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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Höhe und schoß dann im Galopp davon.
    »Fürst des Elendes also!« sagte Eduard zu sich selbst. »Arndt war es, Arndt! Den hätte sein eigener Bruder nicht erkannt! Darum also wußte er von der Maskerade!«
    Als er zum Verleiher kam und seinen Domino forderte, meinte der Mann freundlich:
    »Als Sie bei mir waren, stand mir nur der Domino zur Verfügung. Heute aber kann ich Ihnen etwas Besseres bieten, wenn Sie einige Gulden mehr anlegen wollen.«
    »Was ist es?«
    »Eine prächtige Charactermaske. Da hängt sie. Kaufmann Strauch hatte sie für sich bestellt, hat sie aber vorhin abgesagt.«
    Wie herrlich sich das paßte! Er trat an Strauchs Stelle und konnte auch dessen Maske erhalten!
    »Was kostet sie?«
    »Sechs Gulden, gleich zu bezahlen.«
    Heute brauchte Eduard nicht so zu rechnen, wie vor einigen Tagen.
    »Ich nehme sie. Packen Sie sie mir ein. Hier ist das Geld!«
    In kurzer Zeit befand er sich wieder unterwegs. Er vermied es, als er sein Städtchen erreichte, durch die Straßen zu gehen. Man sollte das Packet nicht sehen, welches er trug. Er befürchtete, daß man errathen könne, was es enthalte. Daher schlug er den Weg hinter den Häusern ein.
    Er kam aber doch nicht unbemerkt nach Hause. Gerade da, wo er ganz eng vorüber mußte, an dem Pförtchen ihres Hintergärtchens, stand Angelica. Sie war beschäftigt, mit dem Besen den Schnee zu entfernen und Bahn zu machen.
    Als sie ihn kommen hörte, blickte sie auf. Ihr Gesicht wurde glühend roth, da sie sah, wer es war. Sie drehte sich um, als ob sie ihn gar nicht sehen, gar nichts von ihm wissen wolle. Dieses Verhalten schnitt ihm in die Seele. Er sah die Gelegenheit, ihr noch ein gutes Wort zu geben. Sollte er dies unterlassen, wo es doch vielleicht fruchten konnte? Nein. Er wollte sich später keine Vorwürfe zu machen haben. Darum blieb er bei ihr stehen und sagte: »Engelchen!«
    Sie wandte ihm den Rücken zu und kehrte so emsig, daß der Schnee zu beiden Seiten wie Staub und Mehl emporflog.
    »Engelchen!«
    Sie that, als hätte sie ihn auch jetzt noch nicht gehört.
    »Angelica!«
    Jetzt wendete sie sich ihm ein Wenig zu, arbeitete aber, ohne aufzublicken, mit dem gleichen Eifer fort.
    »Fräulein Hofmann!«
    Jetzt fuhr sie empor, warf ihm einen stolzen Blick zu und fragte:
    »Herr Hauser! Was wünschen Sie?«
    Da ging ihm das gute, treue Herz noch einmal auf. Er streckte ihr die Hand entgegen und antwortete: »Versöhnung will ich, Engelchen, Versöhnung! Schlag ein, schlag ein!«
    »Ich brauche mich nicht zu versöhnen; ich habe nicht angefangen!«
    »Aber wohl ich?«
    »Ja; wer sonst?«
    »Nun wohl, so will ich schuld sein und Dich um Verzeihung bitten. Sei wieder gut, liebes Engelchen! Komm her und gieb mir die Hand!«
    Sie schüttelte den Kopf und sagte:
    »So schnell kann das nicht gehen. Erst muß ich mich erkundigen.«
    »Wonach?«
    »Wenn ich wieder gut mit Dir bin, so muß ich mich wohl nach Dir richten?«
    »Mit der Maskerade? Ja!«
    »So danke ich schön! Die mache ich mit! Komme nach dem Maskenfeste wieder. Vielleicht bin ich dann geneigt, Dir zu vergeben!«
    Sein Gesicht verlor die Farbe.
    »Engelchen!« sagte er. »Du bist ja niemals so gewesen! Was Du sagst, klingt ja ganz und gar wie Gift und Galle!«
    »Solls etwa wie Honig klingen?«
    »Nein; aber verständig sein soll es wenigstens.«
    Da stemmte sie die Arme in die Seiten und fragte schnippisch:
    »Bin ich etwa unverständig, he?«
    »Ja, wenn Du meinst, daß ich nach der Maskerade noch derselbe sein soll, wie jetzt. Aber ich will ja nicht rechten, sondern ich will gute Worte geben! Komm her, Engelchen! Gieb mir die Hand! Schau, ich will Dir gestehen, daß ich um Dich geweint habe; das soll ein Mann doch nicht. Aber nun weißt Du Alles, Alles, Alles! Wollen wir wieder gut sein miteinander?«
    Sie blickte zu Boden nieder. Sie fühlte, daß sie wohl nicht lange widerstehen könne, wenn sie ihm in die Augen schaue. Und doch mußte sie dem Vater gehorchen. Und doch wollte sie selbst so gern in dem schönen Anzuge glänzen! Dieser Gedanke gab ihrem Gesichte, welches sich bereits hatte aufhellen wollen, die vorige Härte wieder. Sie antwortete in trotzigem Tone:»Ja; aber jetzt nicht!«
    »Wann sonst?«
    »Morgen!«
    »Engelchen, nicht eher? Ueberlege wohl was Du sagst!«
    »Nein, nicht eher! Ich sag’s jetzt und sag’s zum letzten Male!«
    »So sind wir geschiedene Leute für immerdar! Lebe wohl!«
    Er wendete sich um und ging. Aber noch hatte er kaum fünf Schritte gethan, so kehrte

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