Der Verrat
mindestens neunzig Tage ein kleines Zimmer mit einem warmen Bett haben.
Bevor wir losgefahren waren, hatte sie bei Naomi geduscht und sich umgezogen.
Megan hatte ihre Garderobe und die Reisetasche gründlich nach Drogen durchsucht und nichts gefunden. Es war eine Verletzung der Privatsphäre, aber bei Süchtigen galten andere Regeln.
Bei Sonnenuntergang kamen wir an. Megan fuhr ein-, zweimal im Jahr hierher. Der Schlüssel lag unter der Matte.
Ich bekam das Schlafzimmer im Erdgeschoss, was Ruby erstaunte. Die anderen beiden Schlafzimmer waren im ersten Stock, und Megan wollte nachts in Rubys Nähe sein.
Am Samstag regnete es. Es war ein kalter, windverwehter Regen, der vom Meer hereinkam. Ich saß unter einer dicken Decke allein auf der Verandaschaukel, schwang leise vor und zurück und lauschte, verloren in eine Traumwelt, auf das Geräusch der Brandung. Die Verandatür fiel ins Schloss, die Fliegentür klappte, und Megan setzte sich neben mich, hob die Decke an und schmiegte sich an mich.
Ich hielt sie fest; hätte ich das nicht getan, dann wäre sie von der Schaukel gefallen.
Sie war leicht zu halten.
»Wo ist unsere Mandantin?« fragte ich.
»Sie sieht fern.«
Eine Bö trieb Sprühregen in unsere Gesichter, und wir schmiegten uns enger aneinander. Die Ketten, an denen die Schaukel aufgehängt war, quietschten lauter und verstummten, als unsere Bewegung fast zum Stillstand kam. Wir sahen den Wolken zu, die über das Meer heranzogen. Zeit spielte keine Rolle mehr.
»Woran denkst du?« fragte sie leise.
An alles und nichts. Fern der Stadt konnte ich zum erstenmal zurückblicken und versuchen, in dem, was geschehen war, einen Sinn zu entdecken. Vor zweiunddrei-ßig Tagen war ich mit jemandem verheiratet gewesen, hatte in einer anderen Wohnung gewohnt, in einer anderen Kanzlei gearbeitet und hatte die Frau, die ich jetzt in den Armen hielt, noch gar nicht gekannt. Wie konnte sich das Leben innerhalb eines Monats so grundlegend verändern?
Ich wagte nicht, an die Zukunft zu denken; die Vergangenheit war noch nicht vorbei.
DANKSAGUNG
Bevor ich dieses Buch schrieb, hatte ich mir nie viele Gedanken über Obdachlose gemacht. Und ich kannte niemanden, der mit ihnen arbeitete.
In Washington stieß ich auf die Washington Legal Clinic for the Homeless und lernte Patricia Fugere, die Leiterin, kennen. Sie und ihre Kolleginnen - Mary Ann Luby, Scott McNeilly und Melody Webb O’Sullivan - führten mich in die Welt der Obdachlosen ein. Ich möchte ihnen herzlich für ihre Mühe und Unterstützung danken.
Bedanken möchte ich mich auch bei Maria Foscarinis vom National Law Center on Homelessness and Poveriy, bei Willa Day Morris von Rachael’s Women’s Center, bei Mary Popit von New Endeavors by Women sowie bei Bruce Ca-sino und Bruce Sanford von Baker & Hostetler.
Will Denton hat das Manuskript gegengelesen und Änderungen bezüglich der juristischen Feinheiten vorgeschlagen. Jefferson Arrington hat mir die Stadt gezeigt. Jonathan Hamilton hat recherchiert. Danke!
Für die echten Mordecai Greens und ihre Arbeit an der vordersten Front.
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