Der Vater des Attentäters (German Edition)
wir ihn bei uns zu Hause behalten, hätten ihn genau beobachtet, statt ihn aus den Augen zu verlieren, wie es dann war.»
Ich konnte den beiden nicht ins Gesicht sehen. Ich wünschte mir, dass meine Worte wahr wären, obwohl ich mir dessen nicht sicher war. Hatten wir denn nicht gewusst, tief in unserem Inneren, dass jedes Kind, das sich selbst überlassen wird, am Ende in Schwierigkeiten kommt? War es nicht die Aufgabe von Eltern, ihre Kinder genau zu beobachten, und sei es nur, damit sie wussten, dass sie geliebt werden?
«Mister Allen», sagte Ted, «ich weiß es zu schätzen, dass Sie hergekommen sind. Ich kann nur ahnen, welche Last Sie mit sich herumtragen, aber Sie müssen sich bei niemandem entschuldigen. Ihr Sohn hat getan, was er getan hat. Er und nur er. Die Leute geben ihren Eltern die Schuld an allem, aber es ist nur eine Ausrede. Ihr Sohn war ein erwachsener Mann, vielleicht nicht besonders erfahren, aber alt genug, um es besser zu wissen. Es geht hier um keine Schulweisheit, die Sie vergessen haben, ihm beizubringen. Oder haben Sie ihm nie gesagt: ‹Du sollst nicht töten!›?»
«Doch, doch», erwiderte ich. «Das haben wir.»
«Nun, da haben Sie es. Er war ein intelligenter Kerl. Er wusste, wie man jemandem richtig die Hand gibt, er lächelte gern und hatte Kraft, wenn es nötig war. Ich habe in meinem Leben eine Menge Leute kennengelernt, und Ihr Sohn war für mich einer der Besseren.»
Bonnie hatte angefangen zu weinen, nicht heftig, sondern still und leise. Es mochte ihr nicht einmal bewusst sein. «Wir haben ihn gebeten, doch zu bleiben», sagte sie, «wenigstens bis Weihnachten. Er schien hier glücklich zu sein, und ich verstand nicht, warum er wegwollte. Warum er irgendwohin wollte, wo er niemanden kannte und wo er niemandem wichtig war?»
«Ich denke, weil er genau daher kam», sagte ich. «Er ist in Flugzeugen groß geworden. Ich glaube, er hat sich nirgends wirklich zu Hause oder geborgen gefühlt. Wir haben uns darum bemüht, aber eine Scheidung ist immer auch ein Heuchelei, und Kinder sind klug. Sie erkennen den Unterschied zwischen dem Leben, das man ihnen verspricht, und dem, das sie tatsächlich führen.»
Wir versanken eine Weile in unseren Gedanken. Ich dachte an meinen Sohn in seiner Zelle. Warum beklagte er sich nie über das Essen, seine Behandlung oder darüber, dass er in der Falle saß und darauf wartete, in den Tod geführt zu werden? Hatte er das Gefühl, den Tod zu verdienen? Dachte er, dass er genau dort war, wo er hingehörte?
«Nun, wenn ich mich schon nicht entschuldigen soll», sagte ich, «so lassen Sie mich Ihnen wenigstens danken. Sie haben meinen Sohn bei sich aufgenommen, sie waren gut zu ihm, und er hat sie dafür geliebt. Vielleicht mehr als seine eigentlichen Eltern. Und ich bin froh darüber, froh, dass er damals zwei Menschen gefunden hat, von denen er wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte.»
Bonnie sah Ted an, mit einem fragenden Blick. Ted nickte, ja doch .
«Er hat uns angerufen», erzählte sie. «In der Woche, als es passiert ist. Vielleicht zwei Tage vorher.»
Ich versuchte, das zu verarbeiten. Mein Sohn, mit dem ich zu dem Zeitpunkt seit Wochen nicht mehr geredet hatte, hatte Ted und Bonnie Kirkland zwei Tage, bevor er einen Menschen ermorden wollte, angerufen.
«Was hat er gesagt?», war alles, was ich hervorbrachte.
«Er sagte, er sei in Kalifornien. Er sei überall gewesen, in Texas, Montana. Er erzählte, er habe die Stelle in Sacramento gesehen, wo diese Frau versucht habe, Präsident Ford zu erschießen, was ich merkwürdig fand. Er sagte, es gehe ihm gut, nur dass er manchmal zu essen vergesse. Ich habe ihm gesagt, wir würden ihn vermissen. Cora würde in ein paar Tagen nach Hause kommen und ob er das nicht zum Anlass nehmen wolle, uns zu besuchen? Ich erzählte ihm auch, die Mexikaner hätten nach ihm gefragt. Das gefiel ihm. Er bat mich, ihnen etwas auszurichten: ‹Me cago en la leche.› »
«Was heißt das?»
«Ich habe es Jorge ausgerichtet, und er fing an zu lachen. Er sagte, es bedeute in etwa: ‹Ich habe Pech gehabt›, aber in weniger vornehmen Worten.»
Ich habe Pech gehabt . Hatte er damit etwas zum Ausdruck bringen wollen? Oder war es nur ein Witz?
«Ich habe Daniel gesagt, er solle genug essen, und ob ich ihm noch ein paar Kekse schicken sollte? Er meinte, er komme schon klar. Er rief von Los Angeles an. Ich wusste, dass seine Mutter da lebte, und er musste mir versprechen, sie anzurufen. Ich sagte ihm,
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