Der viel zu schoene Traum
Gäste kämen.
„Kinder”, sagte sie mit samtiger Stimme, „wartet auf der Terrasse. Nehmt euch ruhig ein paar Schnittchen, aber nicht so viele, dass euch schlecht wird, und bekleckert nicht eure Sachen. Ich habe einen Fotografen bestellt, um später ein Familienfoto zu machen.”
Mit einem fröhlichen „Ja, Tante Frannie!” eilten die beiden davon.
„Einen Moment noch. Ich möchte kurz mit dir sprechen”, sagte Frannie, als Ella, die wusste, dass sie ungeachtet der Party die ganze Zeit für die Kinder verantwortlich sein würde, ihnen folgen wollte.
Frannie wartete, bis Hawk in seinem Zimmer verschwunden war. Als sie hörte, dass er die Tür geschlossen hatte, ging sie die Treppe hinauf. Sie trug das glitzernde Paillettenkleid, das Ella am ersten Tag so bewundert hatte. Der Seitenschlitz gab den Blick auf ein schlankes Bein frei. Ihr Haar war von silbernem Blond, und gerade und modern geschnitten.
Neben ihr kam Ella sich regelrecht bäuerlich vor. Mit einem Schlag schien sie wieder in die Zeit ihres ersten Balles zurückversetzt worden zu sein, als es nur einiger verächtlicher Blicke bedurft hatte, damit sie sich gefühlt hatte, als wäre sie von einer Prinzessin in eine Kröte verwandelt worden. Fast hätte sie vor Frannie wie vor einer Hoheit geknickst, als die sie von oben bis unten musterte.
„Meine Liebe, ich glaube, es gibt da ein furchtbares Missverständnis.”
Ella erstarrte innerlich. Frannies Tonfall war höflich, aber ihr Blick voll kalter Wut.
„Ich schließe aus deiner durchaus charmanten Aufmachung darauf, dass du denkst, du würdest an der Party teilnehmen. Das tut mir wirklich Leid, aber ich dachte, es sei selbstverständlich, dass du dich heute Abend nur um die Kinder kümmerst und dich ansonsten fern hältst.”
„Natürlich, gern”, sagte Ella trotz ihrer Enttäuschung. Doch der Blick, mit dem Hawk sie vor ein paar Minuten angeschaut hatte, hatte ihr so viel bedeutet, dass es ihr nun egal war, ob sie auch mit ihm tanzen würde oder nicht.
Ihre klaren Worte genügten Frannie offenbar nicht, denn sie fuhr fort: „Ich habe sehr wohl bemerkt, wie du Hawk eben angesehen hast. Die Verliebtheit, die du so schlecht verbergen kannst, hat mir schon große Schuldgefühle verursacht, so dass ich kein Wort über die Lippen gebracht hatte. Dabei hätte ich dich viel früher einweihen sollen und dir damit vielleicht großen Kummer erspart.”
„Was meinst du?” fragte Ella. Sie wollte nicht um den heißen Brei herumreden. Wortspiele und affektiertes Geplänkel waren ebenso wenig ihr Stil wie Kleider mit silbernen Pailletten.
„Ich sage es dir ungern auf diese Weise, aber du musst wissen, dass das heutige Abend viel mehr als eine Hauseinweihungsparty ist. Es ist eine Verlobungsfeier.”
Ella sah sie verständnislos an.
„Mein liebes Kind, Hawk und ich werden heiraten.”
13. KAPITEL
Frannies Worte klangen wie dröhnende Schläge in Ellas Kopf nach.
„Meinen Glückwunsch”, brachte sie mit Mühe hervor.
Sie hatte sich also nicht geirrt, was das Schmuckkästchen in Hawks Brusttasche anging. Aber sie hatte sich gründlich getäuscht, was die Empfängerin dieses Ringes betraf. Doch es hatte keinen Sinn, dass sie sich jetzt auch noch selbst für ihre Dummheit niedermachte. Frannie zeigte es ihr bereits überdeutlich, was für eine Närrin sie war - zu glauben, dass Hawk vor ihr, der kleinen Ella, auf die Knie fallen und sie um ihre Hand bitten würde!
„Ich sehe an deinem Gesichtsausdruck, dass dich das überrascht. Du hegst ja ganz offenkundig selbst gewisse Gefühle für Hawk, und das kann ich dir nicht vorwerfen. Aber ich kann nicht fassen, dass du glaubtest, dein Flirt würde je zu etwas Ernstem führen.”
Ella biss sich auf die Lippen. Warum nicht? wollte sie fragen.
Ist es so unwahrscheinlich, dass Hawk sich in mich verliebt?
Aber sie nickte nur und hoffte, dass Hawks wunderschöne Verlobte den Mund halten und aufhören würde, sie zu quälen.
„Ich möchte dir wirklich nicht wehtun, Ella.”
Einen Moment lang trat ein Ausdruck des Bedauerns in Frannies blaue Augen, so dass man fast glauben könnte, sie meinte es ernst.
Frannie holte tief Luft. Sie wusste, dass sie Ellas Selbstbewusstsein weiter untergrub - ganz offenbar war sich das Kindermädchen seiner Schönheit überhaupt nicht bewusst - aber das Leben und die Liebe waren nun einmal nicht immer fair.
„Du wirst verstehen, dass ein Mann wie Hawk eine Frau braucht, die nicht nur seine Kinder aufzieht, sondern
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