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Der Unbesiegbare

Der Unbesiegbare

Titel: Der Unbesiegbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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stoßen, die verwittert und bröckelig waren. Jedes Anstoßen des Energiefeldes an einen Felsenpfeiler konnte also eine ganze Steinlawine auslösen. Sie bangten natürlich nicht um sich, sondern um die Vermißten, die der Steinschlag, wenn sie in der Nähe waren, verletzen oder töten konnte.
    Etwa eine Stunde war seit der Unterbrechung der Funkverbindung vergangen, als auf dem Bildschirm der Magnetometer dicht an dicht Blitze aufflammten. Anscheinend funktionierten die Peilgeräte nicht, denn als sie die Richtung ablesen wollten, aus der die Impulse kamen, zeigten sie alle Himmelsrichtungen auf einmal an. Erst mit Hilfe der Amperemeter und der Polarisatoren konnte festgestellt werden, daß das Gesträuch an den Wänden der Schlucht die Schwankungen des Magnetfeldes verursachte. Nun erst wurden die Männer gewahr, daß dieses Gestrüpp anders aussah als in dem Teil der Schlucht, den sie bereits hinter sich hatten: Es schimmerte nicht rostrot wie dort, und die Sträucher, aus denen es bestand, waren höher, größer und gewissermaßen schwärzer, weil an ihren Drähten oder Zweigen sonderbare Verdickungen klebten. Rohan ließ sie nicht näher untersuchen, weil er nicht riskieren wollte, das Schutzfeld zu öffnen.
    Sie fuhren nun etwas schneller weiter, und die Impulsmesser und die Magnetometer meldeten eine immer andere Aktivität. Blickte man in die Höhe, so sah man hier und da über der Fläche des schwärzlichen Dickichts die Luft zittern, als wäre sie hoch erhitzt, und hinter dem zweiten Felsentor bemerkten sie, daß über dem Strauchwerk leichte Wölkchen aufstiegen, die an abziehenden Rauch erinnerten. Doch das war so hoch oben auf dem Hang, daß selbst mit dem Fernglas nicht auszumachen war, was sie wirklich darstellten. Jarg allerdings, der Augen hatte wie ein Luchs, behauptete, diese Rauchwölkchen sähen aus wie ein Schwarm kleiner Insekten.
    Rohan wurde allmählich unruhig, die Fahrt dauerte bereits länger, als er sich vorgenommen hatte, und noch immer war das Ende des Schluchtenlabyrinths nicht abzusehen. Dafür kamen sie jetzt zügiger voran, weil die Steinanhäufungen auf dem Bachgrund aufhörten. Der Bach selbst war tief unter dem Geröll versteckt und fast ganz verschwunden, und nur wenn die Maschinen stoppten, war das leise Glucksen des unsichtbaren Wassers zu hören.
    Hinter der nächsten Biegung tauchte ein Felsentor auf, das enger als die vorigen war. Bei den Messungen stellten die Techniker fest, daß man es nicht mit eingeschaltetem Kraftfeld passieren konnte. Bekanntlich kann ein solches Feld nicht beliebige Ausmaße annehmen, sondern es ist stets die Variante eines Umdrehungskörpers, also einer Kugel, eines Ellipsoids oder eines Hyperboloids. Bisher war es ihnen geglückt, sich durch die Verengungen der Schlucht hindurchzuzwängen, indem sie das Kraftfeld zur Form eines abgeplatteten, selbstverständlich unsichtbaren Stratosphärenballons zusammenpreßten.
    Jetzt aber würde kein Manöver helfen. Rohan beriet sich mit dem Physiker Tomman und den beiden Feldtechnikern. Sie beschlossen, eine kurze, überdies nur teilweise Abschaltung des Kraftfeldes zu wagen. Als erster sollte der unbemannteEnergoboter mit ausgeschaltetem Feldemitor die Enge durchfahren und gleich hinter dem Felsentor den Emitor wieder einschalten, um vorn einen einwandfreien Schutz in Form eines gewölbten Schildes zu bieten. Die Leute in den vier großen Maschinen und in Rohans kleinem Aufklärungsfahrzeug würden bei der Durchquerung des Felsentores nur oben ohne Deckung sein. Der Energoboter am Ende der Kolonne sollte seinen Schild mit dem des ersten gleich hinter dem Paß verbinden und so das zusammenhängende Kraftfeld wiederherstellen.
    Alles verlief genau nach Plan, und das letzte Raupenfahrzeug fuhr gerade zwischen Felssäulen hindurch, als eine sonderbare Erschütterung die Luft zerriß – kein Laut, sondern eine Erschütterung, als wäre irgendwo in der Nähe ein Felsblock herabgestürzt. Die stoppligen Wände der Schlucht begannen zu dampfen, eine schwarze Wolke kroch aus ihnen hervor und stürzte sich mit irrsinniger Geschwindigkeit auf die Kolonne.
    Rohan hatte die großen Transporter vor seiner Amphibie hindurchgelassen und wartete nun darauf, daß der letzte vorbeifuhr; da sah er plötzlich aus den Hängen der Schlucht schwarze Schwaden hervorbrechen und einen riesigen Feuerschein an der Spitze des Zuges, wo der vordere Energoboter, der bereits außerhalb des Felsentores war, das Feld eingeschaltet hatte, an

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