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Nordfeuer - Kriminalroman

Nordfeuer - Kriminalroman

Titel: Nordfeuer - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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1.
     
    Er schreckte auf, noch ehe überhaupt etwas zu hören war. Seine Sensoren
waren momentan derart auf Empfang gestellt, da brauchte es keine Sirenen, die ihm
verkündeten, dass erneut ein Haus in Flammen stand. Wie zur Bestätigung ertönte
das ohrenbetäubende Signal, das die Menschen in Angst und Schrecken versetzte.
    Eilig schwang Haie sich aus dem
Bett und tastete sich im Dunkeln zum Schlafzimmerfenster. Ein Blick hinaus schmälerte
die Sorge, sein Haus oder das seines Nachbarn könne brennen. Ein Reetdach war leicht
entzündlich. Gerade jetzt, wo es wochenlang nicht geregnet hatte.
    Er schlüpfte in seinen gestreiften
Morgenmantel und ging hinüber ins Wohnzimmer. Ein prüfender Blick durch das Fenster,
aber auch auf dieser Seite des Hauses schien alles in Ordnung zu sein.
    Als Kind hatte er miterlebt, wie
die Scheune auf dem Nachbargrundstück abgebrannt war.
    Innerhalb nur
weniger Minuten hatten die lodernden Flammen das reetgedeckte Dach vollends in Besitz
genommen und mit brutaler Gewalt das gesamte Bauwerk zerstört. Die Feuerwehr hatte
den Brand zunächst nur eindämmen und erst löschen können, als kaum noch brennbare
Substanz vorhanden gewesen war. Haie war damals etwa vier Jahre alt gewesen. Das
Feuer hatte ihm eine Heidenangst eingejagt. Diese züngelnden Flammen, das ächzende
Gebälk der Scheune. Wie Stimmen aus dem Jenseits hatten die Geräusche des Feuers
geklungen. Unheimlich. Gruselig. Nächtelang hatte er nicht mehr richtig schlafen
können, immer wieder die Hitze des Feuers auf seiner Haut gespürt und das laute
Stöhnen der Flammen gehört. Vielleicht kam daher auch sein beinahe übersinnliches
Gespür für die Brände im Dorf. Die letzten Male war er, wie heute, schon vor dem
Sirenengeheul wach geworden.
    Seit etlichen Wochen trieb ein Brandstifter
in Nordfriesland sein Unwesen. Allein in Risum-Lindholm waren fünf Häuser dem Feuerteufel
zum Opfer gefallen. Weitere Brände hatte es in Langenhorn, Klanxbüll, Leck und in
Bredstedt gegeben. Insgesamt vierzehn Mal hatte der Brandstifter bereits zugeschlagen
und heute Nacht anscheinend erneut.
    Haie griff zum Telefonhörer und
wählte Toms Nummer. Es dauerte eine Weile, bis der Freund sich meldete.
    »Alles in Ordnung bei euch?«
    »Mhm, wieso?«
    »Na, es brennt schon wieder im Dorf.
Hörst du nicht die Sirenen?«
    Eigentlich eine überflüssige Frage.
Tom wohnte direkt neben einem Haus, auf dessen Dach sich ein Signalhorn befand.
Selbst durch den Telefonhörer konnte Haie den ohrenbetäubenden Krach vernehmen. 
    »Ja, aber bei uns ist alles in Ordnung.
Marlene hat schon einen Kontrollgang gemacht.«
    Haie war erleichtert, die Freunde
ebenfalls in Sicherheit zu wissen. Man wusste schließlich nicht, wen es als nächsten
traf. Ein bestimmtes Muster schien der Brandstifter nicht zu verfolgen, sodass jeder
zum Opfer werden konnte. Auch Haie oder seine Freunde.
    »Und in der Nachbarschaft?«
    »Nee, auch alles ruhig. Wer weiß,
wo dieser Verbrecher wieder …« Tom stockte mitten im Satz.
    »Was ist?«
    »Das glaub ich jetzt nicht«, murmelte
Tom in den Hörer.
    »Was?« Haie trampelte von einem
Fuß auf den anderen.
    Sein Herz pochte plötzlich schneller.
»Was ist?«, hakte er nach.
    Er hörte ein Rascheln, dann die
belegte Stimme seines Freundes.
    »Die Schule brennt.«
     
    Dirk Thamsen war noch gar nicht im Bett gewesen, als der nächtliche
Anruf kam. Er hatte lange ferngesehen und war gerade auf dem Sofa eingenickt, als
ihn das schrille Piepsen des Telefons weckte.
    »Ja, Thamsen?«
    Er lauschte kurz der Stimme am anderen
Ende, ehe er sagte: »Gut, ich mache mich sofort auf den Weg.«
    Leise schlich er in Timos Zimmer
und versuchte, ihn aufzuwecken. »Ich muss weg«, flüsterte er und hoffte, sein Sohn
bekam die Aktion überhaupt mit. So schlaftrunken, wie der Junge nickte, als er ihm
sagte, er solle auf dem Handy anrufen, falls etwas sei, hatte er allerdings wenig
Hoffnung.
    Vorsichtshalber schrieb er deshalb
zusätzlich einen Zettel, den er auf den Küchentisch legte. Er hatte immer ein ungutes
Gefühl, wenn er die Kinder allein ließ. Aber mitten in der Nacht konnte er auf die
Schnelle, wenn er zum Einsatz musste, eben auch niemanden herbitten. Und letztendlich
war das ja auch nicht wirklich notwendig. Timo war mittlerweile sehr selbstständig,
trotzdem blieb zumindest immer der Hauch einer Sorge, wenn Dirk Thamsen das Haus
verließ.
    Und das war in den letzten Wochen
leider öfter der Fall gewesen.
    Insgesamt vierzehn Mal war er

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