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Der Traum des Wolfs

Der Traum des Wolfs

Titel: Der Traum des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
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des Heilens ließ sie die Augen aufreißen. Rosil kniete neben ihr. Die Frau sah besorgt aus.
    Die Schmerzen in Nynaeves Körper verschwanden, dafür kehrte die Erschöpfung zehnfach zurück. Und der Schmerz in ihrem Inneren… blieb. Beim Licht! Sie konnte die Schreie der Kinder noch immer hören.
    »Nun, anscheinend wird sie es überleben«, sagte Saerin in der Nähe. »Würde mir dann bitte jemand im Namen der Schöpfung erklären, was das war?« Sie klang außer sich vor Wut. »Ich habe an vielen Erhebungen teilgenommen, selbst bei welchen, die die Frauen nicht überlebten. Aber ich habe niemals erlebt, dass man eine Frau das durchmachen lässt, was sie hier gerade erlitten hat.«
    »Sie musste vernünftig geprüft werden«, sagte Rubinde.
    »Vernünftig?«, rief Saerin zornig.
    Nynaeve fehlte die Kraft, sie anzusehen. Sie lag einfach nur da und atmete ein und aus.
    »Vernünftig?«, wiederholte Saerin. »Das war nicht vernünftig. Das war pure Rachsucht, Rubinde! Beinahe jede der Prüfungen ging weit über das hinaus, was man anderen Frauen abverlangte. Ihr solltet Euch schämen. Das gilt für Euch alle. Beim Licht, seht doch, was Ihr diesem Mädchen angetan habt!«
    »Das ist unwichtig«, sagte Barasine die Rote kalt. »Sie hat die Prüfung nicht bestanden.«
    »Was?«, krächzte Nynaeve und schaute endlich auf. Das Ter’angreal war erloschen, und Rosil hatte eine Decke und Nynaeves Kleidung besorgt. Egwene stand an der Seite, die Hände vor dem Körper verschränkt. Mit reglosem Gesicht hörte sie den anderen zu. Sie würde keine Stimme haben, aber die anderen schon, wenn es darum ging, ob Nynaeve die Prüfung bestanden hatte oder nicht.
    »Ihr habt versagt, Kind«, sagte Barasine und betrachtete Nynaeve mit einem gefühllosen Blick. »Ihr habt nicht den nötigen Anstand gezeigt.«
    Lelaine von den Blauen nickte, auch wenn es sie zu ärgern schien, der Roten zustimmen zu müssen. »Dies sollte Eure Fähigkeit prüfen, so beherrscht wie eine Aes Sedai zu sein. Das habt Ihr nicht gezeigt.«
    Die anderen erschienen unbehaglich. Es verstieß gegen den guten Ton, über die Einzelheiten einer Prüfung zu sprechen, das wusste Nynaeve. Sie wusste auch, dass ein Versagen meistens mit dem Tod gleichzusetzen war. Obwohl die Behauptung, dass sie versagt hatte, keine völlig unerwartete Überraschung darstellte, jetzt, wo sie so darüber nachdachte.
    Sie hatte die Regeln gebrochen. Sie war losgerannt, um Perrin und die anderen zu retten. Sie hatte die Macht gelenkt, bevor es erlaubt gewesen war. Es fiel ihr schwer, Bedauern zu verspüren. Jedes andere Gefühl wurde im Augenblick von dem hohlen Verlust verschlungen, den sie verspürte.
    »Barasine hat nicht unrecht«, sagte Seaine zögernd. »Am Ende habt Ihr Eurem Zorn freie Bahn gelassen, und zu vielen der Haltepunkte seid Ihr gelaufen. Und dann ist da die Sache mit den verbotenen Geweben. Sehr beunruhigend. Ich sage nicht, dass Ihr durchfallen solltet, aber das sind Regelwidrigkeiten.«
    Nynaeve versuchte aufzustehen. Rosil legte ihr die Hand auf die Schultern, um es ihr zu verbieten, aber sie ergriff den Arm und benutzte ihn als Stütze, zog sich auf die unsicheren Beine. Sie nahm die Decke und legte sie sich um die Schultern, hielt sie vorn geschlossen.
    Sie fühlte sich so leer. »Ich tat, was ich tun musste. Wer von Euch würde stehen bleiben, wenn er Menschen in Gefahr sieht? Wer von Euch würde sich verbieten, nach der Macht zu greifen, wenn er angreifendes Schattengezücht sieht? Ich habe so gehandelt, wie eine Aes Sedai handeln sollte.«
    »Diese Prüfung soll sicherstellen, dass eine Frau dazu in der Lage ist, sich einer größeren Aufgabe hinzugeben«, sagte Barasine. »Sie soll beweisen, dass sie die Ablenkungen des Augenblicks ignorieren kann und nach einem höheren Gut strebt.«
    Nynaeve schnaubte. »Ich habe die nötigen Gewebe vollendet. Ich habe in meiner Konzentration nicht nachgelassen. Ja, ich verlor die Beherrschung - aber ich bewahrte auch einen kühlen Kopf, um meine Aufgaben zu beenden. Man sollte nicht Beherrschung um der Beherrschung willen verlangen, und einem das Laufen zu verbieten, wenn Menschen gerettet werden müssen, ist albern.
    Mit dieser Prüfung wollte ich beweisen, dass ich es verdiene, eine Aes Sedai zu sein. Nun, ich könnte argumentieren, dass das Leben der Menschen, die ich sah, wichtiger als die Erringung dieses Titels war. Wenn ich meinen Titel verlieren müsste, um jemandem das Leben zu retten - und das keine anderen

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