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Der Vater des Attentäters (German Edition)

Der Vater des Attentäters (German Edition)

Titel: Der Vater des Attentäters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Hawley
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einer langen Steinmauer. Ich stieg aus. Die Sonne schwebte nicht weit über dem Horizont. Meine Beine waren schwach, die Arme schwer, mein Hals fühlte sich geschwollen und wund an. Die Weide stand neben einem kleinen Friedhof. Grabsteine erstreckten sich in einem langgezogenen Rechteck auf einen sanft ansteigenden Hügel zu. Die abendliche Sonne warf lange Schatten auf dickes, grünes Gras. Ich sah auf die Grabsteine und wusste, hier würde Bonnie Kirkland begraben werden, auf dem Friedhof, der schon seit hundert Jahren nicht weit von ihrem Haus entfernt lag. Somit würde der Tod keine so lange Reise für sie werden, es waren vielleicht ein, zwei Kilometer, ein kurzer Spaziergang eine hübsche, ruhige Straße hinunter.
    Ich stellte mir vor, wie mein Sohn auf seinem Fahrrad hier vorbeigekommen war, den Wind im Haar, mit gebräuntem Gesicht, der Körper sehnig und die Seele geerdet von guter Arbeit. Ich stellte mir ein Lächeln auf seinem Gesicht vor, ein Lächeln, das ihm nicht bewusst war.
    In sechs Monaten würden sie ihn hinrichten, am 14. Dezember, eine gute Woche vor Weihnachten. An einem Mittwoch. In seinem orangefarbenen Overall würden sie ihn einen langen Korridor hinunterführen, auf einen Tisch legen und ihm eine Nadel in den Arm stechen. Ich würde durch die Scheibe aus dem Nebenraum zusehen, würde aufstehen, wenn er hereinkam, damit er sah, dass ich da war, damit er wusste, jetzt, in seinen letzten Minuten, war ich da, war da, wo ich die ganze Zeit hätte sein sollen. An seiner Seite.
    Ich würde dabei zusehen, wie er festgeschnallt wurde, und ich würde wissen, dass ich, nachdem ich seinem Sterben zugesehen hatte, nie wieder mit wirklicher Freude lächeln oder gar ausgelassen lachen können würde. Ich würde sehen, wie sie ihn fragten, ob er noch irgendwelche letzten Worte zu sagen habe, und wie er den Kopf schüttelte. Es hatte schon zu viele Worte gegeben. Er hatte gesagt, was er sagen wollte. Sein Blick würde klar sein, sein Körper entspannt. Ich würde durch die Scheibe springen, gegen sie alle ankämpfen und ihm die Nadel aus dem Arm reißen wollen, es aber nicht tun. Wir waren an diesen Ort gelangt, wir beide, und es ließ sich nichts daran ändern. Es war die letzte Etappe der Reise.
    Er war einmal ein kleiner Säugling gewesen, der aus der Brust seiner Mutter getrunken, sprechen gelernt und «Dada» und «Mama» gesagt hatte. Das waren die ersten Worte, die er jeden Morgen sagte, wenn er uns aus seinem Bettchen rief. Er war ein Kind, das es nicht abwarten konnte, was der neue Tag bereithalten mochte. Was für neue Wunder. Ein Junge, der in reinem, ungetrübtem Glück lächelte, wenn er mir ins Gesicht sah, der mir die Hände entgegenstreckte, auf mich zulief und in meinen Armen versank. Er war der Grund, aus dem ich auf diese Welt gekommen war, meine Aufgabe. Aber nun würde er auf diesem Tisch liegen, umgeben von uniformierten Männern, und ich, sein Vater, würde aus dem Nebenraum zusehen, wie sie zurücktraten, an ihre Apparaturen gingen und den Tisch in die Waagrechte brachten.
    Es gibt Dinge auf dieser Welt, die kein Mensch je sollte ertragen müssen. Wir sollten an gebrochenem Herzen sterben, aber wir tun es nicht. Stattdessen sind wir gezwungen weiterzuleben, Zeugnis abzulegen.
    Sie würden den Tisch in die Waagrechte bringen, einen Knopf drücken, und die Chemikalien würden zu fließen beginnen. Der Tod in flüssiger Form. Als Arzt hatte ich es zahllose Male gesehen, die Art, wie sich die Atmung verlangsamt und die Farbe aus der Haut weicht. Man beginnt zu zählen. Die Atemzüge kommen langsamer, die Pause zwischen ihnen wird mit jedem Mal größer, der Körper immer regloser. Der Mensch, den du kanntest, seine Mimik, der Klang seiner Stimme, dieser Mensch, dessen Persönlichkeit in jeder Zelle, in jedem Follikel enthalten war, er löst sich auf. Er holt Luft, und du wartest, aber diesmal währt die Pause ewig. Das Leben schwindet.
    Hier würden wir ihn begraben, auf einem winzigen Friedhof am letzten Ort der Welt, an dem er je glücklich gewesen war. Wir würden seinen Leichnam nach Iowa fliegen und an einem hellen Wintertag um ihn herumstehen. Ohne Lieder, Psalmen oder Predigten. Die Sonne würde ihr Angesicht hinter den Wolken verstecken.
    Ich stand neben einem Friedhof in Iowa und fühlte in meinen Knochen den Schmerz einer unerbittlichen Last. Wind kam auf und fuhr mit einem Flirren in die Weide, dass es klang wie Tropfen, die auf Wasser fielen. Es war Zeit, den Kampf

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