Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wachsblumenstrauß

Der Wachsblumenstrauß

Titel: Der Wachsblumenstrauß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Polizei will wissen, ob wir eine Ahnung haben, wer sie überfallen haben könnte. Ich sagte, eine solche Tat sei ungeheuerlich.« Mr Parrotts Stimme überschlug sich beinahe vor Empörung.
    »Ja, natürlich.«
    »Es muss jemand aus dem Dorf gewesen sein, ein Verrückter, der dachte, da gäbe es etwas zu holen, und dann hat er die Nerven verloren und sie überfallen. So muss es doch gewesen sein – meinen Sie nicht, Entwhistle?«
    »Doch, doch…«, antwortete Mr Entwhistle geistesabwesend. Parrott hatte Recht, sagte er sich. So musste es gewesen sein…
    Aber dann hörte er in seinem Kopf Cora mit ihrer hellen Stimme sagen: »Aber er ist doch ermordet worden, oder nicht?«
    Sie war einfältig, war immer schon einfältig gewesen. Wie der Elefant im Porzellanladen… platzte mit unliebsamen Wahrheiten heraus…
    Wahrheiten!
    Schon wieder dieses vermaledeite Wort…
     
     

II
     
    Mr Entwhistle und Inspector Morton taxierten einander.
    Mr Entwhistle hatte ihm auf seine knappe, präzise Art alle wesentlichen Informationen über Cora Lansquenet mitgeteilt. Ihre Kindheit und Jugend, ihre Heirat, der Tod ihres Mannes, ihre finanzielle Lage, ihre Verwandten.
    »Mr Timothy Abernethie ist ihr einziger noch lebender Bruder und ihr nächster Anverwandter, aber er ist sehr gebrechlich, lebt zurückgezogen und kann das Haus nicht verlassen. Er hat mich bevollmächtigt, in seinem Namen zu handeln und alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen.«
    Der Polizist nickte. Ihm erleichterte es die Arbeit, wenn er sich mit diesem erfahrenen alten Notar auseinander setzen musste. Außerdem hoffte er, Mr Entwhistle könnte ihm möglicherweise ein wenig bei der Lösung dieses Problems helfen, das zunehmend einem Rätsel glich.
    »Wenn ich Miss Gilchrist richtig verstanden habe«, sagte er, »dann war Mrs Lansquenet am Tag vor ihrem Tod bei der Beerdigung eines älteren Bruders?«
    »In der Tat, Inspector. Ich war selbst auch dort.«
    »Ist Ihnen an ihrer Art etwas Ungewöhnliches aufgefallen – etwas Seltsames – Angst vielleicht?«
    Mr Entwhistle hob in gut gespielter Überraschung die Augenbrauen.
    »Ist es üblich, dass ein Mensch, der wenig später ermordet wird, ein seltsames Verhalten an den Tag legt?«
    Inspector Morton lächelte kläglich.
    »Ich meine damit nicht, ob sie eine Vorahnung hatte oder sich wie eine Todgeweihte verhielt. Nein, ich frage nur – nun ja, ob Ihnen etwas Ungewöhnliches an ihr aufgefallen ist.«
    »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz, was Sie meinen, Inspector«, sagte Mr Entwhistle.
    »Der Fall ist auch nicht leicht zu verstehen, Mr Entwhistle. Nehmen wir mal an, jemand sieht, wie diese Gilchrist um zwei Uhr nachmittags das Haus verlässt und zur Bushaltestelle ins Dorf geht. Dann nimmt dieser Jemand das Beil, das neben dem Holzschuppen liegt, schlägt damit das Küchenfenster ein, steigt ins Haus, geht nach oben und überfällt Mrs Lansquenet mit dem Beil – überfällt sie aufs Brutalste. Sechs oder acht Mal hat er zugeschlagen.« Mr Entwhistle schauderte. »Ja, ein grausames Verbrechen. Dann reißt der Eindringling ein paar Schubladen auf, greift sich ein paar Kleinigkeiten – insgesamt keine zehn Pfund wert – und geht wieder.«
    »Sie lag im Bett?«
    »Ja. Offenbar war sie am Abend zuvor erst spät aus Nordengland zurückgekommen und war erschöpft und sehr aufgeregt. Wenn ich es richtig verstanden habe, hatte sie eine Erbschaft gemacht?«
    »Ja.«
    »Sie schlief sehr schlecht und wachte mit Kopfschmerzen auf. Sie trank mehrere Tassen Tee, dann nahm sie etwas für den Kopf und sagte Miss Gilchrist, sie solle sie bis Mittag nicht mehr stören. Aber mittags fühlte sie sich immer noch elend und beschloss, zwei Schlaftabletten zu nehmen. Miss Gilchrist schickte sie mit dem Bus nach Reading, um in der Leihbibliothek ein paar Bücher umzutauschen. Als der Mann einbrach, muss sie benommen gewesen sein, wenn sie nicht sogar schon schlief. Er hätte mitnehmen können, was er wollte, wenn er sie bedroht hätte, oder er hätte sie auch knebeln können. Ein Beil, das er absichtlich von draußen mitnahm – das kommt mir vor wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.«
    »Vielleicht wollte er ihr damit nur drohen«, meinte Mr Entwhistle. »Wenn sie sich wehrte…«
    »Dem medizinischen Untersuchungsbericht zufolge deutet nichts auf Gegenwehr hin. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass sie auf der Seite lag und friedlich schlief, als sie überfallen wurde.«
    Mr Entwhistle rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin

Weitere Kostenlose Bücher