Der Waldläufer
jedes in seiner Art, zu den schönsten Exemplaren ihrer Rasse. Das erstere mit seiner stolzen Haltung, seiner breiten Brust und seinem Schwanenhals war kaum schöner als der Maulesel, der an seiner Seite mit den feingebauten Füßen, den runden Weichen und dem glänzenden Rücken dahinschritt.
Der erste Reiter war der Herr der Hacienda; sein Anzug bestand in einem Guayaquilstrohhut, einem feinen und weißen Batisthemd ohne Weste und einem samtenen Beinkleid mit goldenen Knöpfen, das an den Hüften zusammengeschnürt war. Der andere auf der Mauleselin war der Kaplan der Hacienda, ein verehrungswürdiger Franziskanermönch in blauer Kutte, mit einem Gürtel von seidenen Schnüren; sein Oberkleid war kavaliersmäßig oberhalb der langen Reiterstiefel, die mit langen klirrenden Sporen bewaffnet waren, zurückgeschlagen. Ein breiter grüner Filzhut, der ziemlich keck auf einer Seite saß, gab dem Franziskaner ein mehr kriegerisches als mönchisches Aussehen.
Der Hacendero, der Herr der Hacienda, schien einen stolzen Blick auf die unermeßlichen Reichtümer zu werfen, die ihn umgaben und die nach seiner eigenen Meinung – die wir übrigens vollständig teilen – viel höher anzuschlagen waren als in der Geldkiste angehäufte Goldbarren.
Was den Mönch anlangt, so schien er durch einen zu mächtigen Gedankengang in Anspruch genommen, um auf das Schauspiel großartigen Reichtums zu achten, das sich in der Ebene vor ihm ausbreitete.
»Beim heiligen Julian, dem Schutzpatron der Reisenden«, sagte Don Agustin, »in den vierundzwanzig Stunden, da Ihr abwesend wart, fürchtete ich, ehrwürdiger Vater, daß ein Jaguar Euch zerrissen oder irgendein Sumpf Euch samt Eurem Maultier verschlungen hätte.«
»Der Mensch denkt und Gott lenkt«, antwortete der Mönch. »Es ist wahr – ich war auf einige Stunden abgereist, um dem armen Joaquin, dem ein Stier den Leib aufgerissen hatte, ein christliches Begräbnis zu geben, und hatte eben die Erde, wo er eingescharrt werden sollte, gesegnet, als ein junger Mann zu Pferd schnell wie der Blitz mit bestürzter Haltung und aufgeregtem Gesicht erschien, um mich zu bitten, nach seiner Wohnung zu kommen und die Beichte seiner sterbenden Mutter zu hören; ich mußte zehn Meilen wieder zurücklegen. Ich mochte dringende Geschäfte vorschützen, soviel ich wollte, um den jungen Mann loszuwerden – ich mußte doch endlich seinen inständigen Bitten weichen. Wißt Ihr, wer es war?«
»Wie sollte ich?« antwortete der Hacendero.
»Tiburcio, der Adoptivsohn des Gambusinos Marcos Arellanos, war es.«
»Wie? Seine Mutter ist tot? Das tut mir sehr leid; er ist ein braver junger Mann. Ich habe nicht vergessen, daß wir ohne ihn vielleicht vor Durst gestorben wären, meine Tochter, meine Leute und ich. Habt Ihr ihm auch gesagt, daß, wenn er ohne Hilfsquellen wäre, er willkommen sei auf der Hacienda del Venado?«
»Nein, denn dieser Bursche hegt eine unsinnige Leidenschaft für Eure Tochter, wenn man es Euch sagen darf!«
»Und was liegt daran, wenn meine Tochter ihn nicht wieder liebt?« antwortete Agustin. »Hätte sie ihn aber geliebt, so hätte ich mich für reich genug gehalten, um bei dem Mann, den sie ausgezeichnet hätte, nur die moralischen und physischen Eigenschaften zu suchen, die Tiburcio besitzt. Ich hatte mir zum Schwiegersohn nur einen Mann geträumt, schön, einsichtig und brav genug, um diese Grenzen gegen die indianischen Horden zu verteidigen, und ich würde alles bei ihm gefunden haben. Aber jetzt habe ich für Rosarita höhere Aussichten.«
»Und vielleicht würdet Ihr nicht unrecht gehabt haben«, erwiderte der Mönch ernst. »Was ich erraten ... was ich erfahren ... habe, könnte aus Tiburcio einen noch viel begehrenswerteren Schwiegersohn machen, als Ihr ahnt.«
»Es ist zu spät!« sagte der Hacendero. »Mein Wort ist gegeben, und ich werde es nicht wieder zurücknehmen.«
»Dennoch habe ich gerade von ihm mit Euch zu sprechen«, erwiderte der Mönch. »Und wie dem auch sein mag, vielleicht wird es Euch nicht leid tun, mich anzuhören.«
Die beiden Reiter waren gerade, nachdem sie durch den Palisadengürtel geritten waren, an den Fuß einer Treppe gelangt, die auf eine weite Halle und von da in den Salon der Hacienda führte. Es war dies ein weiter Saal, der durch eine Luftströmung, wie es in den heißen Ländern gewöhnlich ist, ständig kühl erhalten wurde. Feine chinesische, ausgezeichnet gearbeitete Matten bedeckten den Fußboden, der aus großen Werksteinen
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