Der Weg des Feuers
hoffe, du machst dich nicht über mein Schicksal und das von ganz Ägypten lustig?«
»Warum, glaubst du wohl, gibt keine Schrift die genaue Lage dieses gesegneten Landes an? Das kann nur daran liegen, dass sie sich ständig verändert, um der Gier der Menschen zu entrinnen. Früher habe ich es einmal gewusst. Heute weiß ich es nicht mehr. Doch du hast die Insel des ka entdeckt, und die junge Priesterin ist im Besitz des ehrwürdigen Steins. Soweit es in meiner Macht steht, will ich Euch helfen. Aber Ihr, und nur Ihr allein, kennt das Geheimnis dieser Reise.«
Einerseits bereute es Shab der Krumme, so lange abgewartet zu haben, weil Sekari jetzt Soldaten rund um den Hafen aufstellte und ihm so keine Gelegenheit für einen Überraschungsangriff ließ. Auf der anderen Seite beglückwünschte er sich zu seiner Geduld, weil er jetzt wusste, worum es hier eigentlich ging: Iker wollte nach Punt, das er mit Hilfe dieses alten Schwarzen zu finden hoffte. Die Zimmerleute arbeiteten schnell und gründlich. In ein oder zwei Tagen sollte das Schiff vom Stapel laufen. Und endlich traf auch die Nachricht ein, auf die der Krumme sehnsüchtig gewartet hatte!
»Die Seeräuber sind einverstanden«, berichtete ihm der Anführer der Sandläufer, »allerdings nur unter der Bedingung, dass sie die Hälfte der Beute bekommen.«
»Einverstanden.«
»Kannst du mir eine besondere Belohnung zusichern?«
»Der Prophet wird sich großzügig zeigen.«
Der Beduine trommelte mit den Fäusten auf seine Brust.
»Nicht ein Einziger wird uns entkommen, das kannst du mir glauben! Bis auf die Frau… Die nehmen wir gefangen und zeigen ihr mal, was richtige Männer sind!«
Dem Krummen war das Schicksal von Isis gleichgültig.
47
Kurz bevor die Sandläufer angriffen, bellte Fang. Sekari war mit einem Satz wach und weckte die Soldaten.
Zwei Wachen sanken von den Silexpfeilen der Angreifer tödlich getroffen zusammen. Shab der Krumme blieb seiner alten Gewohnheit treu und bohrte dem dritten Wachsoldaten sein Messer von hinten in den Hals.
Es schien so, als würden die ägyptischen Soldaten nicht lange Widerstand leisten.
»Alle Mann an Bord und die Anker lichten!«, befahl Sekari. Die Handwerker befanden sich bereits im Kampf mit einer Beduinenhorde.
Iker hätte sie gern unterstützt, aber zunächst musste er Isis retten. Kaum war er mit ihr, dem alten schwarzen Mann, Fang, Nordwind und einem Dutzend Männern an Bord, als Sekari auch schon die Brücke hochzog und das Segel setzte.
»Ich muss zurück und kämpfen – wir können unsere Leute nicht allein lassen«, widersetzte sich der Königliche Sohn. Sekari hielt ihn fest.
»Das wäre Wahnsinn. Unser Ziel heißt Punt! Wir müssen sofort ablegen, sonst werden wir alle abgeschlachtet. Sieh nur, sie sind bereits so gut wie geschlagen!«
Als das Segelschiff den Hafen verlassen wollte, versperrte ihm ein großes Boot den Weg.
»Das sind Seeräuber«, sagte Sekari, »an denen kommen wir nicht vorbei.«
Iker wandte sich an den Neger aus Punt.
»Wie können wir ihnen entkommen?«
»Wählt die Wege des Himmels und die hohen Pfade. Dort oben hat das goldene Kind, geboren von der Göttin Hathor, sein Heim errichtet. Ihr werdet auf Falkenflügeln fliegen, wenn das unersättliche Meer sein Opfer erhält.«
Iker musste an das schreckliche Erlebnis auf Gefährte des Windes denken. Sollte er jetzt doch noch ertrinken, um ihr Schiff zu retten?
»Diesmal musst du dich nicht opfern«, sagte der alte Schwarze.
Als der Neger ins Wasser sprang, glaubte Iker plötzlich, in ihm seinen Lehrmeister zu erkennen, den Schreiber von Medamud, der ihn die Hieroglyphen und Maats Regeln gelehrt hatte.
Eine gewaltige Bö riss die Besatzung des Schiffs um, das sich auf die Seite legte und in rasender Geschwindigkeit vom Ufer entfernte, ehe es sich wieder aufrichtete.
»Gibt es Verletzte?«, fragte Sekari besorgt.
Die Leute hatten lediglich ein paar blaue Flecken und Schrammen, die der ehrwürdige Stein heilen würde. Die Seeräuber aber waren mit Mann und Maus
untergegangen.
Isis stand am Bug und spielte die Sistren. Ihre Musik verschmolz mit dem Gesang des Meers. Iker war am Ruder, und Sekari lenkte das Segel. So nahm das Schiff ganz von allein Kurs auf das himmlische Land.
Rasend vor Wut tötete Shab der Krumme auch noch den letzten Überlebenden. Angesichts der schweren Verluste unter den Sandläufern war das ein bitterer Sieg. Und das Seeräuberschiff war durch die Wucht einer Riesenwelle
Weitere Kostenlose Bücher