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Der Untergang des Abendlandes

Der Untergang des Abendlandes

Titel: Der Untergang des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Spengler
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kleine Menge goldener Geräte und Schmucksachen von bestimmtem Gesamtgewicht verstanden. Auf dem Schilde des Achill sind »zwei Talente« abgebildet, und noch zur Römerzeit war die Gewichtsangabe auf Silber- und Goldgefäßen allgemein üblich. [Friedländer, Röm. Sittengesch. IV (1921), S. 301.]
    Die Erfindung des klassisch geformten Geldkörpers aber ist so außerordentlich, daß wir seine tiefe, rein antike Bedeutung noch gar nicht begriffen haben. Wir halten ihn für eine jener berühmten »Errungenschaften der Menschheit«. Allenthalben werden seitdem Münzen geprägt, so wie überall Statuen auf Straßen und Plätzen herumstehen. So weit reicht unsere Macht. Wir können die Gestalt nachahmen, aber ihr die gleiche wirtschaftliche Bedeutung geben können wir nicht. Die Münze
als Geld
ist eine rein antike Erscheinung und nur in einer ganz euklidisch gedachten Umgebung möglich; hier hat sie aber auch das gesamte Wirtschaftsleben gestaltend beherrscht. Begriffe wie Einkommen, Vermögen, Schuld, Kapital bedeuten in antiken Städten etwas ganz anderes als bei uns, weil nicht wirtschaftliche Energie damit gemeint ist, die von einem Punkte ausstrahlt, sondern eine Summe von Wertgegenständen, die sich in einer Hand befinden. Vermögen ist immer ein beweglicher
Barvorrat
, der durch Addition und Subtraktion von Wertsachen verändert wird und mit Grundbesitz gar nichts zu tun hat. Beide sind im antiken Denken völlig getrennt. Kredit besteht im Leihen von Bargeld in der Erwartung, daß es als solches wieder zurückgegeben werden kann. Catilina war arm, weil er trotz seiner großen Güter [Sallust, Catilina 35, 3.] niemand fand, der ihm zu politischen Zwecken Bargeld anvertraute, und die ungeheuren Schulden römischer Politiker [Vgl. Bd. II, S. 1134.] haben nicht einen entsprechenden Grundbesitz zur Unterlage, sondern die bestimmte Aussicht auf eine Provinz, deren bewegliche Sachwerte ausgebeutet werden konnten. [Wie schwer es dem antiken Menschen war, sich den Umsatz einer körperlich nicht allseitig abgegrenzten Sache wie Grund und Boden in körperliches Geld vorzustellen, zeigen die Steinpfähle (όροι) auf griechischen Grundstücken, welche die Hypothek
darstellen
sollten, und der römische Kauf
per aes et libram
, wobei gegen eine Münze eine Erdscholle vor Zeugen überreicht wurde. Einen wirklichen Güterhandel hat es infolgedessen nie gegeben, und ebensowenig etwas wie Tagespreise für Ackerland. Ein regelmäßiges Verhältnis zwischen Bodenwert und Geldwert ist im antiken Denken ebenso unmöglich wie ein solches zwischen Kunstwert und Geldwert. Geistige, also unkörperliche Erzeugnisse wie Dramen oder Fresken besaßen wirtschaftlich überhaupt keinen Wert. Über den antiken Rechtsbegriff der Sache vgl. Bd. II, S. 653.] Erst das Denken in
körperlichem
Geld macht eine Reihe von Erscheinungen begreiflich: die Massenhinrichtung von Reichen unter der zweiten Tyrannis und die römischen Proskriptionen, um einen größeren Teil der umlaufenden Bargeldmasse in die Hand zu bekommen, das Einschmelzen der delphischen Tempelschätze durch die Phoker im Heiligen Kriege, der Kunstschätze von Korinth durch Mummius, der letzten römischen Weihgeschenke durch Cäsar, der griechischen durch Sulla, der kleinasiatischen durch Brutus und Cassius, ohne Rücksicht auf den Kunstwert, weil man die edlen Stoffe, Metalle und Elfenbein, brauchte. [Schon zur Zeit des Augustus kann von den antiken Kunstwerken aus Edelmetall und Bronze nicht viel übrig gewesen sein. Selbst der gebildete Athener dachte viel zu unhistorisch, um eine Statue aus Gold und Elfenbein nur deshalb zu schonen, weil sie von Phidias war. Man erinnere sich, daß an dessen berühmter Athenefigur die Goldteile abnehmbar angefertigt waren und von Zeit zu Zeit nachgewogen wurden. Die wirtschaftliche Verwendung war also von vornherein ins Auge gefaßt. ] Was bei den Triumphen an Statuen und Gefäßen aufgeführt wurde, war in den Augen der Zuschauer bares Geld, und Mommsen konnte den Versuch machen, [Ges. Schriften IV, 200 ff.] den Ort der Varusschlacht nach Münzfunden zu bestimmen, weil der römische Veteran sein ganzes Vermögen in Edelmetall auf dem Körper trug. Antiker Reichtum ist kein Guthaben, sondern ein Geldhaufen; ein antiker Geldplatz ist nicht Mittelpunkt des Kredits wie die heutigen Börsenplätze und das ägyptische Theben, sondern eine Stadt, in welcher sich ein erheblicher Teil des Bargeldbestandes der Welt gesammelt hat. Man darf annehmen, daß zur

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