Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats
seiner Eigenschaft als tatsächlich erblicher Vorsteher einer Gens. Sicher ist nur, daß wir ihn uns nicht als Eigenthümer im modernen Sinn vorstellen dürfen. Und sicher ist ferner, daß wir an der Schwelle der beglaubigten Geschichte die Heerden schon überall in Sondereigenthum von Familienvorständen finden, ganz wie die Kunsterzeugnisse der Barbarei, Metallgeräth, Luxusartikel und endlich das Menschenvieh – die Sklaven.
Denn jetzt war auch die Sklaverei erfunden. Dem Barbaren der Unterstufe war der Sklave werthlos. Daher auch die amerikanischen Indianer mit den besiegten Feinden ganz anders verfuhren als auf höherer Stufe geschah. Die Männer wurden getödtet oder aber in den Stamm der Sieger als Brüder aufgenommen; die Weiber wurden geheirathet oder sonst mit ihren überlebenden Kindern ebenfalls adoptirt. Die menschliche Arbeitskraft liefert auf dieser Stufe noch keinen beachtenswerthen Ueberschuß über ihre Unterhaltskosten. Mit der Einführung der Viehzucht, der Metallbearbeitung, der Weberei und endlich des Feldbaus wurde das anders. Wie die früher so leicht zu erlangenden Gattinnen jetzt einen Tauschwerth bekommen hatten und gekauft wurden, so geschah es mit den Arbeitskräften, besonders seitdem die Heerden endgültig in Familienbesitz übergegangen waren. Die Familie vermehrte sich nicht ebenso rasch wie das Vieh. Mehr Leute wurden erfordert, es zu beaufsichtigen; dazu ließ sich der kriegsgefangne Feind benutzen, der sich außerdem ebensogut fortzüchten ließ wie das Vieh selbst.
Solche Reichthümer, sobald sie einmal in den Privatbesitz von Familien übergegangen und dort rasch vermehrt, gaben der auf Paarungsehe und mutterrechtliche Gens gegründeten Gesellschaft einen mächtigen Stoß. Die Paarungsehe hatte ein neues Element in die Familie eingeführt. Neben die leibliche Mutter hatte sie den beglaubigten leiblichen Vater gestellt, der noch dazu wahrscheinlich besser beglaubigt war als gar manche »Väter« heutzutage. Nach der damaligen Arbeitstheilung in der Familie fiel dem Mann die Beschaffung der Nahrung und der hiezu nöthigen Arbeitsmittel, also auch das Eigenthum an diesen letzteren zu; er nahm sie mit, im Fall der Scheidung, wie die Frau ihren Hausrath behielt. Nach dem Brauch der damaligen Gesellschaft also war der Mann auch Eigenthümer der neuen Nahrungsquelle, des Viehs, und später des neuen Arbeitsmittels, der Sklaven. Nach dem Brauch derselben Gesellschaft aber konnten seine Kinder nicht von ihm erben, denn damit stand es folgendermaßen.
Nach Mutterrecht, also so lange Abstammung nur in weiblicher Linie gerechnet wurde und nach dem ursprünglichen Erbgebrauch in der Gens erbten anfänglich die Gentilverwandten von ihrem verstorbnen Gentilgenossen. Das Vermögen mußte in der Gens bleiben. Bei der Unbedeutendheit der Gegenstände mag es von jeher in der Praxis an die nächsten Gentilverwandten, also an die Blutsverwandten mütterlicher Seite, übergegangen sein. Die Kinder des verstorbnen Mannes aber gehörten nicht seiner Gens an, sondern der ihrer Mutter; sie erbten, anfangs mit den übrigen Blutsverwandten der Mutter, später vielleicht in erster Linie, von dieser; aber von ihrem Vater konnten sie nicht erben, weil sie nicht zu seiner Gens gehörten, sein Vermögen aber in dieser bleiben mußte. Bei dem Tode des Heerdenbesitzers wären also seine Heerden übergegangen zunächst an seine Brüder und Schwestern und an die Kinder seiner Schwestern, oder an die Nachkommen der Schwestern seiner Mutter. Seine eignen Kinder aber waren enterbt.
In dem Verhältniß also wie die Reichthümer sich mehrten, gaben sie einerseits dem Mann eine wichtigere Stellung in der Familie als der Frau, und erzeugten andrerseits den Antrieb, diese verstärkte Stellung zu benutzen, um die hergebrachte Erbfolge zu Gunsten der Kinder umzustoßen. Dies ging aber nicht, so lange die Abstammung nach Mutterrecht galt. Diese also mußte umgestoßen werden, und sie wurde umgestoßen. Es war dies gar nicht so schwer, wie es uns heute erscheint. Denn diese Revolution – eine der einschneidendsten, die die Menschen erlebt haben – brauchte nicht ein einziges der lebenden Mitglieder einer Gens zu berühren. Alle ihre Angehörigen konnten nach wie vor bleiben, was sie gewesen. Der einfache Beschluß genügte, daß in Zukunft die Nachkommen der männlichen Genossen in der Gens bleiben, die der weiblichen aber ausgeschlossen sein sollten, indem sie in die Gens ihres Vaters übergingen. Damit war die
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