Der Verschollene
Händeklatschen. "Es hört noch jemand zu! " rief Karl aufgerüttelt. "Mack", sagte Klara leise. Und schon hörte man Mack rufen: "Karl Roßmann, Karl Roßmann! "
Karl schwang sich mit beiden Füßen zugleich über die Klavierbank und öffnete die Tür. Er sah dort Mack in einem großen Himmelbett halb liegend sitzen, die Bettdecke war lose über die Beine geworfen. Der Baldachin aus blauer Seide war die einzige ein wenig mädchenhafte Pracht des sonst einfachen, aus schwerem Holz eckig gezimmerten Bettes. Auf dem Nachttischchen brannte nur eine Kerze, aber die Bettwäsche und Macks Hemd waren so weiß, daß das auf sie fallende Kerzenlicht in fast blendendem Widerschein von ihnen strahlte;
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auch der Baldachin leuchtete wenigstens am Rande mit seiner leicht gewellten, nicht ganz fest gespannten Seide. Gleich hinter Mack versank aber das Bett und alles in vollständigem Dunkel.
Klara lehnte sich an den Bettpfosten und hatte nur noch Augen für Mack.
"Servus", sagte Mack und reichte Karl die Hand. "Sie spielen ja recht gut, bisher habe ich bloß Ihre Reitkunst gekannt. " "Ich kann das eine so schlecht wie das andere", sagte Karl. "Wenn ich gewußt hätte, daß Sie zuhören, hätte ich bestimmt nicht gespielt. Aber Ihr Fräulein" – er unterbrach sich, er zögerte
"Braut" zu sagen, da Mack und Klara offenbar schon mit einander schliefen. "Ich ahnte es ja", sagte Mack, "darum mußte Sie Klara aus NewYork hierherlokken, sonst hätte ich Ihr Spiel gar nicht zu hören bekommen. Es ist ja reichlich anfängerhaft und selbst in diesen Liedern, die Sie doch eingeübt hatten und die sehr primitiv gesetzt sind, haben Sie einige Fehler gemacht, aber immerhin hat es mich sehr gefreut, ganz abgesehen davon, daß ich das Spiel keines Menschen verachte. Wollen Sie sich aber nicht setzen und noch ein Weilchen bei uns bleiben. Klara gib ihm doch einen Sessel. " "Ich danke", sagte Karl stockend.
"Ich kann nicht bleiben, so gern ich hier bliebe. Zu spät erfahre ich, daß es so wohnliche Zimmer in diesem Hause gibt. " "Ich baue alles in dieser Art um", sagte Mack.
In diesem Augenblick erklangen zwölf Glockenschläge, rasch hintereinander, einer in den Lärm des andern dreinschlagend, Karl fühlte das Wehen der großen Bewegung dieser Glocken an den Wangen. Was war das für ein Dorf, das solche Glocken hatte!
"Höchste Zeit", sagte Karl, streckte Mack und Klara nur die Hände hin ohne sie zu fassen und lief auf den Gang hinaus. Dort
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fand er die Laterne nicht und bedauerte dem Diener zu bald das Trinkgeld gegeben zu haben. Er wollte sich an der Wand zu der offenen Türe seines Zimmers hintasten, war aber kaum in der Hälfte des Weges, als er Herrn Green mit erhobener Kerze eilig heranschwanken sah. In der Hand, in der er die Kerze hielt, trug er auch einen Brief.
"Roßmann warum kommen Sie denn nicht? Warum lassen Sie mich warten? Was haben Sie denn bei Fräulein Klara getrieben?" "Viele Fragen!" dachte Karl, "und jetzt drückt er mich noch an die Wand", denn tatsächlich stand er dicht vor Karl, der mit dem Rücken an der Wand lehnte. Green nahm in diesem Gang eine schon lächerliche Größe an und Karl stellte sich zum Spaß die Frage, ob er nicht etwa den guten Herrn Pollunder aufgefressen habe.
"Sie sind tatsächlich kein Mann von Wort. Versprechen um zwölf Uhr hinunterzukommen und umschleichen statt dessen die Tür Fräulein Klaras. Ich dagegen habe Ihnen für Mitternacht etwas Interessantes versprochen und bin damit schon da. "
Und damit reichte er Karl den Brief. Auf dem Umschlag stand
"An Karl Roßmann. Um Mitternacht persönlich abzugeben, wo immer er angetroffen wird. " "Schließlich", sagte Herr Green während Karl den Brief öffnete, "ist es, glaube ich, schon anerkennenswert daß ich Ihretwegen aus Newyork
hierhergefahren bin, so daß Sie mich durchaus nicht noch auf den Gängen Ihnen nachlaufen lassen müßten. "
"Vom Onkel!" sagte Karl kaum, daß er in den Brief hineingeschaut hatte. "Ich habe es erwartet", sagte er zu Herrn Green gewendet.
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"Ob Sie es erwartet haben oder nicht, ist mir kolossal gleichgiltig. Lesen Sie nur schon", sagte dieser und hielt Karl die Kerze hin.
Karl las bei ihrem Licht: Geliebter Neffe! Wie Du während unseres leider viel zu kurzen Zusammenlebens schon erkannt haben wirst, bin ich durchaus ein Mann von Principien. Das ist nicht nur für meine Umgebung sondern auch für mich sehr unangenehm und traurig, aber ich verdanke meinen Principien alles was
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