Der Traum des Satyrs
damit einhergehen, werden nicht vor dem Morgengrauen einsetzen und auch nur kurz andauern. Verschwende die Zeit bis dahin nicht damit, dich zu sorgen. Es wird alles so sein, wie ich es dir schon früher erzählt habe. Jetzt muss ich aber gehen.« Nach einer letzten Umarmung wandte sie sich um. »Ich komme morgen vorbei, um dein Neugeborenes in unserer Familie willkommen zu heißen.«
Als ihre Schwester sich zu Nicholas gesellte, schloss er sie beschützend in seine Arme und neigte seinen Kopf zu ihrem. Emma sah ihnen nach, als sie sich entfernten, und seufzte wehmütig.
Denn auch wenn Carlo heute Nacht ganz sicher mit ihr schlafen würde, so war es doch keine Nacht wahrer Liebe, wie ihre Schwester sie genießen würde. Und wenngleich der Liebesakt notwendig – sogar zwingend – war, würde er ihr nicht die Wonne bringen, wie ihre Schwester es sich vorstellte. Nicht diese Verzückung in tiefster Seele, die Jane, wie sie wusste, in den kommenden Stunden mit ihrem Mann finden würde.
Emma kehrte ins Haus zurück und betrat den grünen
salotto,
in den Carlo sich mit seinem Gast zurückgezogen hatte. Das war sein Bereich, wenn er sich zu Hause aufhielt, und sie wagte sich nur selten dort hinein.
Sie klopfte leise und schlüpfte dann in den Raum, wo sie die beiden Männer in ein Gespräch vertieft vorfand. Als sie bemerkte, dass Carlo schon wieder ein Glas mit Alkohol in der Hand hielt, sah sie es ungehalten an und öffnete den Mund, um ihn zu tadeln.
Er kam ihr allerdings zuvor, indem er trotzig den Becher in einem langen Zug leerte. Dann richtete er sich auf, griff in seine Hosentasche und holte einen kleinen Gegenstand heraus.
Er warf ihn in die Luft, fing ihn wieder auf und öffnete dann seine Hand, in der eine große goldene Münze zum Vorschein kam.
Emma starrte darauf und erbleichte, als sie erkannte, was er da in der Hand hielt.
»Sag mir, Dominic«, sinnierte Carlo lallend und betrachtete dabei nicht seinen Gefährten, sondern Emma. »Was hältst du von einer Frau, die versucht, den Samen ihres Mannes daran zu hindern, sich in ihr einzupflanzen?«
Sie fühlte, wie Dominics scharfer Blick sich auf sie richtete, während er über Carlos Worte nachdachte, aber sie sah ihn nicht an.
»Carlo, vielleicht solltest du nicht …«, begann sie und wollte seinen Becher an sich nehmen.
Als ihre Hand nur wenige Zentimeter von dem Becher entfernt war, packte er ihr Handgelenk und hielt es so fest, dass es schmerzte. Mit der anderen Hand schnippte er die Münze wieder in die Höhe und fing sie erneut auf. Während er Emma immer noch in festem Griff hielt, fing er an, mit der Münze herumzuspielen und sie mit der Geschicklichkeit eines Taschenspielers um seine Finger zu winden.
»Würdest du sie eine Mörderin nennen?«, fuhr er an seinen Freund gerichtet fort. »Diese Frau, die den Samen ihres Mannes dazu verurteilt, auf seinem Weg durch ihren Leib zu verkümmern und zu sterben? Diese Frau, die genau weiß, dass ihr Mann sich sehnlichst Nachkommen wünscht? Und die ihn doch mit voller Absicht hintergeht. Denn in den wenigen Nächten, in denen er in ihr Bett kommen konnte und sein Bestes gab, um sie zu schwängern, machte sie mit voller Absicht seine Bemühungen zunichte …«
Dominic hob seinen Kelch. Obwohl dieser offensichtlich noch halb voll war, sagte er: »
Permesso,
Carlo, mein Glas muss gefüllt werden.«
»Oh, natürlich. Kümmere dich darum, Emma!« Augenblicklich gab Carlo ihr Handgelenk frei, und Emma nahm Dominics Kelch mit einem furchtsamen, doch dankbaren Lächeln. Dominics Gesichtsausdruck konnte sie allerdings nicht erkennen, denn Tränen des Schmerzes und der Erniedrigung ließen ihren Blick verschwimmen.
Sie ging mit dem Glas zu dem Rollwagen mit Wein und nahm eine Karaffe, um es aufzufüllen. Hinter ihr schnippte die Münze in die Höhe, blinkte im Kerzenlicht auf und landete klimpernd wieder in Carlos Hand.
»Letzte Vollmondnacht kam ich spät in ihr Bett und schaffte es, sie zu überraschen«, fuhr er fort, nicht willens, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen. »Sie war mit einem üblen Zeitvertreib beschäftigt. Sie versuchte, sich
das hier
in ihre Möse zu stecken.«
Die Karaffe in Emmas Hand fiel krachend auf den Wagen. Obwohl sie auf der Stelle wie erstarrt dastand, sah sie aus den Augenwinkeln, wie Carlo die Münze nun zwischen Daumen und Zeigefinger hielt und sie Dominic hinstreckte, als würde er sie als Beweismittel in einem Gerichtsprozess vorlegen.
»Wie es scheint,
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