Der verbotene Turm
einer menschlichen, von Psi-Kräften bestimmten Zivilisation auf einem anderen Planeten – folgen, aber ansonsten nicht aufeinander aufbauen. Man muß deshalb die anderen Romane nicht gelesen haben, um Gefallen an einem einzigen zu finden oder um den Ereignissen in voller Breite folgen zu können, die diesem bestimmten Roman zugrunde liegen. Und tatsächlich hat Marion Zimmer Bradley die Darkover-Romane auch durchaus nicht chronologisch geschrieben, sondern griff sich nach Gusto jeweils Themen heraus, die zu durchaus verschiedenen Epochen des Planeten gehören.
Eines allerdings haben alle Darkover-Romane miteinander gemein: den großen thematischen Rahmen zum einen, den Konflikt zwischen aufeinanderprallenden Gegensätzen zum anderen.
Der inhaltliche Rahmen ist schnell erzählt: Irgendwann in der Zukunft der Erde geht man daran, andere Planeten zu besiedeln, ein »Imperium« zu errichten. Eines der Kolonistenschiffe geht verloren und macht eine Bruchlandung auf Darkover. Zweitausend Jahre lang sind die Nachkommen dieser Raumfahrer von der terranischen Kultur isoliert, bevor Darkover wiederentdeckt wird, und in dieser Zeit haben sie eine feudalistische Gesellschaft aufgebaut, die von sieben aristokratischen Familien beherrscht wird, deren Angehörige in besonderem Maße über Psi-Kräfte verfügen. Die Ausschmückung der Einzelheiten dieses feudalistischen Systems auf der einen Seite, der teilweise rituellen Handhabung der Psi-Kräfte (Matrices, Bewahrerinnen, Psi-Türme usw.) geben dem Thema das Fleisch, das sicherlich einen Teil der Faszination ausmacht. ( Detailliertere Information zum Darkover-Zyklus enthält ein Aufsatz von Ronald M. Hahn, der gemeinsam mit einem früheren Darkover-Kurzroman der Autorin im »Science Fiction Almanach 1981« (Moewig-SF 3506) enthalten ist .)
Daß daraus mehr wird als eine Kette von Abenteuerschmökern, angesiedelt irgendwo auf der Grenze zwischen Science Fiction und Fantasy, dürfte hingegen an der stets wiederkehrenden Struktur der einzelnen Bände liegen. Die Autorin arbeitet hier an einem einzigen Thema, das sie in immer neuen Facetten ausbreitet, ohne es letztendlich abschließend zu behandeln. Gemeint ist eine strukturell durchgreifende Polarisierung, die jeden der Romane prägt. Linda Leith hat in einem interessanten Artikel in der Universitätszeitschrift Science Fiction Studies die wichtigsten dieser konträren Elemente aufgeführt: Terra steht gegen Darkover, Ratio gegen Intuition, Technologie gegen Instinkt, Establishment gegen Counter-Establishment, Alter gegen Jugend, Heterosexualität gegen Homosexualität, Mann gegen Frau, Künstlichkeit gegen Natur, Bürgertum gegen Feudalismus.
Der übergreifende Gegensatz ist dabei in den meisten Romanen natürlich der Konflikt zwischen der irdischen Technologie und der natürlichen, auf der Beherrschung des Geistes beruhenden Kultur Darkovers, aber die anderen Gegensatzpaare präzisieren jeweils den Hauptgegensatz. Die Autorin bewahrt dabei eine erstaunliche Ambivalenz, das heißt, sie ergreift nicht abschließend Partei für die eine oder andere Seite, kann sich wohl auch nicht so oder so entscheiden, ist hier vielleicht Gefangene der von ihr selbst erfundenen Struktur. Mehr noch: Darkovers Konflikte sind zu einem guten Teil auch die Konflikte der amerikanischen Gesellschaft, durch eine entfremdete Brille betrachtet, und der Grundkonflikt spiegelt die Ratlosigkeit wider, die nicht nur Marion Zimmer Bradley angesichts einer Entwicklung empfindet, die mit dem Fortschritt von Wissenschaft und Technik verknüpfte Heilserwartungen fragwürdig werden ließ.
Marion Zimmer Bradleys größere Romane sind Entwicklungsromane, in denen Menschen heranreifen und zu sich selbst finden. Hier findet die eigentliche Befreiung statt, und hier wurde der Autorin die verdiente Aufmerksamkeit auch der Kritik zuteil. Ganz unsensationell, jahrelang fast unbemerkt, ist Marion Zimmer Bradley im epischen Science Fantasy-Abenteuerroman einen Weg gegangen, der Bewunderung verdient. Dabei ranken sich viele der besten Darkover-Romane um weibliche Protagonisten, ein vor Jahren in der Science Fiction noch sehr ungewohntes Bild, und der Zyklus insgesamt propagiert die Gleichwertigkeit der Frau gegenüber dem Mann.
Aus dem Darkover-Zyklus erschienen bislang in der Reihe Moewig Science Fiction der Kurzroman »Die Expedition der Bittsteller« (The Planet Savers) – enthalten im Science Fiction Almanach 1981 , Moewig-SF 3506 – und Hasturs Erbe (The Heritage
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