Der Traum des Wolfs
einem der Schattenhunde entgegen. Die Kreatur brannte sofort, aber das Feuer schien ihr nichts anhaben zu können. Nynaeve setzte sich in Bewegung und schleuderte noch mehr Feuer. Sinnlos! Die Hunde griffen weiter an.
Sie weigerte sich, sich ihrer Erschöpfung zu ergeben. Sie verbannte sie und wurde ganz ruhig, ganz kontrolliert. Man wollte sie an die Grenze treiben, wollte sehen, wozu sie imstande war? Nun, dann sollte es eben so sein. Sie holte weit aus und zog eine gewaltige Menge der Einen Macht in sich hinein.
Dann webte sie Baalsfeuer.
Ein Strich aus purem Licht entschlüpfte ihren Fingern und verzerrte die Luft. Sie traf einen Schattenhund und schien ihn zu durchbohren, das Licht schoss weiter in den Boden. Die ganze Landschaft erbebte, und Nynaeve stolperte. Lan stürzte zu Boden. Die Schattenhunde warfen sich auf ihn.
NEIN! Nynaeve richtete sich wieder auf und webte erneut Baalsfeuer. Sie traf einen weiteren Hund, dann noch einen. Hinter Felsformationen sprangen weitere Ungeheuer hervor. Wo kamen sie alle her? Nynaeve ging weiter und schlug mit dem verbotenen Gewebe zu.
Jeder Schlag ließ den Boden erbeben, als litte er Schmerzen. Das Baalsfeuer hätte den Boden nicht auf diese Weise durchbohren dürfen. Etwas stimmte nicht.
Sie erreichte Lan. Er hatte sich das Bein gebrochen. »Nynaeve«, keuchte er. »Du musst gehen!«
Sie ignorierte seine Worte, kniete nieder und webte Baalsfeuer, während ein weiterer Hund um den Hügel kam. Ihre Zahl wuchs, und sie war so müde. Jedes Mal, wenn sie die Macht lenkte, fühlte sie sich, als wäre es das letzte Mal.
Aber das durfte nicht sein. Nicht, wo Lan in Gefahr schwebte. Sie webte ein kompliziertes Heilgewebe und legte jedes ihr noch verbliebene Quäntchen Kraft hinein, Heilte sein Bein. Er kam auf die Füße und griff nach seinem Schwert, drehte sich um und wehrte einen Schattenhund ab.
Sie kämpften zusammen, sie mit Baalsfeuer, er mit Stahl. Aber seine Schläge waren lethargisch, und sie benötigte bei jedem neuen Baalsfeuer ein paar Herzschläge mehr. Der Boden bäumte sich auf, Ruinen stürzten ein.
»Lan!«, sagte sie. »Halte dich bereit loszulaufen!«
»Was?«
Mit ihrer letzten Kraft webte sie Baalsfeuer und zielte damit direkt vor ihnen auf den Boden. Die Erde wogte gequält, als wäre sie ein lebendes Wesen. In der Nähe klaffte der Untergrund auf und verschluckte Schattenhunde. Nynaeve brach zusammen, die Eine Macht entglitt ihr. Sie war zu erschöpft, um sie lenken zu können.
Lan ergriff ihren Arm. »Wir müssen los!«
Mühsam kam sie auf die Füße, nahm seine Hand. Zusammen liefen sie den grollenden Hang hinauf. Hinter ihnen heulten die Schattenhunde, ein paar von ihnen setzten über den Abgrund hinweg.
Nynaeve rannte, so gut sie konnte, klammerte sich an Lans Hand fest. Sie erreichten den Hügelkamm. Der Boden bebte so schrecklich, dass sie kaum glauben konnte, dass die Hütte noch stand. Zusammen mit Lan stolperte sie die Anhöhe hinunter.
Er stolperte, schrie schmerzerfüllt auf. Seine Hand entglitt ihren Fingern.
Sie fuhr herum. Hinter ihnen strömte eine Flut Schattenhunde knurrend und mit blitzenden Zähnen über den Hügel; Sabber regnete aus ihren Rachen. Lan bedeutete ihr mit weit aufgerissenen Augen weiterzulaufen.
Nein! Sie packte ihn am Arm und schleifte ihn den Hang hinunter. Zusammen stolperten sie durch die Tür und …
… und keuchend fiel Nynaeve aus dem Ter’angreal. Allein und nackt brach sie zitternd auf dem kalten Boden zusammen. Die Erinnerungen schlugen wie eine Flut über ihr zusammen. Jeder schreckliche Augenblick der Prüfung. Jeder Verrat, jedes frustrierende Gewebe. Die Hilflosigkeit, die Schreie der Kinder, der Tod der geliebten Menschen. Zusammengekrümmt schluchzte sie auf dem Boden.
Ihr ganzer Körper brannte vor Schmerzen. Ihre Schultern, Beine, Arme und Rücken bluteten noch immer. Brandblasen zogen sich quer über ihren Körper, und der größte Teil ihres Zopfes war weg. Das gelöste Haar fiel ihr ins Gesicht, als sie versuchte, die Erinnerungen an ihre Taten zu verdrängen.
In der Nähe ertönte Stöhnen, und verschwommen sah sie, wie die zu einem Zirkel verbundenen Aes Sedai ihre Gewebe losließen und zusammensackten. Sie hasste sie. Sie hasste jede Einzelne von ihnen.
»Beim Licht!« Saerins Stimme. »Jemand soll sie Heilen!«
Alles verschwamm. Stimmen wurden undeutlich. Wie Geräusche unter Wasser. Friedliche Geräusche …
Etwas Kaltes traf sie. Sie keuchte auf, und der eiskalte Schock
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