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Der Überläufer: Tweed 3

Der Überläufer: Tweed 3

Titel: Der Überläufer: Tweed 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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kühlen Morgen, noch vor dem Einsetzen der flimmernden Hitze einer zwei Monate andauernden Schönwetterperiode, als Newman ein Taxi aufhielt, um zu seiner Wohnung zurückzufahren, war erst Donnerstag, der 30. August.

1
    Das zweite Ereignis folgte zwanzig Minuten später und war reiner Zufall. Als Newman im Taxi saß, das sich eben seiner Wohnung in der Beresforde Road in South Kensington näherte, wurde ihm klar, daß er es jetzt nicht schaffen würde, sich selber ein Frühstück zu machen.
    Er sagte dem Fahrer, er solle an der Grünfläche, die die St. Mark’s Church umgab, anhalten. Dann stieg er aus, bezahlte und ging zum Forum-Hotel hinüber. Deshalb sah er auch den blauen Cortina nicht, der gegenüber von Chasemore House, wo er wohnte, im Parkverbot stand. Zwei Männer saßen auf den Vordersitzen. Später sagte ein Zeuge, sie hätten dunkle Anzüge angehabt, wie sie von Geschäftsleuten getragen werden, konnte aber sonst keine nähere Beschreibung liefern.
    Dafür traf Newman auf dem Gehsteig den Briefträger, der einen Stoß auszutragender Briefe durchsah. Der Mann blickte auf und grinste. »Morgen, Mr. Newman. Schöner Tag wieder. Glauben Sie, die Hitze hält bis Weihnachten?«
    »Wenn wir Glück haben.«
    Newman antwortete mit derselben monotonen Stimme, die Howard so irritiert hatte. Der Briefträger zog drei Briefe aus dem Stapel und sah Newman wieder an. Der Mann, den er betrachtete, war um die Vierzig, gut aussehend, glattrasiert, mit buschigem rotblondem Haar, und schaute zumeist so drein, als fände er das ganze Leben spaßig. Diesmal jedoch war sein Gesicht wie aus Stein. Ein weiterer Umstand, der der Polizei später berichtet wurde.
    »Drei für Sie heute«, sagte der Briefträger. »Und nur einer aus dem Ausland. Keine großen Geschäfte.«
    »Danke.« Newman ignorierte den Hinweis auf seine berufliche Tätigkeit als Auslandskorrespondent und ging zum Forum-Hotel hinüber, einem sechzehn Stockwerke hohen Betonturm, der diesen Teil Londons überragt. Zwei Rechnungen in den üblichen braunen Umschlägen. Als er einen Blick auf den dritten Umschlag warf, blieb er wie angewurzelt stehen.
    Er erkannte ihre langen, krakeligen Schriftzüge. Ein Schauer überlief ihn. Der Brief einer Toten. Ein blauer Aufkleber, hastig in schiefem Winkel angebracht, trug die Aufschrift:
Par Avion –
    Lentoposti – Flygpost.
Französisch, Finnisch, Schwedisch. Der Stempel war klar erkennbar. Im roten Kreis »Helsinki«, dann »25. 8. 84«, dann »Helsingfors«, der schwedische Name für Helsinki.
    Eigenartiges Gefühl. Heute war Donnerstag. Alexis war am vergangenen Samstag, als sie diesen Brief per Luftpost aufgegeben hatte, noch am Leben gewesen. Trotz der Betäubung aller seiner Lebensgeister begann sein Auslandskorrespondentengehirn zu arbeiten.
    Der Blechbehälter mit dem schrecklichen Film, den Howard ihm vorgeführt hatte, mußte nach England gebracht und hier von jemandem aufgegeben worden sein, der eigens deswegen von Helsinki nach Heathrow geflogen war. All das war während der letzten vier oder fünf Tage geschehen.
    Nur von seinem inneren Sinn gelenkt, ging er zum
Forum
weiter, den ungeöffneten Brief in der Tasche. Er stieg die Treppe zur Cafeteria hoch, setzte sich an einen Tisch abseits der anderen Gäste, bestellte Kaffee und Toast. Er trank zwei Tassen schwarzen Kaffee und starrte dabei auf den Umschlag, der in blauer Schrift in der linken oberen Ecke Name und Anschrift eines Hotels trug.
    Hotelli Kalastajatorppa, Kalastajatorpantie 1, 0033 00, Helsinki 33
. Er war einmal beruflich in Helsinki gewesen, hatte damals aber im
Marski
im Stadtzentrum gewohnt. Ein Hotel dieses Namens war ihm unbekannt. Mit Entschlossenheit strich er Butter auf den Toast, nahm Marmelade und zwang sich zu essen, während er den Umschlag öffnete.
    Er enthielt ein Blatt mit dem Hotelaufdruck. Seine blauen Augen überflogen die kurze Nachricht in der so charakteristischen Handschrift, die ihn immer an die Wogen des Meeres erinnerte, ohne dabei auch den Inhalt des Geschriebenen aufzunehmen. Er begann ein zweites Mal.
    »Lieber Bob, in höchster Eile, um das Schiff zu erreichen – es fährt um 10.30 ab. Adam Procane muß aufgehalten werden. Mein heißer Tip ist der Archipel. Fahre jetzt los. Werde den Brief auf dem Weg zum Hafen aufgeben. Alexis.«
    Nur »Alexis«. Nicht »In Liebe, Alexis«. Also hatte sich nichts geändert. Der Bruch zwischen ihnen war ein vollständiger und bleibender gewesen. Das hier war eine rein berufliche

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