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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ERSTES KAPITEL
     
    Du wirst dich erinnern, Leser, daß Gaston von Orléans, der jüngere Bruder des Königs von Frankreich, nach der Niederlage, die Ludwig dem Herzog von Lothringen beigebracht hatte, am achten Oktober 1634 in die spanischen Niederlande entwich. Fühlte er sich anfangs dort freundlich aufgenommen, mußte er, als zwischen Frankreich und Spanien der Krieg auszubrechen drohte, an gewissen Anzeichen feststellen, daß die Spanier ihn nicht mehr als Gast, sondern als ihre Geisel betrachteten. Und ebenso heimlich, wie er vormals Frankreich verlassen hatte, verließ er nun Brüssel.
    Es war ein nächtlicher Gewaltritt von Brüssel nach La Capelle, der nächsten französischen Feste jenseits der Grenze, wo Gaston nicht einmal ohne weiteres Einlaß fand. Was mich anging, so wurde ich dort bekanntlich von einer fiebrigen Erkältung niedergeworfen. In seiner Eile, zu Ludwig zu kommen, konnte Gaston meine Genesung nicht abwarten und erschien gütigst in meinem Zimmer, um mir Lebewohl zu sagen. Abermals dankte er mir herzlich, daß ich ihm, unter manchen Gefahren, den königlichen Paß überbracht hatte, der ihm die Rückkehr nach Frankreich gestattete.
    Zu meiner Überraschung wirkte er trotzdem bedrückt und unruhig, und so wagte ich ihn zu fragen, ob er denn nicht glücklich sei, ins liebliche Frankreich heimzukehren.
    »Oh, doch!« sagte er. »Es war mein Traum! Nur bangt mir davor, wie mein königlicher Bruder mich aufnehmen wird.«
    »Bitte, Monseigneur«, sagte ich, »vergeßt diese Furcht. Ludwig wird Euch mit offenen Armen empfangen, so sehr wird es ihn freuen, Euch wiederzusehen, und auch, daß Eure Rückkehr die königliche Familie angesichts des drohenden Krieges wieder vereint.«
    Als Gaston aber trotz meinen Versicherungen seine Erregung nicht ablegte, forschte ich behutsam nach dem Grund. Und zu meiner großen Verblüffung schluchzte er plötzlich auf, und dickeTränen rannen ihm über die Wangen. Ich wandte mich ab, damit er sich erst einmal fassen könne, und als er seine Augen getrocknet hatte, erlaubte ich mir die Frage, ob es bei seiner Rückkehr einen mir unbekannten Umstand gebe, den er dem König nicht zu gestehen wage.
    »So ist es, leider!« sagte er leise und betrübt. »Und sogar Euch mag ich die Sache kaum bekennen. Mein Gott, wie unbesonnen ich war! Kaum hatte ich die Schwester des Herzogs von Lothringen erblickt, als ich mich so heftig in sie verliebte, daß ich sie heiratete, ohne meinen königlichen Bruder irgend nach seinem Einverständnis zu fragen.«
    »Ihr habt geheiratet, ohne den König, Euren älteren Bruder, zu konsultieren!« rief ich erschrocken. »Ohne ihn um seine Einwilligung zu bitten! Aber das ist ja – wenn Ihr erlaubt, es beim Namen zu nennen – nahezu ein Majestätsverbrechen!«
    »Er hätte mir seine Einwilligung doch nie und nimmer gegeben«, sagte Gaston bitter. »Der Herzog von Lothringen war seit langem Frankreichs hartnäckigster Feind!«
    Trotzdem, dachte ich, war es eine bodenlose Ungehörigkeit gegen Ludwig, und wie sollte Ludwig seinem jüngeren Bruder einen solchen Verstoß jemals verzeihen?
    »Monseigneur«, sagte ich schließlich, »darf ich Euch eine delikate Frage stellen?«
    »Fragt nur, fragt«, sagte Gaston, der sich in seiner Ratlosigkeit an mich klammerte. »Ich sehe doch, daß Ihr mein Freund seid.«
    »Ihr spracht hinsichtlich der Prinzessin von Lothringen von Verliebtheit. Ist das nicht ein etwas kurzlebiges Gefühl?«
    »Nein, nein!« sagte Gaston mit Nachdruck. »Ich liebe sie mit großer Liebe. Aus ganzem Herzen. Ich bin ihr sozusagen ergeben mit Haut und Haar. Und das Wort ›lieben‹ dünkt mich noch zu schwach für das, was ich für sie empfinde. Es zerriß mir schier das Herz, sie in Brüssel zurückzulassen. Aber natürlich hätte sie unseren harten Ritt nach La Capelle nicht durchhalten können.«
    »Das heißt, Ihr wäret nicht bereit, Euch von Eurer Gemahlin zu trennen, wenn der König es verlangen würde.«
    »Niemals!« rief flammenden Auges Gaston, »es wäre das niederträchtigste Unrecht an meiner Liebsten, und nie wäre ich dazu bereit.«
    »Dann macht Euch darauf gefaßt, daß der König und Richelieu Himmel und Erde in Bewegung setzen werden, um Eure Scheidung ohne Euer Einverständnis herbeizuführen.«
    »Ist das denn menschenmöglich?«
    »Leider ja, Monseigneur. Den Mächtigen ist alles möglich. Nach kanonischem Gesetz braucht der König nur zwei Bischofskonferenzen nacheinander einzuberufen, die, eine wie die

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