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Der Unbesiegbare

Der Unbesiegbare

Titel: Der Unbesiegbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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zerstreut. Er aber blieb wie gelähmt zurück, als hätte er keineHoffnung mehr, das Geschehene jemals zu begreifen, und als wäre er plötzlich zu der Erkenntnis gelangt, daß es für all das keine Erklärung gab und niemals geben würde.
    »Rohan!«
    Gaarb stand vor ihm. Der Anruf rüttelte ihn wach. Er zuckte zusammen.
    »Ach Sie, Doktor? Haben Sie es auch gesehen? Wer war das?«
    »Kertelen.«
    »Was? Unmöglich!«
    »Ich habe ihn fast bis zuletzt gesehen.«
    »Bis zuletzt?«
    »Ich war mit ihm zusammen«, sagte Gaarb mit unnatürlich ruhiger Stimme. Rohan sah die Ganglampen in seinen Brillengläsern funkeln.
    »Bei der Expeditionsgruppe in der Wüste?« stieß er hervor.
    »Ja.«
    »Und was ist mit ihm?«
    »Gallagher hatte die Stelle dort nach seismographischen Sondierungen ausgesucht. Wir gerieten in ein Labyrinth von engen, gewundenen Schluchten«, sagte Gaarb schleppend, als spräche er zu sich selbst und wollte sich noch einmal den genauen Ablauf der Ereignisse vergegenwärtigen. »Dort ist weiches, ausgespültes Felsgestein organischen Ursprungs, voller Grotten und Höhlen. Die Raupenfahrzeuge mußten wir draußen lassen … Wir gingen dicht hintereinander. Elf Mann. Die Ferrometer zeigten größere Eisenmengen an. Die suchten wir. Kertelen meinte, dort seien irgendwo Maschinen verborgen …«
    »Ja, mir hat er auch so was gesagt. Und dann?«
    »In einer Höhle fand er dicht unter der Schlammschicht – dort gibt es sogar Stalaktiten und Stalakmiten – etwas wie einen Automaten.«
    »Tatsächlich?«
    »Nein nicht, was Sie denken. Es war ein Wrack, nicht einmal verrostet – das muß eine nichtrostende Legierung sein –, aber korrodiert, halb verbrannt, eben nur Trümmer.«
    »Vielleicht sind noch andere …«
    »Aber dieser Automat ist wenigstens 300 000 Jahre alt!«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »An der Oberfläche hat sich Kalkstein abgesetzt von dem Wasser, das von den Stalaktiten am Felsengewölbe heruntergetropft und verdunstet ist. Gallagher selbst hat anhand der Verdunstungsgeschwindigkeit, der Niederschlagsbildung und der Niederschlagsmenge berechnet, daß 300 000 Jahre der bescheidenste Näherungswert sind. Wissen Sie übrigens, wie dieser Automat aussieht? Beinahe wie die Ruinen!«
    »Also ist es gar kein Automat!«
    »Nein. Er muß sich fortbewegt haben, aber nicht auf zwei Beinen. Auch nicht wie eine Krabbe. Wir hatten übrigens keine Zeit, das zu untersuchen, weil gleich darauf …«
    »Was war gleich darauf?«
    »In gewissen Zeitabständen hatte ich die Leute gezählt. Ich war im Kraftfeld und sollte sie beobachten, Sie wissen schon. Aber sie alle hatten ja Masken auf, wie das so ist, alle sind dadurch einander ähnlich, die Schutzanzüge waren auch nicht mehr bunt, sondern mit Lehm beschmiert. Auf einmal fehlte einer. Ich rief alle zusammen, und wir machten uns auf die Suche. Kertelen hatte sich sehr über seinen Fund gefreut und war weitergepirscht … Ich dachte, er hätte sich bloß in eine Abzweigung der Schlucht verlaufen. Sie ist voller Nebenwege, die aber alle kurz, flach und ausgezeichnet beleuchtet sind. Plötzlich bog er um eine Ecke. Bereits in diesem Zustand. Nygren war bei uns. Er glaubte, es sei ein Hitzschlag …«
    »Was ist nun wirklich mit ihm?«
    »Er ist bewußtlos. Obwohl auch nicht richtig. Er kanngehen, sich bewegen, nur ist es unmöglich, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Zudem hat er die Sprache verloren. Haben Sie seine Stimme gehört?«
    »Ja.«
    »Jetzt scheint er ein bißchen matt geworden zu sein. Vorher war es noch schlimmer. Er hat keinen von uns erkannt. Das war im ersten Moment das furchtbarste. ›Kertelen, wo stecken Sie denn?‹ rief ich ihn an, doch er ging wie taub an mir vorbei, zwischen uns hindurch und die Schlucht hinauf, aber in einer Haltung, auf eine Weise, daß es uns allen kalt den Rücken hinunterlief. Einfach wie ausgewechselt. Er reagierte nicht auf unser Rufen, also mußten wir ihn einfangen. Was sich da alles abgespielt hat … Kurz und gut, wir mußten ihn fesseln, sonst hätten wir ihn nicht mitbringen können.«
    »Und was sagen die Ärzte?«
    »Die reden wie üblich lateinisch, aber sonst wissen sie auch nichts. Nygren ist mit Sax beim Kommandanten, dort können Sie nachfragen.«
    Gaarb ging mit schweren Schritten davon, den Kopf wie immer zur Seite geneigt. Rohan stieg in den Aufzug und fuhr nach oben in den Steuerraum. Er fand ihn leer, als er aber an den kartographischen Kajüten vorbeikam, hörte er durch den Türspalt Sax’

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