Der Triumph der Heilerin.indd
Ehrentafel und gab sich alle Mühe, dem immer ungehobelter werdenden Benehmen der Gäste ein bisschen Schicklichkeit einzuimpfen. Er erhob sich.
»Liebe Freunde. Ja. Es ist an der Zeit.«
Unter den begeisterten, beschwipsten Gästen im Saal brach Jubel aus.
»Nein, meine Freunde. Ein bisschen Ruhe wäre vonnöten, wenn ich bitten darf.«
Der Bräutigam betrachtete konzentriert jeden einzelnen seiner Finger, und Anne bemühte sich mit keusch niedergeschlagenen Augen um ein sittsames Lächeln, auch wenn ihr Kopf von dem Lärm dröhnte.
»Mir scheint, dass Braut und Bräutigam schüchtern sind, wie es sich gehört .« Gelächter erschütterte den Saal, und Leif Molnar errötete. »Wir müssen ihnen also ein wenig helfen! Ein Trinkspruch!«
Das war das Stichwort, auf das alle gewartet hatten. Die Gäste standen auf, hoben ihre Becher hoch und schrien: »Ein Trinkspruch! Ja, ein Trinkspruch!«
»Dem Master Leif Molnar und seiner Braut Lady Anne ein langes Leben und viele Kinder!«
»Master Molnar, Lady Anne! Ein langes Leben und viele Kinder!«
»Am besten gleich damit anfangen!« Ralph von Dunster überraschte alle mit seiner lauten Bemerkung, aber seine Stimme übertönte alle anderen, und bald skandierten die Leute: »Gleich anfangen, gleich anfangen, gleich anfangen!«
Leifs Hand tastete sich über das weiße Leinentischtuch und fand Annes Hand. Sie hatte die Augen geschlossen, und ihre Hand fühlte sich einen Moment lang ganz schlaff an. Aber dann verflocht sie ihre Finger mit seinen Fingern, und er spürte ihre Kraft.
»Ja, es ist Zeit, mein Gemahl.« Anne nahm Leifs Gesicht zwischen ihre Hände und gab ihm unter dem Jubel der Anwesenden einen liebevollen Kuss. Leif schloss seine Augen, um den Moment auszukosten, und nur Deborah sah die Tränen, die wie Diamanten in Annes Wimpern blitzten.
Hand in Hand stiegen Braut und Bräutigam in das obere Gemach, dem Zimmer mit den drei Türen. Als sie sich aber am Treppenabsatz umdrehten, war es die Braut, die, von ihrem neuen Gemahl ermutigt, zuerst das Wort ergriff, und an diese Änderung der Sitte erinnerte man sich noch lange, lange nach dem Hochzeitstag.
»Mein lieber Gemahl und ich und mein Neffe Edward ...« Sie winkte dem Knaben zu, der, von Deborah gehalten, auf einem der Tische stand, damit er besser sehen konnte, und ihre Worte gingen im allgemeinen Jubel unter. »Wir danken euch allen für diesen herrlichen Tag. Dies ist unser Zuhause, und so lange wir leben, werdet ihr hier immer willkommen sein.« Sie spürte Leifs Arm, der sich um ihre Taille legte, und ihre Anspannung, ihre Furcht verflüchtigte sich. Sie lehnte sich kurz an ihn und sammelte neue Kraft.
Er verstärkte dezent seinen Griff, und dann sprach er mit ungewöhnlich lauter Stimme: »Nun aber, wenn ihr genug gegessen und getrunken habt, wären meine Gemahlin und ich froh, allein gelassen zu werden!«
Gutmütiges Gelächter fegte wie ein lauer Wind durch den Saal. »Nein, nein, nein!«
»Ja, ja, ja!« Die Stimme des Bräutigams übertönte den Lärm und klang plötzlich sehr selbstsicher. Er wandte sich Anne zu. »Bist du bereit, Weib?«
Sie lächelte ihn mit strahlenden Augen an und fand die richtigen Worte. »Ganz bereit, Mann.«
»Nun denn. Von diesem Tag an soll es für dich und für mich keinen Kummer mehr geben.« Er beugte sich hinab, hob sie hoch, als wöge sie nicht mehr als ein Lämmchen oder ein Kälbchen, stieß mit dem Fuß die Tür zum Schlafgemach auf und rief über seine Schulter: »Und jetzt, gute Nacht!«
Die Tür fiel zu, und ihr gemeinsames Leben begann. Sie hatten sich ihr Glück wahrlich verdient.
Epilog
In jener Nacht, als Anne und Leif Hochzeit feierten, ereignete sich etwas Seltsames am Himmel über Herrard Great Hall. Meggan bemerkte sie als Erste, als sie und Will, satt und zufrieden, mit den anderen Dörflern zurück nach Wincanton the Less wanderten. Zwei Seeadler segelten in der warmen Luft über den Kaminen des Herrenhauses.
»Seit wann fliegen Adler in der Nacht?«
Alle blieben stehen und sahen nach oben, wo die Vögel immer wieder vor dem glänzenden Antlitz des Adventmondes kreuzten.
Will schüttelte den Kopf. »Habe so etwas noch nie gesehen, Madam.« Er bekreuzigte sich. »Was das wohl bedeuten mag?«
Meggan drehte sich zu dem Herrenhaus um. Ganz oben leuchtete noch ein Licht in die Nacht hinaus. Dann verlosch es.
Über ihnen kreischten die Adler, und einen Augenblick später waren sie fort, flogen zur Küste hin, zum silbernen Meer. »Gute
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