Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats

Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats

Titel: Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Engels
Vom Netzwerk:
mißverständlichen und übertriebnen, später direkt lügenhaften Berichte der Spanier zum ersten Mal der historischen Kritik und weist nach, daß die Mexikaner auf der Mittelstufe der Barbarei, höher jedoch als die neumexikanischen Pueblos-Indianer, standen, und daß ihre Verfassung, soweit die entstellten Berichte sie erkennen lassen, dem entsprach: ein Bund dreier Stämme, der eine Anzahl andrer zur Tributpflichtigkeit unterworfen hatte, und der regiert wurde von einem Bundesrath und Bundesfeldherrn, aus welchem letzteren die Spanier einen »Kaiser« machten.]
    Wir sehn also in der griechischen Verfassung der Heldenzeit die alte Gentilorganisation noch in lebendiger Kraft, aber auch schon den Anfang ihrer Untergrabung: Vaterrecht mit Vererbung des Vermögens an die Kinder, wodurch die Reichthumsanhäufung in der Familie begünstigt und die Familie eine Macht wurde gegenüber der Gens; Rückwirkung der Reichthumsverschiedenheit auf die Verfassung, vermittelst Bildung der ersten Ansätze zu einem erblichen Adel und Königthum; Sklaverei, zunächst noch blos von Kriegsgefangnen, aber schon die Aussicht eröffnend auf Versklavung der eignen Stammes- und selbst Gentilgenossen; der alte Krieg von Stamm gegen Stamm bereits ausartend in systematische Räuberei zu Land und zur See, um Vieh, Sklaven, Schätze zu erobern, in regelrechte Erwerbsquelle; kurz, Reichthum gepriesen und geachtet als höchstes Gut, und die alten Gentilordnungen gemißbraucht, um den gewaltsamen Raub von Reichthümern zu rechtfertigen. Es fehlte nur noch Eins: eine Einrichtung, die die neuerworbnen Reichthümer der Einzelnen nicht nur gegen die kommunistischen Traditionen der Gentilordnung sicherstellte, die nicht nur das früher so gering geschätzte Privateigenthum heiligte, und diese Heiligung für den höchsten Zweck aller menschlichen Gemeinschaft erklärte, sondern die auch die nacheinander sich entwickelnden neuen Formen der Eigenthumserwerbung, also der stets beschleunigten Vermehrung des Reichthums mit dem Stempel allgemein gesellschaftlicher Anerkennung versah; eine Einrichtung, die nicht nur die aufkommende Spaltung der Gesellschaft in Klassen verewigte, sondern auch das Recht der besitzenden Klasse auf Ausbeutung der nicht besitzenden, und die Herrschaft jener über diese.
    Und diese Einrichtung kam. Der Staat wurde erfunden.

V. Entstehung des athenischen Staats.
    Wie der Staat sich entwickelt hat, indem die Organe der Gentilverfassung theils umgestaltet, theils durch Einschiebung neuer Organe verdrängt, und endlich vollständig durch wirkliche Staatsbehörden ersetzt wurden, während an die Stelle des in seinen Gentes, Phratrien und Stämmen sich selbst schützenden wirklichen »Volks in Waffen« eine diesen Staatsbehörden dienstbare, also auch gegen das Volk verwendbare, bewaffnete »öffentliche Gewalt« trat – davon können wir wenigstens das erste Stück nirgends besser verfolgen als im alten Athen. Die Formverwandlungen sind im Wesentlichen von Morgan dargestellt, den sie erzeugenden ökonomischen Inhalt muß ich großentheils hinzufügen.
    Zur Heroenzeit saßen die vier Stämme der Athener in Attika noch auf getrennten Gebieten; selbst die sie zusammensetzenden zwölf Phratrien scheinen in den zwölf Städten des Kekrops noch gesonderte Sitze gehabt zu haben. Die Verfassung war die der Heroenzeit: Volksversammlung, Volksrath, Basileus. Soweit die geschriebne Geschichte zurückreicht, war der Grund und Boden schon vertheilt und in Privateigenthum übergegangen, wie dies der gegen Ende der Oberstufe der Barbarei bereits verhältnißmäßig entwickelten Waarenproduktion und dem ihr entsprechenden Waarenhandel gemäß ist. Neben Korn wurde Wein und Oel gewonnen; der Seehandel auf dem ägäischen Meer wurde mehr und mehr den Phöniziern entzogen und fiel großentheils in attische Hände. Durch den Kauf und Verkauf von Grundbesitz, durch die fortschreitende Theilung der Arbeit zwischen Ackerbau und Handwerk, Handel und Schiffahrt, mußten die Angehörigen der Gentes, Phratrien und Stämme sehr bald durcheinander kommen, der Distrikt der Phratrie und des Stammes Bewohner erhalten, die, obwohl Volksgenossen, doch diesen Körperschaften nicht angehörten, also in ihrem eignen Wohnort fremd waren. Denn jede Phratrie und jeder Stamm verwalteten in ruhigen Zeiten ihre Angelegenheiten selbst, ohne nach Athen zum Volksrath oder Basileus zu schicken. Wer aber im Gebiet der Phratrie oder des Stamms wohnte, ohne ihm anzugehören, konnte an

Weitere Kostenlose Bücher