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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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sie nicht länger Gilwen, denn das waren sie nicht.
    Vollkommen? Ja. Schön? Mitnichten. Schwarze Kugeln hatte er geschaffen, glänzend wie Blut. Abgründig waren sie wie Löcher aus Lichtlosigkeit. Und er gab ihnen den Namen dunblúod , das ist sowohl ›Zweifresser‹ als auch ›zweierlei Lockung‹. Diese verteilte er an seine bevorzugten Diener und nannte sie fortan dunblúodur . Sie erlitten damit ein grausames Schicksal. Fortan wurden sie getrieben von zweierlei Gier   – der nach endlosem Leben und der nach Knechtschaft in Lukathers Diensten. Auf Befehl ihres Meisters taten sie alles, was er wünschte.
    Die Féar überkam Entsetzen und Schrecken, als sie erkannten, was geschehen war. Denn die Macht ihres Feindes war abermals angewachsen, und er bedrohte sie stärker denn je. Und sie begannen die Margathankhim, die Lukather selbst verfertigte, dáiran zu nennen, das bedeutet Tränen in unserer Sprache. Denn schwarzen Tränen glichen sie, und Trauer folgte ihnen nach. Seine Diener aber nannten sie dáirbáirithirin , das ist Träger der Tränen, und sie sind fürchterlicher als der Tod. Die dáiran können durch keine bisher bekannte Macht zerstört werden; auch vergehen sie nicht und widerstehen allem Feuer, jedem Wasser, selbst dem Wind und jeglicher Gewalt, die in Kringerde auf sie einwirken könnte. Ja, sie trotzen erfolgreich der Zeit selbst, heißt es. Und dann zwingen sie ihre Träger zu endlosem Leben. Wer einst eine dáiran erhielt, hat sie heute immer noch und lebt weiter, seinem Herrn zu Gefallen und seiner Grausamkeit ausgeliefert.«
    »Aber   … meine Güte! Das alles«, meinte Mellow, »das alles ist doch schon vor so langer Zeit geschehen. Wir leben seit Jahrhunderten in Frieden. Das kann uns nach all der Zeit doch gar nicht mehr betreffen.«
    Der Davenamönch vollführte eine verneinende Geste. »Es geschah, in der Tat, vor langer Zeit, Mellow. Aber es geschieht noch immer. Jetzt und dieser Tage! Nicht hier, aber andernorts. Es gibt auf Kringerdes Rücken noch andere Erdteile als Kolryn, und sie sind längst unter den Schatten von Lukathers Herrschaft gefallen. Allein Anglinême ist noch frei, zumindest hoffen wir das. Und Kolryn selbst. Doch irgendwo halten sich die dáirbáirithirin verborgen, und der Tag ihres Hervortretens mag näher sein, als wir annehmen.«
    »Aber diese anderen Erdteile   – sind sie nicht sehr weit entfernt?«, fragte Finn.
    »Ja, aber nicht unerreichbar weit. Wo ein Wille ist, ist immer auch ein Weg. Und Lukathers Wille ist von jeher stark gewesen und nicht von dieser Welt.
    Eines Tages mag er seine Hand nach Kolryn ausstrecken, weil ihm dämmert, dass die Benutcaerdirin diese Lande nicht länger schützen. Und dann wird das Hüggelland nicht mehr sein als   … na, ein Staubkorn, das er achtlos von seinem Fuße schnippt. Wenn er es nicht gar gleich zerquetscht. Es gibt nur eine Hoffnung, und die beruht auf einem Fehler, den Lukather damals, vor jenen langen Jahren, beging. So steht es in der ›lorc’hennië cromairénaë ‹geschrieben. Aber welcher Art dieser Fehler war, gerade diese Stelle des alten Buches ist verbrannt und für immer dem Wissen entzogen, es sei denn, es gibt noch irgendwo eine weitere Abschrift.
    Darauf gründe ich meine Hoffnung, gleichwohl sie dünner istals der dünnste Faden im Netz der winzigsten Spinne. Allein hier im Hüggelland besteht noch Aussicht, fündig zu werden.«
    »Deshalb hast du dich also hierher aufgemacht!«, platzte Finn heraus. »Um den Fehler zu finden.«
    »Nicht den Fehler selbst, Finn: Ich will herauszufinden, worin dieser Fehler bestand. Sonst ist es eine Frage der Zeit, bis Lukather obsiegt. Die Zeit drängt. Alles ist womöglich eher verloren, als wir Davena fürchten.«
    »Dann ist diese Suche der Zweck eurer Mönchsgemeinschaft?«, fragte Mellow.
    »Nicht eigentlich. Das Davenkloster wurde von Daven gegründet, als das Königreich Vindland entstand, das kleinste und schwächste der drei Königreiche. Wissen und Kampfstärke waren von jeher unsere Waffen, scharf gehalten zum Schutz vor Übergriffen aus Revinore oder Arelian. Aber Daven war ein weit blickender Mann, und er schaute zugleich wachsam nach vorn und zurück. Als er von Lukather erfuhr, wurde ihm klar, um wie vieles entsetzlicher dieser Feind im Vergleich mit den beiden Menschenkönigreichen sein würde. Doch allezeit galt: Vindland war nahe, und die Vergangenheit lag vielen Herzen allzu fern. So gab es immer nur wenige innerhalb meines Ordens, die

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