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Der Weg in die Verbannung

Der Weg in die Verbannung

Titel: Der Weg in die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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nachdenken. Er hatte nach dem guten Frühstück die Empfindung, daß ihn eine Ruhepause und ein paar wohl abgewogene Gedanken vielleicht weiterbringen würden als eine erneute wochenlange nervöse Suche. So schlich er sich bachabwärts zu dem Fluß, der sich wie ein Band um den Fuß des Bergstocks zog. Auf dem Geröll, das sich an den Ufern streckenweise angesammelt hatte, konnte er sich leicht fortbewegen, ohne Spuren zu verursachen, und er genoß diese relative Freiheit. Schön war der Tag. Er setzte sich hin und blinzelte gegen die Sonnenstrahlen, die durch die Bäume spielten. Dabei begann er nachzudenken.
    Der zahnlose Ben hatte im Frühjahr von irgendwoher eine Nachricht gehabt, daß es in den Höhlengängen an dieser Bergseite Gold gäbe. Woher die Nachricht kam, hatte er nicht gestanden. The Red war im Frühling auf gut Glück und weil er wußte, daß es hier verzweigte Höhlengänge gab, einmal in die Gegend gekommen. Die vagen Gerüchte, daß man in den Black Hills Gold finden könne, hatten ihn hergetrieben. Aber weder Ben noch Jim hatten bei ihrer Suche im Frühjahr Erfolg gehabt, und Jim hatte den Zahnlosen energisch und endgültig aus diesem Revier vertrieben. Als Jim sich dann bei den Baracken und Lagern der Bauarbeiter und Jäger an der geplanten Strecke der neuen Pacificbahn sehen ließ, schwirrten dort neue Gerüchte über Goldvorkommen in den Black Hills umher. Eine Dakotaabteilung, die Bärenbande, sollte darüber Näheres wissen. Ein Goldkorn von erstaunlicher Größe befand sich angeblich im Besitz dieser Indianer, die in den Augen des Roten Jim unwissend und nichtsnutzig und nur zur Plage der weißen Waldläufer und Präriejäger erfunden waren. Jim hatte sich auf den Weg zu der Bärenbande gemacht, den Häuptling mit allerhand Schlichen zu einem Becher Brandy überredet und bei dieser Gelegenheit Wortfetzen und Andeutungen zu hören bekommen, mit denen, wie sich zeigte, nicht viel anzufangen war. Vielleicht hatte der angetrunkene Rote auch noch Verstand genug gehabt, um Jim absichtlich zu belügen. Diese Befürchtung kehrte in dem mißtrauischen Mann immer wieder. Wer kannte einen Indianer ganz? Jedenfalls klappte die Angelegenheit nicht so, wie Jim gerechnet hatte. Er sagte auf seinen vollen Magen und an seinem sonnigen Platz ohne Hast und wie zur Erholung alle Flüche auf, die er in seinem Räuberleben gelernt hatte, und dachte dann wieder nach. Was sollte er jetzt unternehmen? Entweder er mußte weitersuchen, und das schien ihm nicht vielversprechend, oder er mußte sich noch einmal an die Bärenbande, besonders an ihren Häuptling, heranmachen, der auf alle Fälle etwas zu wissen schien. Vielleicht hätte er nicht so schnell aus dem Zelte dieses Mannes verschwinden sollen, als er die Andeutungen gehört hatte. Aber sie schienen ihm damals fürs erste zu genügen ­ was sich leider als ein Irrtum herausgestellt hatte ­, und außerdem war Jim von dem Argwohn geplagt worden, daß Lauscher um das Zelt schlichen und ihm an den Kragen gehen würden, sobald er wirklich etwas erfahren hatte. Darum war er so schnell wie möglich, mitten in der Nacht, aus den Zelten der Bärenbande ausgerückt. Man sollte eben nie so voreilig und auf bloße Befürchtungen und Kombinationen hin reagieren. Nun saß er da wie ein dummer und erfolgloser Kerl.
    Dabei konnte es nicht bleiben! Er mußte etwas unternehmen, um seinen Fehler zu korrigieren. Ein Goldkorn so groß wie eine Haselnuß sollte sich bei der Bärenbande befinden. Verflucht und zugenäht! Und er, der Rote Jim, lief hier herum, ohne die Fährte zu den Goldvorkommen zu haben. Während der Mann so dasaß und nachdachte, mit sich selbst unzufrieden und über die Zufälle, die ihm nicht günstig waren, verärgert, heftete sich sein Blick unwillkürlich auf eine sandige Stelle im Fluß, die ihm gefiel. Er hätte dort gern gebadet, aber das erschien ihm zu gefährlich. Beim Baden wurde man wehrlos. Die Büchse mußte man ablegen, die Munition ­ nein, er wollte auf dieses Vergnügen verzichten. Aber die sandige Stelle gefiel ihm. In vielen Farben schillerte das zerriebene Gestein unter dem klar dahinfließenden Wasser. An solchen Stellen pflegte man am Sacramento in Kalifornien den Sand zu sieben, um die Goldkörnchen auszuscheiden.
    Red Jim erhob sich und ging vorsichtig über das Geröll, bis zu der sandigen Stelle hin. Er kämpfte mit sich, aber dann gab er sich selbst nach, bückte sich und ließ Sand durch seine Finger rieseln. Er wollte sich nicht

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