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Der verbotene Turm

Der verbotene Turm

Titel: Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Zeit selbst ist unvergänglich …«
    Ihr Abbild wellte sich wie ein Teich, in den ein Stein geworfen ist, und war verschwunden. Damon, wieder allein in der endlosen grauen Welt, fragte: Im Namen aller Götter gleichzeitig, wie kann ich die Struktur der Zeit selbst in die Schranken fordern? Und für einen Augenblick sah er wie aus großer Höhe das Bild eines in Grün und Gold gekleideten Mannes. Sein Gesicht war halb verdeckt, und Damon konnte nichts deutlich erkennen als einen großen, funkelnden Ring an seiner Hand. Ring oder Matrix? Das Schmuckstück begann, sich zu bewegen, zu schwingen, große Lichtwellen auszusenden, und Damon fühlte sein Bewußtsein sich trüben, vergehen. Er umklammerte die Matrix an seinem Hals und versuchte verzweifelt, sich in der grauen Überwelt zu orientieren. Dann war es vorbei, und er war allein im formlosen, gestaltlosen Nichts. Schließlich erkannte er verschwommen am Horizont die schwachen Umrisse seiner eigenen steinernen Landmarke, die er mit Andrew und Dezi gebaut hatte. Damon verspürte überwältigende Erleichterung, als seine Gedanken ihn dorthin zogen. Ganz plötzlich war er zurück in seinem Zimmer auf Armida, und Andrew beugte sich besorgt über ihn.
    Damon blinzelte. Er bemühte sich, Zufallseindrücke in Zusammenhang zu bringen. Hast du eine Lösung gefunden? Diese Frage stand in Andrews Gedanken, aber Damon wußte es noch nicht. Leonie hatte ihm nicht versprochen, ihnen zu helfen und Callista körperlich und seelisch aus den Banden des Turms freizugeben. Sie konnte es nicht. In der Überwelt konnte sie weder lügen noch ihre Absichten verheimlichen. Sie wollte, daß Callista in den Turm zurückkehrte. Sie war ehrlich der Überzeugung, Callista habe die Chance der Freiheit gehabt und vertan. Aber andererseits konnte sie auch nicht verschweigen, daß es eine Lösung gab und daß diese in den Tiefen der Zeit verborgen sein mußte. Die tödliche Kälte, die ihm bis ins Mark gedrungen war, ließ Damon erschauern. Er zog sich die warme Überjacke fester um die Schultern. War das der einzige Weg?
    In der Überwelt konnte Leonie keine direkte Lüge aussprechen. Aber er hatte das Gefühl, daß sie ihm auch nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Was verbarg sie? Und warum? Wußte sie nicht, daß Damon sie geliebt hatte, daß – die Götter mochten ihm helfen! – er sie immer noch liebte und nie etwas tun würde, das ihr schaden könnte? Damon vergrub das Gesicht in den Händen und rang verzweifelt um Selbstbeherrschung. So konnte er Ellemir nicht gegenübertreten. Er wußte, sein Kummer und seine Verwirrung taten auch Andrew weh, und Andrew verstand die ganze Sache nicht einmal.
    Eine der grundlegenden Höflichkeiten eines Telepathen, ermahnte Damon sich, besteht darin, mit seinem Jammer selbst fertig zu werden, um nicht alle anderen auch elend zu machen … Nach einer Weile gelang es ihm, sich zu beruhigen und seine Barrieren wieder aufzurichten. Er hob Andrew sein Gesicht entgegen. »Ich glaube, ich habe einen Hinweis auf die Lösung. Nicht die ganze Lösung, aber wenn uns genug Zeit bleibt, mag ich sie finden. Wie lange war ich fort?« Er stand auf und trat an den Tisch, auf dem noch die Überreste ihres Abendessens standen, goß sich ein Glas Wein ein und trank ihn langsam. Ihm wurde ein bißchen wärmer davon.
    »Stunden«, antwortete Andrew. »Es muß nach Mitternacht sein.«
    Damon nickte. Der zeitdehnende Effekt einer solchen Reise war ihm bekannt. In der Überwelt lief die Zeit nach einem anderen Maßstab ab, und das nicht einmal gleichmäßig. Manchmal währte eine kurze Unterhaltung Stunden, und dann wieder brachte man eine lange Reise, die subjektiv Tage zu dauern schien, in einem Augenblick hinter sich.
    Ellemir tauchte im Eingang auf und sagte ängstlich: »Gut, daß du noch wach bist, Damon. Komm und sieh dir Callista an. Es gefällt mir gar nicht, wie sie im Schlaf andauernd stöhnt.«
    Damon stellte das Weinglas ab und stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch, bis seine Kraft zurückgekehrt war. Er folgte Ellemir in den Innenraum. Callista schien zu schlafen, ihre Augen waren jedoch halb geöffnet, und als Damon sie berührte, zuckte sie zusammen. Aber es lag kein Bewußtsein in ihren Augen. Andrews Gesicht war angespannt. »Was fehlt ihr denn jetzt, Damon?«
    »Das ist die Krise. Ich habe sie gefürchtet«, sagte Damon, »aber ich rechnete in jener ersten Nacht damit.« Schnell führte er seine Fingerspitzen über ihren Körper, ohne sie zu berühren.

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