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Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats

Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats

Titel: Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Engels
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entstanden und fortgebildet war, zeigen z. B. die bronzenen Spangen; die in Burgund, in Rumänien, am Asow'schen Meer gefundenen könnten mit englischen und schwedischen aus derselben Werkstatt hervorgegangen sein, und sind ebenso unbezweifelt germanischen Ursprungs.
    Der Oberstufe der Barbarei entspricht auch die Verfassung. Allgemein bestand nach Tacitus der Rath der Vorsteher ( principes ), der geringere Sachen entschied, wichtigere aber für die Entscheidung der Volksversammlung vorbereitete; diese selbst besteht auf der Unterstufe der Barbarei wenigstens da wo wir sie kennen, bei den Amerikanern, nur erst für die Gens, noch nicht für den Stamm oder den Stämmebund. Die Vorsteher ( principes ) scheiden sich noch scharf von den Kriegsführern ( duces ), ganz wie bei Irokesen. Erstere leben schon zum Theil von Ehrengeschenken an Vieh, Korn &c. von den Stammesgenossen; sie werden, wie in Amerika, meist aus derselben Familie gewählt; der Uebergang zum Vaterrecht begünstigt, wie in Griechenland und Rom, die allmälige Verwandlung der Wahl in Erblichkeit und damit die Bildung einer Adelsfamilie in jeder Gens. Dieser alte, sogenannte Stammesadel ging meist unter in der Völkerwanderung oder doch bald nachher. Die Heerführer wurden ohne Rücksicht auf Abstammung, bloß nach der Tüchtigkeit gewählt. Sie hatten wenig Gewalt und mußten durch's Beispiel wirken; die eigentliche Disciplinargewalt beim Heer legt Tacitus ausdrücklich den Priestern bei. Die wirkliche Macht lag bei der Volksversammlung. Der König oder Stammesvorsteher präsidirt; das Volk entscheidet – nein: durch Murren; ja: durch Akklamation und Waffenlärm. Sie ist zugleich Gerichtsversammlung; hier werden Klagen vorgebracht und abgeurtheilt, hier Todesurtheile gefällt, und zwar steht der Tod nur auf Feigheit, Volksverrath und unnatürlicher Wollust. Auch in den Gentes und andern Unterabtheilungen richtet die Gesammtheit unter Vorsitz des Vorstehers, der, wie in allem deutschen ursprünglichen Gericht, nur Leiter der Verhandlung und Fragesteller gewesen sein kann; Urtheilsfinder war von jeher und überall bei Deutschen die Gesammtheit.
    Bünde von Stämmen hatten sich seit Cäsars Zeit ausgebildet; bei einigen von ihnen gab es schon Könige; der oberste Heerführer, wie bei Griechen und Römern, strebte bereits der Tyrannis zu und erlangte sie zuweilen. Solche glückliche Usurpatoren waren nun keineswegs unbeschränkte Herrscher; aber sie fingen doch schon an, die Fesseln der Gentilverfassung zu brechen. Während sonst freigelaßne Sklaven eine untergeordnete Stellung einnahmen, weil sie keiner Gens angehören konnten, kamen solche Günstlinge bei den neuen Königen oft zu Rang, Reichthum und Ehren. Gleiches geschah nach der Eroberung des Römerreichs von den nun zu Königen großer Länder gewordnen Heerführern. Bei den Franken spielten Sklaven und Freigelaßne des Königs erst am Hof, dann im Staat eine große Rolle; zum großen Theil stammt der neue Adel von ihnen ab.
    Eine Einrichtung begünstigte das Aufkommen des Königthums: die Gefolgschaften. Schon bei den amerikanischen Rothhäuten sahen wir, wie sich neben der Gentilverfassung Privatgesellschaften zur Kriegführung auf eigne Faust bilden. Diese Privatgesellschaften waren bei den Deutschen bereits ständige Vereine geworden. Der Kriegsführer, der sich einen Ruf erworben, versammelte eine Schar beutelustiger junger Leute um sich, ihm zu persönlicher Treue, wie er ihnen, verpflichtet. Der Führer verpflegte und beschenkte sie, ordnete sie hierarchisch; eine Leibgarde und schlagfertige Truppe zu kleineren, ein fertiges Offizierkorps für größere Auszüge. Schwach wie diese Gefolgschaften gewesen sein müssen und auch z. B. bei Odovaker in Italien später erscheinen, so bildeten sie doch schon den Keim des Verfalls der alten Volksfreiheit und bewährten sich als solche in und nach der Völkerwanderung. Denn erstens begünstigten sie das Aufkommen der königlichen Gewalt. Zweitens aber konnten sie, wie schon Tacitus bemerkt, zusammengehalten werden nur durch fortwährende Kriege und Raubzüge. Der Raub wurde Zweck. Hatte der Gefolgsherr in der Nähe nichts zu thun, so zog er mit seiner Mannschaft zu andern Völkern, bei denen es Krieg und Aussicht auf Beute gab; die deutschen Hülfsvölker, die unter römischer Fahne selbst gegen Deutsche in großer Menge fochten, waren zum Theil durch solche Gefolgschaften zusammengebracht. Das Landsknechtswesen, die Schmach und der Fluch der Deutschen,

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