Der Verrat
werden, und die Vergleichsverhandlungen hatten RiverOaks offenbar einen großen Schrecken eingejagt. Vielleicht hatte es Drohungen gegeben, vielleicht hatte die Gesellschaft beschlossen, sich lieber jetzt mit einem kleineren Betrag zu beteiligen - wir würden es nie erfahren.
Ich setzte mich nicht auf die Geschworenenbank, sondern neben Mordecai. Wilma Phelan war gegangen.
»Wir haben’s fast geschafft«, sagte DeOrio.
»Und wir erwägen, unser Angebot zurückzuziehen«, erwiderte Mordecai in barschem Ton. Wir hatten nichts besprechen, und weder die anderen Anwälte noch der Richter hatten diese Möglichkeit in Betracht gezogen. Sie zuckten zusammen und sahen einander an.
»Setzen Sie sich«, sagte der Richter.
»Ich meine es ernst, Euer Ehren. Je länger ich hier sitze, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass diese Schmierenkomödie vor einem Schwurgericht verhandelt werden sollte. Was Mr. Brock betrifft, so kann seine ehemalige Kanzlei die Strafsache gegen ihn getrost durchziehen - das ist sowieso keine große Sache.
Die Kanzlei hat ihre Akte, und Mr. Brock ist nicht vorbestraft. Jeder weiß, dass die Gefängnisse mit Drogendealern und Mördern überfüllt sind, und die Anklage gegen ihn ist ein Witz. Er wird also nicht ins Gefängnis gehen müssen. Und das Disziplinarverfahren soll ruhig seinen Gang gehen. Ich werde eine Beschwerde gegen Braden Chance und vielleicht ein paar andere beteiligte Anwälte einreichen, und dann können wir ein Wettspucken veranstalten.« Er zeigte auf Arthur und sagte: »Wenn Sie zur Zeitung gehen, gehen wir auch zur Zeitung.«
Dem Rechtsberatungsbüro in der 14th Street könne es egal sein, was die Zeitungen schrieben, fuhr er fort. Wenn Gantry sich über seinen Ruf Gedanken mache, so zeige er es jedenfalls nicht. Auch RiverOaks werde trotz schlechter Presse weiterhin gute Geschäfte machen. Nur die Kanzlei Drake & Sweeney sei auf eine gute Reputation angewiesen.
Mordecais Ausbruch kam ganz unvermittelt, und sie waren vollkommen überrumpelt.
»Sind Sie fertig?« fragte DeOrio.
»Ich glaube schon.«
»Gut. Das Angebot ist auf vier Millionen erhöht worden.«
»Wenn sie vier Millionen zahlen können, können sie auch fünf Millionen zahlen.«
Mordecai zeigte wieder auf die Drake & Sweeney-Anwälte. »Diese Kanzlei hat im letzten Jahr fast siebenhundert Millionen Dollar eingenommen.« Er hielt inne und ließ die Worte wirken. »Siebenhundert Millionen, allein im letzten Jahr.«
Er zeigte auf die RiverOaks-Anwälte. »Und diese Gesellschaft besitzt Immobilien im Wert von dreihundertfünfzig Millionen Dollar. Ich will ein Schwurgerichtsverfahren.«
Als er schließlich schwieg, fragte DeOrio noch einmal: »Sind Sie fertig?«
»Nein, Euer Ehren«, antwortete er und wurde mit einemmal ganz ruhig. »Wir sind einverstanden mit einer sofortigen Zahlung von zwei Millionen: eine Million für die Erben, eine Million für unser Honorar. Der Rest von drei Millionen kann über die nächsten zehn Jahre verteilt werden - dreihunderttausend Dollar pro Jahr, zuzüglich der üblichen Zinsen. Ich bin sicher, die Beklagten können einen Betrag von dreihunderttausend Dollar im Jahr verschmerzen. Sie werden vielleicht Mieten und Honorarsätze erhöhen müssen, aber wie man das macht, wissen sie ja.«
Ein gegliederter Vergleich mit einer über Jahre gestaffelten Zahlung erschien vernünftig. Wegen der mangelnden Verlässlichkeit der Erben und der Tatsache, dass die meisten von ihnen noch gar nicht gefunden waren, würde das Gericht mit Argusaugen über das Geld wachen.
Mordecais Vorschlag war geradezu genial. Die Drake & Sweeney-Anwälte entspannten sich sichtlich. Er hatte ihnen einen Ausweg gezeigt.
Jack Bolling beriet sich mit ihnen. Gantrys Anwälte hörten zu, waren aber fast ebenso gelangweilt wie ihr Mandant.
»Wir sind einverstanden«, verkündete Arthur. »Doch wir bleiben bei unserer Forderung bezüglich Mr. Brock. Wir wollen eine einjährige Aberkennung seiner Zulassung, oder es gibt keinen Vergleich.«
Plötzlich hasste ich Arthur wieder. Es war ihr letzter Trumpf, und in dem Versuch, ihr Gesicht zu wahren, wollten sie so viel wie möglich herausschlagen.
Doch Arthur befand sich nicht in einer Position der Stärke. Er war verzweifelt, und man sah es ihm an.
»Was für einen Unterschied würde das machen?« schrie Mordecai ihn an. »Er ist bereit, die Demütigung einer Aberkennung seiner Zulassung hinzunehmen. Was haben Sie davon, wenn es sechs Monate mehr sind? Das ist
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