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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ruhe, und sagen Sie es mir lieber sogleich; dann sind wir im Klaren.«
    »Gut! Dieser Herr ist – erschrecken Sie nicht! – der Fürst des Elendes.«
    Schulze fuhr gleich ein paar Schritte zurück.
    »Machen Sie keinen dummen Spaß!« sagte er.
    »Es ist nicht Spaß, sondern Wahrheit!«
    »Wahrheit? Wirklich Wahrheit?« fragte er Arndt.
    »Ja, mein Lieber. Man hat mir den Namen Fürst des Elendes gegeben.«
    »Also doch, doch, doch! Herr das ist eine Freude, eine Freude, wie ich seit langen, langen Jahren keine gehabt habe. Alle Welt sehnt sich, Sie einmal zu sehen. Ich hatte nicht gedacht, daß es gerade mir passiren würde, und zwar heute Nacht, wo ich im Begriffe –«
    Er stockte verlegen. Arndt fuhr fort:
    »Wo Sie im Begriffe standen, ein klein Wenig den Holzspitzbuben zu spielen.«
    »Na, ja; da Sie es sind, will ich es eingestehen. Ich verdiene drei Gulden und meine Frau nicht viel über einen. Das macht vier Gulden in der Woche. Sie mögen ausrechnen, ob man davon leben kann. Wir sollen wegen rückständiger Abgaben ausgepfändet werden. Ich weiß wahrhaftig nicht, woher ich das Geld nehmen soll, und so kam mir der Gedanke, in den Wald zu gehen.«
    »Sie mit Ihrem einen Arm! Einen Baum umsägen!«
    »Pah! Hätte er mich getroffen und todtgeschlagen, so wäre es aus! Ich habe das Leben satt!«
    »Das dürfen Sie nicht sagen! Es giebt keine Noth, aus der nicht Hilfe möglich wäre.«
    »Das sagt meine Frau auch; dabei aber essen wir Suppe von Kartoffelschalen!«
    »Sie werden bald etwas Kräftigeres essen. Ich will Ihr Arzt sein und Ihnen Ihre Diät vorschreiben. Was meinen Sie, Herr Wilhelmi, soll ich ihm so ein Recept geben, wie auch Sie bekommen haben?«
    Der Gefragte nickte lachend mit dem Kopfe und antwortete:
    »Ich würde es ihm gönnen. Bessere Recepte kann wohl kein Arzt verschreiben.«
    »Nun, so wollen wir sehen, ob es auch ihm Hilfe bringt!«
    Er zog eine Banknote von hundert Gulden hervor und gab sie dem Hundejungen. Dieser betrachtete den Schein mit weit aufgerissenen Augen und sagte: »Alle guten Geister! Das sind ja hundert Gulden!«
    »Nun ja!« lachte Wilhelmi.
    »Das heißt, ein ganzes Vermögen!«
    »Und das gehört Ihnen.«
    »Mir? Was? Wie? Mir?«
    »Ja. Dieser Herr schenkt es Ihnen, ja.«
    »Ist das wahr, wirklich wahr?« fragte er Arndt.
    »Gewiß, gewiß, mein Lieber. Nehmen Sie diese Summe, und versuchen Sie, Ihre augenblickliche Noth damit zu lindern.«
    »Herrgott, welch eine Freude, welch ein Glück! Herr, ich danke Ihnen! Sie machen damit glückliche Menschen! Ein solches Geld habe ich all mein Lebtage nicht in der Hand gehabt. Jetzt frage ich den Teufel mehr nach dem Waldkö –«
    Er hielt bestürzt inne. Er hatte sich von seiner Freude hinreißen lassen, einen Namen zu nennen, den in solcher Beziehung auszusprechen außerordentlich gefährlich war.
    »Sprechen Sie nur weiter,« sagte Arndt.
    »O, ich weiß gar nicht mehr, was ich eigentlich sagen wollte,« antwortete Schulze ganz verlegen.
    »So will ich Ihnen helfen. Sie wollten sagen, daß Sie nun nicht mehr nach dem Waldkönige fragen wollen.«
    »Nach dem? O, der ist mir gar nicht in den Sinn gekommen!«
    »Nicht? Bitte, besinnen Sie sich! Warum sollte er Ihnen nicht in den Sinn kommen, da er doch schon zu Ihnen in die Stube gekommen ist?«
    »In die Stube?«
    »Ja, in diese Stube.«
    »Wann denn?«
    Man sah es ihm an, daß er sich ganz bestürzt fühlte.
    »Heute,« antwortete Arndt, »vor kaum drei Viertelstunden.«
    »Herr, ich begreife Sie nicht! Ich weiß gar nicht, was Sie sagen wollen.«
    »Ich habe ihn ja bei Ihnen gesehen?«
    »Sie? Sie waren ja gar nicht da?«
    »Er gab Ihnen einen Brief, den Sie morgen dem Schmied Wolf überbringen sollen.«
    Schulze fuhr zurück, als ob er auf eine Schlange getreten sei, und rief abwehrend:
    »Wo denken Sie hin! Ich weiß nichts von einem Briefe!«
    Da meinte Wilhelmi begütigend zu ihm:
    »Fürchten Sie sich nicht, Nachbar! Dieser Herr weiß Alles. Auch ich habe ihm gestanden, daß der Pascherkönig zu mir gekommen ist. Er wird ihn fangen und uns von ihm befreien.«
    »Fangen? O, den fängt Keiner!«
    »Auch der Fürst des Elendes nicht?«
    »Ah, ja, ich dachte daran nicht! Ja, Herr, wenn Einer ihn fangen kann, so sind Sie es; das gebe ich zu.«
    »Aber allein bringe ich das nicht fertig; ich muß mir Ihre Mithilfe erbitten. Wollen Sie?«
    Schulze blickte Wilhelmi fragend an. Dieser sagte:
    »Ich kann Ihnen nur rathen, offen zu sein. Ich bin es ja auch gewesen.«
    »Aber wenn

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