Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Unbesiegbare

Der Unbesiegbare

Titel: Der Unbesiegbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
Ballmin. »Vielleicht sind sie eingeschleppt worden …«
    »Woher aber?«
    »Von den Planeten der Nova.«
    Jetzt redeten alle auf einmal. Es dauerte eine ganze Weile, bevor es gelang, sie zu beschwichtigen.
    »Kollegen!« sagte Sarner. »Ich weiß, woher Ballmins Gedanke stammt. Von Dr. Gralew.«
    »Nun ja, ich bestreite nicht, daß ich der Urheber bin«, gestand der Physiker.
    »Ausgezeichnet. Nehmen wir also an, wir könnten uns den Luxus wahrscheinlich klingender Hypothesen nicht mehr leisten und brauchten ganz verrückte. Gut, meinetwegen. Meine Herren Biologen! Nehmen wir an, ein Raumschiff von einem Planeten der Nova hat die dortigen Insekten hierhergebracht. Hätten sie sich den örtlichen Bedingungen anpassen können?«
    »Natürlich, wenn es schon eine verrückte Hypothese sein soll«, gab Lauda von seinem Platz aus zu. »Aber auch die muß für alles eine Erklärung liefern.«
    »Das heißt?«
    »Das heißt, sie muß erklären, was den Außenpanzer des ›Kondors‹ zerfressen hat, und zwar so, daß das Schiff, wie mir die Ingenieure sagen, gar nicht flugtauglich ist, bevor es generalüberholt wird. Glauben Sie denn, irgendwelche Insekten hätten sich so angepaßt, daß sie eine Molybdänlegierung konsumieren? Das ist eine der härtesten Substanzen im ganzen Kosmos. Ingenieur Petersen, was kann einen solchen Panzer zerstören?«
    »Wenn er richtig gehärtet ist, eigentlich nichts«, antwortete der stellvertretende Chefingenieur. »Man kann ihn mit Diamanten ein wenig anbohren, aber dazu brauchte man eine Tonne Bohrköpfe und tausend Stunden Zeit. Dann schon eher mit Säuren. Aber mit anorganischen. Sie müßten bei einer Temperatur von wenigstens zweitausend Grad und bei entsprechenden Katalysatoren einwirken.«
    »Und was hat Ihrer Meinung nach den Panzer des ›Kondors‹ zerfressen?«
    »Keine Ahnung. Wenn er in einem Säurebad gelegen hätte, und zwar bei der geeigneten Temperatur, dann sähe er nicht anders aus. Aber wie das hier geschehen ist, ohne Lichtbogen-Plasmabrenner und Katalysatoren, kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Da haben Sie Ihre Fliegen, Kollege Ballmin«, sagte Lauda und setzte sich.
    »Ich glaube, es hat keinen Sinn, weiterzudiskutieren«, bemerkte der Astrogator, der bis dahin geschwiegen hatte. »Vielleicht war es noch zu früh dafür. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Untersuchungen fortzuführen. Wir teilen uns in drei Gruppen. Eine befaßt sich mit den Ruinen, eine mit dem ›Kondor‹, und eine macht ein paar Abstecherins Innere der Westwüste. Das ist das Maximum unserer Möglichkeiten, denn ich kann nicht mehr als vierzehn Energoboter aus dem Permimeter nehmen, selbst wenn einige Maschinen des ›Kondors‹ in Betrieb genommen werden. Wir haben nach wie vor dritte Alarmstufe.«

Der Erste
    Schwelende, schlüpfrige Schwärze umfing ihn. Er drohte zu ersticken. Verzweifelt rang er mit den immateriellen Schlingen, die ihn fesselten, wollte sie von sich abschütteln, aber er versank nur immer tiefer. Der Schrei blieb ihm in der geschwollenen Kehle stecken. Vergebens suchte er nach einer Waffe. Er war nackt. Ein letztes Mal spannte er alle Kräfte an, um zu schreien. Ohrenbetäubender Lärm riß ihn aus dem Schlaf. Rohan sprang benommen aus seiner Koje. Er wußte nur so viel, daß er von Dunkelheit umgeben war und daß unablässig das Alarmsignal klingelte. Das war kein Traum mehr. Er schaltete Licht an, schlüpfte in den Skaphander und rannte hinaus. In allen Stockwerken drängten sich die Leute vor dem Fahrstuhl. Nur das anhaltende Läuten der Signale war zu hören. Von den Wänden leuchtete in roter Schrift das Wort Alarm. Er lief in die Steuerzentrale. Der Astrogator stand in normaler Tageskleidung vor dem großen Bildschirm. »Ich habe den Alarm schon abgeblasen«, sagte er ruhig. »Es ist nur Regen, Rohan, schauen Sie mal. Ein schöner Anblick.«
    Wirklich sprühten auf dem Bildschirm, auf dem die obere Hälfte des nächtlichen Himmels zu sehen war, unzählige Funken von Entladungen. Die Regentropfen, die aus großer Höhe herabfielen, prallten auf die unsichtbare Schutzhülle des Kraftfeldes, die den »Unbesiegbaren« wie eine riesige Schüssel bedeckte, verwandelten sich augenblicklich in mikroskopisch kleine, feurige Explosionen und tauchten die ganze Landschaft in flimmerndes Licht, ähnlich einem hundertfach verstärkten Nordlicht.
    »Die Automaten hätten besser programmiert werden müssen«, sagte Rohan mit schwacher Stimme. Er war nun hellwach, der Schlaf

Weitere Kostenlose Bücher