Der Vampirprinz: Royal House of Shadows (German Edition)
und Königin gestürzt und seinen Monstern gestattet, sie zu zerfleischen. Den schrecklichen Monstern aus Nicolais Albträumen, die er auf der Brücke zur Burg gesehen hatte und in seinem Schlafzimmer.
Laila hatte die Wahrheit gesagt. Als das Paar im Sterben lag, hatten sie beide einen Zauber gesprochen. Die Königin hatte ihre Kinder fortgeschickt. Der König hatte in ihnen den Durst nach Rache geweckt. Beide Zauber hatten sich in ihm vereint – und in seinem Zeitmesser. Ein Geschenk seiner Eltern. All ihre Kinder besaßen einen. Selbst Micah, der Jüngste.
Micah, der noch ein Baby war.
Jetzt waren zwanzig Jahre verstrichen. Micah war ein Mann. Außer er wäre auch in einer Zeitblase gefangen gewesen, so wie Nicolai. Oder er lebte nicht mehr.
Nicolai wusste, dass Dayn noch am Leben war. Jetzt, da seine Erinnerungen und seine Gaben zurückgekehrt waren, war er auch in Gedanken wieder mit dem anderen Bluttrinker in seiner Familie verbunden. Er konnte die Unruhe in den Gedanken seines Bruders spüren. Fühlte die Verzweiflung.
Breena war ebenfalls da draußen. Gerüchte besagten, dass sie bei den Berserkern lebte. Doch das konnte nicht sein. Die Berserker hatte man vor langer Zeit ausgerottet. Wo war sie also wirklich?
Und Jane … seine Jane. Manchmal konnte er sie hören, wie er Dayn gehört hatte. Weit entfernt, die Worte und Gefühle gedämpft. Denk jetzt nicht an sie. Du brichst sonst zusammen.
Er hatte sich nie von seinen geliebten Geschwistern verabschieden können. Auch nicht von seinen Eltern. Sein Vater hatte sich so sehr gewünscht, dass Nicolai heiratete, sich wenigstens verlobte, und Nicolai war einverstanden gewesen, sich an jemanden zu binden. Nur hatte er das nie getan. Nicht richtig. Er hatte sich endlich für die Prinzessin von Brokk entschieden, aber er hatte ihr nie ein förmliches Angebot unterbreitet. Wie verzweifelt sein Vater gewesen war!
Er konnte seinem Vater vielleicht keine Braut bieten – wenn er Jane nicht haben konnte, wollte er auch keine andere –, aber er konnte die Rache üben, die sein Vater ihm mit seinem letzten Atemzug auferlegt hatte.
Nicolai wusste, dass es noch nicht zu spät war, denn der Zeitmesser tickte weiter. Erst wenn die Zeiger sich nicht mehr bewegen sollten, und nur dann, war es zu spät. Aber die Zeiger bewegten sich schneller, als sie sollten, und das bedeutete, die Zeit wurde knapp.
Er würde nach Elden zurückkehren, den Blutmagier umbringen und seinen rechtmäßigen Platz auf dem Thron für sich beanspruchen. Nichts konnte ihn aufhalten. Morgen, fügte er in Gedanken hinzu. Morgen würde ihn nichts mehr aufhalten. Er konnte sich noch nicht dazu bringen, Lailas Zelt zu verlassen. Jetzt noch nicht. Es war der letzte Ort, an dem er Jane gesehen hatte.
Jane.
Du sollst doch nicht an sie denken.
Er hörte, wie vor dem Zelt der Rest des Lagers erwachte. Schritte kamen näher, und es war nur noch eine Frage von Minuten, ehe jemand hereinkam. Er stellte sich Prinzessin Laila vor, wie er es schon vorher getan hatte, und hüllte sich in ihr Abbild ein.
Tatsächlich, die Zeltklappen hoben sich, und zwei Wachen traten ein und erwarteten ihre Befehle.
„Verlasst diesen Ort“, hörte er sich selbst sagen. „Sammelt alle und jeden zusammen und kehrt nach Hause zurück.“
„Was ist mit Euch, Prinzessin?“
„Ich bleibe. Geht jetzt.“
An knappe Befehle gewöhnt, verneigten sie sich und verließen das Zelt. Er benutzte schon jahrelang Illusionen, hatte einst seine Brüder und Schwestern geneckt, indem er so tat, als wäre er sie – vor ihren Augen. Sie hatten gelacht und nach mehr gerufen.
In der Erinnerung daran zog sich sein Herz zusammen. Er hätte auch Jane gern auf diese Weise geneckt.
Jane, dachte er wieder. Ihr Blut floss durch seine Adern, erhitzte ihn, erweckte in ihm eine schmerzliche Sehnsucht und ein Prickeln der Lust. Wie sollte er ohne sie leben?
Es war ihm egal, was sie in ihrer Vergangenheit getan hatte. Warum sollte es ihm etwas ausmachen? Sie hatte ihm ihre Vergangenheit bereits gestanden, als er noch gefangen gewesen und sie als Phantom vor ihm aufgetaucht war.
Sie glaubte, er mache ihr deswegen Vorwürfe, befürchtete sogar, dass er sie hasste. Kam sie deshalb nicht zurück? Hatte er sie nicht vom Gegenteil überzeugt, als sie sich in Gedanken unterhalten hatten?
Er hatte keine andere Möglichkeit gehabt. Er hatte Laila davon überzeugen müssen, dass er Jane wirklich umbringen wollte. Statt sie also zu umarmen und zu küssen
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