Der Traum des Wolfs
wie früher. Perrin hatte nie herausbekommen, warum sie sich mit dem Propheten getroffen hatte. Vermutlich würde er das nie, wenn man bedachte, was mit Masema geschehen war. Einen Tag nach Maiden waren seine Späher auf einen Haufen Leichen gestoßen, die man mit Pfeilen erschossen und Schuhen, Gürtel und anderer Wertgegenstände beraubt hatte. Auch wenn die Raben ihre Augen gefressen hatten, hatte Perrin Masemas Geruch durch die Verwesung hindurch erfassen können.
Der Prophet war tot, von Räubern getötet. Nun, vielleicht war das ja ein passendes Ende für ihn, aber Perrin hatte noch immer das Gefühl, versagt zu haben. Rand hatte gewollt, dass man Masema zu ihm brachte. Wieder wogten die Farben.
Man konnte es drehen, wie man wollte, es war Zeit, dass er zu Rand zurückkehrte. Die Farben wirbelten und zeigten Rand vor einem Gebäude mit verbrannter Vorderseite, wie er nach Westen starrte. Perrin verdrängte das Bild.
Seine Pflicht war erfüllt, das Problem mit dem Propheten gelöst, Alliandres Gefolgschaft sichergestellt. Trotzdem konnte Perrin das Gefühl nicht abschütteln, dass noch immer etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Er spielte an dem Geduldsspiel in der Tasche herum. Um etwas verstehen zu können … muss man seine Einzelteile ergründen …
Er roch Faile, bevor sie ihn erreichte, hörte ihr Pferd auf dem nachgiebigen Boden. »Gill ist also auf dem Weg nach Lugard?«, fragte sie, als sie das Tier neben ihm zügelte.
Er nickte.
»Möglicherweise war das klug. Vielleicht sollten wir auch diese Richtung einschlagen. Waren das noch mehr Söldner, die sich da uns angeschlossen haben?«
»Ja.«
»In den letzten paar Wochen müssen wir mindestens fünftausend Leute aufgenommen haben«, sagte sie nachdenklich. »Vielleicht auch mehr. Seltsam, in dieser abgelegenen Gegend. «
Mit ihrem rabenschwarzen Haar und den markanten Zügen - eine gute saldaeanische Nase, die schräg stehenden Augen - war sie wunderschön. Sie war für den Ritt gekleidet, in dunkles Weinrot. Er liebte sie von ganzem Herzen und dankte dem Licht, dass er sie zurückhatte. Warum fühlte er sich in ihrer Nähe dann nur so unbehaglich?
»Du machst dir Sorgen, mein Gemahl«, bemerkte sie. Sie verstand ihn so gut, fast als könnte sie Gerüche lesen. Aber das schien bei Frauen häufig vorzukommen. Berelain konnte das auch.
»Wir haben zu viele Leute aufgesammelt.« Er grunzte. »Ich hätte anfangen sollen, sie abzuweisen.«
»Vermutlich würden sie sich uns trotzdem anschließen.«
»Warum sollten sie? Ich könnte die entsprechenden Befehle geben.«
»Du kannst dem Muster keine Befehle geben, mein Gemahl.« Sie schaute zu der Marschreihe, die die Straße erreichte.
»Was hat das …« Er unterbrach sich, als er begriff, was sie meinte. »Du glaubst, dass ich das bin? Als Ta’veren?«
»Bei jeder Rast auf unserer Reise hast du weitere Anhänger gewonnen«, sagte Faile. »Trotz unserer Verluste gegen die Aiel haben wir Maiden mit einer größeren Streitmacht verlassen, als wir zu Anfang hatten. Fandest du es nicht seltsam, dass sich so viele der ehemaligen Gai’schain bei Tams Waffenübungen einfanden?«
»Man hat sie so lange unterdrückt«, sagte Perrin. »Das wollen sie nicht noch einmal erleben.«
»Und so lernen Böttcher, wie man mit dem Schwert umgeht und entdecken, dass sie dafür ein Talent haben. Steinmetze, die nicht auf die Idee gekommen wären, sich gegen die Shaido zu wehren, üben nun mit dem Kampfstab. Söldner und Waffenmänner strömen zu uns.«
»Das ist Zufall.«
»Zufall?« Sie klang amüsiert. »Mit einem Ta’veren an der Spitze des Heeres?«
Sie hatte recht, und als er verstummte, konnte er ihre Befriedigung riechen, diesen Streit für sich entschieden zu haben. Er hatte es nicht als Streit betrachtet, sie offensichtlich schon. Wenn überhaupt war sie verärgert, dass er nicht die Stimme erhoben hatte.
» Das ist alles in ein paar Tagen vorbei, Faile. Sobald wir wieder die Wegetore haben, schicke ich diese Leute dorthin, wo sie hingehören. Ich stelle kein Heer auf. Ich helfe ein paar Flüchtlingen, nach Hause zu kommen.« Das Letzte, das er brauchen konnte, waren noch mehr Leute, die ihn »mein Lord« nannten und vor ihm dienerten.
»Wir werden sehen«, sagte sie.
»Faile.« Er seufzte und senkte die Stimme. »Ein Mann muss eine Sache als das betrachten, was sie ist. Es ergibt keinen Sinn, eine Schnalle als Scharnier zu bezeichnen oder einen Nagel als Hufeisen. Ich habe es dir schon einige
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