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Tricks

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Titel: Tricks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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Ausreißer
    Carla hörte das Auto kommen, bevor es die Kuppe der kleinen Anhöhe erreichte, die hier in der Gegend als Berg galt. Das ist sie, dachte sie. Mrs. Jamieson – Sylvia – zurück von ihrem Urlaub in Griechenland. Hinter der Stalltür hervor – weit genug drinnen, sodass sie nicht ohne weiteres zu sehen war – beobachtete sie die Straße, auf der Mrs. Jamieson vorbeifahren musste, denn ihr Grundstück lag an derselben Straße wie das von Clark und Carla, eine halbe Meile weiter.
    Wenn es jemand war, der in ihre Einfahrt einbiegen wollte, dann müsste er jetzt die Fahrt verlangsamen. Trotzdem hoffte Carla immer noch.
Gib, dass sie es nicht ist
.
    Aber sie war es. Mrs. Jamieson wandte einmal den Kopf um, nur kurz, denn sie hatte genug damit zu tun, das Auto zwischen den Schlaglöchern und Pfützen, die der Regen im Schotter hinterlassen hatte, hindurchzusteuern, aber sie nahm nicht die Hand vom Lenkrad, um zu winken, sie entdeckte Carla nicht. Carla erhaschte einen flüchtigen Blick auf einen braungebrannten, bis zur Schulter entblößten Arm, sonnengebleichte Haare, jetzt eher weiß als silberblond, und ein Gesicht, auf dem sich Entschlossenheit, Ärger und Belustigung über die eigene Verärgerung spiegelten – genau die Miene, mit der Mrs. Jamieson eine solche Straße in Angriff nehmen würde. Als sie den Kopf umwandte, blitzte kurz etwas auf – nachfragend, hoffnungsvoll –, vor dem Carla zurückschreckte.
    So.
    Vielleicht wusste Clark es noch nicht. Wenn er am Computer saß, kehrte er dem Fenster und der Straße den Rücken zu.
    Aber vielleicht machte Mrs. Jamieson sich noch einmal auf den Weg. Vielleicht hatte sie auf der Fahrt vom Flughafen nicht angehalten, um Lebensmittel einzukaufen, und merkte erst zu Hause, was sie brauchte. Dann konnte es sein, dass Clark sie sah. Und nach Einbruch der Dunkelheit würde in ihrem Haus Licht zu sehen sein. Aber jetzt im Juli wurde es erst spät dunkel. Vielleicht war sie so müde, dass sie gar nicht erst Licht anmachte und sich früh schlafen legte.
    Andererseits konnte sie anrufen. Jeden Augenblick.
    *
    Dieser Sommer brachte nichts als Regen und noch mehr Regen. Morgens beim Aufwachen ließ sich als Erstes der Regen vernehmen, laut auf dem Dach des mobilen Eigenheims. Die Reitwege waren tief verschlammt, das Gras triefnass, und das Laub der Bäume schickte auch in jenen Momenten Schauer herunter, in denen es einmal nicht in Strömen goss und die Wolken sich zu verziehen schienen. Wenn Carla hinausging, setzte sie jedes Mal einen hohen alten australischen Filzhut mit breiter Krempe auf und stopfte ihren langen, schweren Zopf ins Hemd.
    Niemand meldete sich für geführte Ausritte, obwohl Clark und Carla überall herumgefahren waren und Reklamezettel angebracht hatten, auf sämtlichen Campingplätzen, in den Cafés, auf der Anschlagtafel im Fremdenverkehrsbüro und an allen sonstigen Orten, die ihnen eingefallen waren. Nur wenige kamen für Reitstunden, und das waren Stammkunden, nicht die Horden von Schulkindern in den großen Ferien, die Busladungen aus den Ferienlagern, die sie im vorigen Sommer über die Runden gebracht hatten. Und sogar die Stammkunden, mit denen sie fest rechneten, fielen aus, weil sie in Urlaub gefahren waren, oder sie sagten einfach ihre Stunden ab, weil das Wetter so abschreckend war. Wenn sie zu spät anriefen, berechnete Clark ihnen die Stunde trotzdem. Zwei von ihnen hatten sich beschwert und ganz aufgehört.
    Es kam immer noch ein wenig Geld durch die drei Pferde herein, die bei ihnen in Pension waren. Diese drei und ihre vier eigenen befanden sich jetzt draußen auf der Weide und grasten unter den Bäumen. Sie schienen überhaupt keine Notiz davon zu nehmen, dass der Regen gerade eine Pause einlegte, wie er es oft am Nachmittag für eine Weile tat. Gerade lange genug, um Hoffnungen zu wecken – die Wolken wurden weißer und dünner und ließen eine diffuse Helligkeit durch, die sich nie in richtigen Sonnenschein verwandelte und meistens schon vor dem Abendbrot wieder verschwunden war.
    Carla war mit dem Ausmisten des Pferdestalls fertig. Sie hatte es in aller Ruhe getan – sie mochte den Rhythmus ihrer täglichen Pflichten, den lichten Raum bis zum hohen Dach des Stalls, die Gerüche. Jetzt ging sie hinüber zur Reitbahn, um nachzuschauen, wie trocken der Boden war, für den Fall, dass der Fünf-Uhr-Schüler tatsächlich erschien.
    Die meisten der ständigen Regenschauer waren weder besonders heftig gewesen noch von

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