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Der Vormacher

Der Vormacher

Titel: Der Vormacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferdinand Decker
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Im Büro stürze ich mich kopfüber in die Arbeit. Das hilft immer. Zwischendurch kommt Linda und holt die Entwürfe für das BAX-Projekt. Eine halbe Stunde später streckt sie noch mal den Kopf ins Zimmer.
    »Er hat gelächelt«, sagt sie und zeigt mit dem Daumen nach oben. Gut so. Komisch, dass ich vom Titronal-Projekt noch nichts gehört habe. Wahrscheinlich hält der Chef meinen Entwurf in der Hinterhand, damit er Theodora noch ein paar Tage zappeln lassen kann. Wenn sie dann mit ihrem Entwurf bei ihm aufkreuzt, zieht er mein fertiges Konzept aus der Schublade, und ihres wandert in den Papierkorb. Ich werde sie heute Abend warnen, nicht allzu viel Arbeit in die Sache zu investieren.
    Der Film beginnt um acht. Theodora erwartet uns vorm Kino. Na ja, eigentlich erwartet sie nur mich. Aber schließlich habe ich nie gesagt, dass ich alleine käme. Als wir zum Kino fahren, hat Jana ihre Mutter am Handy. Die letzten Wochen ruft sie beinah täglich an, immer auf dem Handy, nie auf dem Festnetz, obwohl Jana den ganzen Tag zu Hause sitzt. Irgendjemand hat Janas Mutter einmal erzählt, dass der Besitzer eines Handys einen Teil der Kosten zahlen muss, wenn er im Ausland angerufen wird. Das hat sie falsch verstanden. Sie denkt, dass bei Anrufen auf Mobiltelefonen immer der Angerufene bezahlt, und seitdem ruft sie nur noch auf dem Handy an. Ich habe ihr mehrmals anhand ihrer eigenen Rechnung demonstriert, dass sie falsch liegt, aber sie ist nicht davon abzubringen. Na ja, soll mir recht sein.
    Heute gehe ich also mit zwei schönen Frauen gleichzeitig ins Kino. Der Hahn im Korb. Ich kann mir die Blicke der anderen Zuschauer schon vorstellen. »So«, werden sie denken, »der weiß es sich aber einzurichten.« Und sie haben ja recht! Welcher andere Mann kriegt es schon hin, dass seine eigene Freundin ihn dazu überredet, eine attraktive Arbeitskollegin mit ins Kino zu nehmen?
    Theodora ist überrascht, dass wir zu zweit kommen, aber es scheint sie nicht zu stören. Für Jana wiederum ist Theodora keine Rivalin, sondern ein armes, hilfsbedürftiges Mädchen, das sich im männerregierten Bürodschungel tapfer gegen die gemeinen Karriereschweine zur Wehr setzt. Jedenfalls verstehen sich die beiden auf Anhieb. Alles läuft genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Im Kino lande ich zufällig auf dem Sessel zwischen meinen beiden Begleiterinnen. Ich habe eine große Tüte Popcorn auf dem Schoß, in die beide Frauen abwechselnd greifen. Wie immer bei Jaquinet gibt es zwischen den bedeutungsschwangeren Monologen auch heitere Momente; dann lachen wir gemeinsam. Einmal legt Theodora ihre Hand kurz auf meinen Arm, als sie nach dem Popcorn greift. Im selben Moment hat Jana ihre Hand auf meinem Knie. Als wir uns nach dem Film im Kinocafé an einem Bistrotisch niederlassen, bin ich in meinem Element. Wir reden über den Film, über Jaquinet, über das Kino im Allgemeinen, über die Stadt, über Essen, über Urlaub. Das Gespräch plätschert fröhlich vor sich hin. Wenn eine der Frauen redet, lege ich meinen Kopf ein wenig schräg und werfe ihr meinen wärmsten Blick zu. Wenn ich rede, rede ich ruhig und gelassen und kann mir der Aufmerksamkeit meiner beiden Gesprächspartnerinnen sicher sein. Theodora sieht fantastisch aus, sie trägt ihre rote Dreiviertelhose. Ich kenne keine andere Frau, die in einer Dreiviertelhose so gut aussieht; beinahe, als ob sie wüsste, was ich am liebsten an ihr sehe. Jana hat ein Sommerkleid angezogen, mit einem altmodischen Blümchenmuster und einem unbeabsichtigt beabsichtigten Dekolleté. Die Blicke der vorbeigehenden Männer entgehen mir nicht. Aber keiner traut sich, um Feuer zu fragen, kein Bekannter taucht auf, um sich in unseren Kreis zu zwängen, wir sitzen an unserem kleinen runden Tisch wie auf einer Privatinsel. Wenn es doch nur ewig so weitergehen könnte mit unserer glücklichen Dreisamkeit! Ich mit meinen zwei Frauen in unserem großen Bett … oder in Theodoras Wohnung, die ich noch nie gesehen habe. Ich stelle mir eine Dachwohnung vor, mit schrägen Fenstern, darunter, auf einem großen, weißen Teppich, wir drei, ineinander verschlungen, stöhnend, ächzend, mit schweißnasser Haut, Frauengerüche, Theodora vor mir, Jana über mir, ich in Theodora, ich in Jana, Theodora und Jana in mir, wir alle drei gleichzeitig überall in uns drin …
    Ich schlage die Beine übereinander, um meine Erektion zu verbergen. Jana steht auf und geht zur Toilette. Als sie außer Sichtweite ist, beugt Theodora sich

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