - Gott, es war tatsächlich ein See -, war noch immer schwarz. Am Ufer lagen Zanes Mantel und sein Hut.
Seine Handflächen rieben über ihre Wangen. Seine Wimpern waren nass, er blickte ärgerlich und sagte Wörter, die sie schon nicht mehr hören konnte.
Lia vollzog die Wandlung. Sie stieg in einem Bogen empor und ergoss sich in den See, mühte sich durch das dichtere Wasser und zwang sich, tiefer zu sinken.
Rauch war nicht dazu gedacht, schwerere Elemente zu teilen; es bedurfte einer gewissen Geschwindigkeit und Konzentration und großer Entschlossenheit. Verzweiflung war nötig und Draumr , der für sie sang. Aber nun wusste sie, wohin sie wollte. Sie würde so nahe herankommen, wie es ging, sich zurück in eine Frau verwandeln, den Diamanten greifen und ihn zurück nach oben bringen, ihn so hoch emporwerfen, dass Zane ihn nicht würde erreichen können, erneut die Wandlung vollziehen und …
Nur wenige Meter unter der Wasseroberfläche drängte sie das Wasser zurück in ihre menschliche Gestalt. Sie trat nach unten und ließ sich wieder in die eisigen Tiefen sinken.
Den Aufschlag von Zanes Körper auf der Wasseroberfläche fühlte sie mehr, als dass sie ihn hörte. Sie konnte ihn über und hinter sich spüren, und er bewegte sich viel rascher als sie.
Natürlich konnte Zane
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