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Der Vormacher

Der Vormacher

Titel: Der Vormacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferdinand Decker
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zu mir hinüber.
    »Henri«, sagt sie, »ich muss dir was sagen.«
    Ich schaue ihr in die Augen.
    »Ich habe mir das heute Abend ehrlich gesagt anders vorgestellt«, sagt sie, »aber das macht nichts. Ich –«
    Sie sucht nach Worten. Ich hänge an ihren Lippen. Küss mich, Theodora.
    »Ja?«
    »Jana ist eine tolle Frau«, sagt sie. »Ich bin wirklich froh für euch beide.«
    Sie wird rot. Ich ziehe meinen Stuhl näher an den Tisch. Mein Enthusiasmus ist zu groß, als dass ich ihn noch unter meinen übereinandergeschlagenen Beinen verstecken könnte.
    »Ich meine, ich finde es toll«, sagt sie, »dass ihr Kinder haben wollt.«
    Hat Jana das gerade gesagt? Warum erzählt sie denn so was? Die ganze Herzlichkeit, war das nur Show, um Theodora aus dem Feld zu schlagen?
    »Na ja«, sage ich, »das dauert alles noch seine Zeit.«
    »Für gewöhnlich neun Monate«, kichert Theodora. Ich finde das weniger lustig.
    »Das meine ich nicht«, sage ich verzweifelt. »Erst kommt da eine Untersuchung, ob alles in Ordnung ist und so, dann muss sie die Pille absetzen, das dauert alles seine Zeit. So einfach ist das nicht.«
    »Das kriegt ihr schon hin«, sagt Theodora mitfühlend. Da kommt Jana auch schon wieder zurück, viel zu schnell, als ob sie nur ihre Hände gewaschen hätte. Sie setzt sich und lächelt uns zu – nein, eigentlich lächelt sie vor allem Theodora zu. Es ist, als ob sich die beiden gegen mich verschworen hätten. Aber der Abend birgt noch eine Überraschung.
    »Das war übrigens supernett von dir, Henri«, sagt Theodora, und sie meint nicht die Einladung zum Kino. Sie wendet sich an Jana. »Hat Henri überhaupt davon erzählt?«
    Jana macht ein fragendes Gesicht.
    »Das Titronal-Projekt«, erklärt Theodora. »Der Chef wollte mir einen reinwürgen, aber Henri hat mich gerettet.«
    »Titronal?«, fragt Jana. »Das ist doch eine Kopfschmerztablette?«
    »Der Chef mag mich nicht, deshalb muss ich immer nur Schreibkram erledigen«, sagt Theodora. »In einem schwachen Moment hat er mir dann endlich doch mal ein eigenes Projekt gegeben. Ich hatte schon ein paar Entwürfe, aber ich war vor dem Urlaub nicht mehr fertig geworden. Also hat der Chef das Projekt an Henri weitergegeben, ohne mich zu informieren. Damit wäre all meine Arbeit umsonst gewesen! Und der Chef hätte noch einen Grund mehr, mir keine eigenen Projekte zu geben. Aber Henri hat mich gerettet.«
    Sie strahlt mich an. Wovon redet sie eigentlich? Ich lächle wissend zurück.
    »Was hat Henri denn gemacht?«, erkundigt sich Jana.
    »Er hat innerhalb eines Tages ein komplettes Konzept entworfen, mit allem Drum und Dran, aber mit einem total bescheuerten Slogan. Wie war das noch, Henri?«
    Ich werde rot.
    »Titronal, das kannste einpacken!«, sage ich.
    Theodora bricht in Gelächter aus. Jana fällt ein. Ich mache ein souverän-belustigtes Gesicht.
    »Das hätte sich keiner getraut«, sagt Theodora. »So was. Jedenfalls ist dem Chef nichts anderes übrig geblieben, als mir das Projekt zu lassen, und heute Morgen habe ich alles abgeliefert. Ist richtig gut geworden! Der Chef hat versprochen, dass ich bald ein neues Projekt bekomme. Und das habe ich alles Henri zu verdanken.«

 
     
     
     
    D ie nächsten Tage arbeite ich wie ein Besessener. Wenn ich mich in die Arbeit stürze, verschwinden die schlechten Gedanken, die mich in jeder freien Minute quälen. Jedes Lächeln, das Theodora mir schenkt – und sie ist sehr großzügig mit solchen Dankbarkeitsbekundungen –, schneidet mir wie ein Messer in die Brust. Mein Titronal-Desaster hat sich natürlich herumgesprochen. »Titronal – das kannste einpacken!« ist zum Running Gag geworden. Ich weiß nicht, ob der Chef sauer ist. Er ist zwei Wochen lang auf Geschäftsreise. Emil vertritt ihn. Ich gerate ins Hintertreffen und kann nichts daran ändern. Dabei bin ich älter als Emil und länger dabei. Es steht mir zu, den Chef zu vertreten! Emil geht es übrigens besonders schlau an. Er hat mich zur Vorbereitung eines Meetings um Hilfe gebeten. Ganz freundlich, richtig bescheiden. »Du hast doch viel mehr Erfahrung«, hat er gesagt. »Vielleicht hast du ein paar Tipps für mich.« Arschloch.
    Zu Hause ist es noch schlimmer. Jana ist im Babyfieber. In ein paar Tagen hat sie einen Termin beim Arzt, aber ich habe den Verdacht, dass sie die Pille aus lauter Ungeduld jetzt schon abgesetzt hat. Zu meinen fünf Büchern für werdende Eltern sind vier weitere hinzugekommen, plus eine DVD-Box. Ständig hängt sie am

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