Der Weg des Unsterblichen
Nachhausekommens. Dann streifte ich die dunkelblauen Ballerinas von meinen Füßen und schlich auf Socken durch den Flur. Wie immergab der Dielenboden bei jedem Schritt ein leises Quietschen von sich, und ich seufzte zufrieden. Das Geräusch von Heimat.
Meine Schwester saß bereits an dem hohen, lackierten Holztisch mit der ausgefransten, karierten Tischdecke und baumelte ungeduldig mit den kurzen Beinen in der Luft, die noch nicht bis zum Boden reichten. Vor ihr stand einer der guten Porzellanteller, die meine Mutter nur zu besonderen Anlässen aus dem sonst abgeschlossenen Küchenschrank herausholte. Ich musste grinsen.
»Gott!«, stöhnte Malu. »Musst du an deinem Geburtstag so lange Schule haben?« Sie trommelte ungeduldig mit den kleinen Fäusten auf dem Tisch herum und ihre braunen Löckchen, die wir beide von unserer Mutter geerbt hatten, wirbelten um ihren Kopf wie Elefantenohren.
»Beschwer dich nicht bei mir, sondern bei meinen Lehrern. Ich bin bestimmt nicht freiwillig so lange geblieben.« Ich setzte mich ihr gegenüber auf einen der weißen Holzstühle und ließ stöhnend den Rücken gegen die Lehnefallen. Dann legte ich die regenbogenfarbene Kiste auf den Tisch, die ich den ganzen Nachhauseweg in der Hand gehalten hatte, um Monja zu zeigen wie sehr ich mich über ihr Geschenk freute. Mit einem kleinen Stupsen schob ich sie zu Malu rüber. »Aber ich habe etwas mitgebracht um Euren Zorn zu besänftigen, Euer Hoheit. Nehmt es als Entschuldigung an!«
Malu warf mir einen misstrauischen Blick aus den blitzend blauen Augen zu, um die ich sie so beneidete, bevor sie mit dem kleinen Finger die Kiste aufschnippen ließ. Dann traf mich ein wütender Blick, der sicher in der Lage gewesen wäre, ganze Stämme auszurotten. »Hat Monja die gemacht? Willst du mich vergiften? Da verhungere ich lieber, als dieses Zeug zu essen!«
Ihren Magen konnte man bereits durch die ganze Küche knurren hören, aber es war wohl zwecklos. Der arme Hund und die arme Monja.
In diesem Moment kam meine Mutter herein, ein Glas Gurken in der einen Hand, die andere drohend erhoben. »Vor dem Abendessen gibt es nichts Süßes!«
»Ich glaube, da brauchst du dir keine Sorgen machen.«, brummte ich verstimmt, schloss die Kiste und schob sie ans andere Ende des Tisches, damit sie keiner mehr sehen musste. Dann hob ich den Kopf zu meiner Mutter. Wie immer hatte sie die braunen Haare, die etwas dunkler waren als die von Malu und mir, zu einem hohen Dutt frisiert. Ihr ganzer Körper wippte nach einer Melodie, die sie durch ihren geschlossenen Mund summte und die azurblauen Augen, die sie leider nur mir nicht vererbt hatte, sahen mich freudestrahlend an.
»Du kommst gerade recht, die Cheeseburger die du bestellt hast sind gleich fertig. Das nächste Mal kannst du mich ruhig mal ein bisschen mehr fordern.« Sie zwinkerte. »Wie war die Schule heute?«
»Ereignislos.«
»Hört auf zu quatschen!«, brüllte meine Schwester. »Ich habe Hunger, verdammt!«
»Du sollst nicht fluchen, Malu!« Meine Mutter schüttelte missbilligend den Kopf und klappte die ersten beiden Burger zu, um jeweils einen von ihnen vor uns hinzustellen. »Wiekannst du nur den ganzen Tag Hunger haben, das ist langsam nicht mehr normal.«
»Ich wachse!«, konterte meine Schwester und verschlang mit einem Biss die Hälfte ihres Essens. Ich sah sie an und ertappte mich dabei, dass ich ebenso wie meine Mutter den Kopf schüttelte.
»Das ist deine Ausrede für alles.« Malu ignorierte meinen Kommentar und aß munter weiter, also wandte auch ich mich meinem Teller zu und begann, mit der bereitgelegten Gabel in meinem Burger herumzustochern. Ich fischte eine Gurke heraus und steckte sie mir in den Mund, dann stocherte ich weiter. Von vorn traf mich ein abschätziger Blick von Malu. Um sie und meine Mutter davon abzulenken, dass ich Cheeseburger vielleicht doch nicht so mochte, wie ich immer behauptete, begann ich ein Gespräch: »Mama, hast du das mit Diogo gehört?«
»Mhm.. « Meine Mutter nickte zustimmend, scheinbar immer noch auf die restlichen Burger konzentriert.
Malu sah mich an. »Was ist mit Diogo?«
»Die Engel haben ihn verhaftet, angeblich weil er Sachen von den Dämonen gekauft hat.« Ich schob mir eine Gabel voll grünen Salat, den ich von meinem Burger gekratzt hatte, in den Mund.
Malu wandte sich so schnell in Richtung Küchentheke um, dass ihre Locken von ihrem Kopf zu fliehen schienen. »Stimmt das, Mama? Ist Diogo mit Dämonen befreundet?«
»Er hat
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