Der Weihnachtspullover
Baum, genau, wie wir sie vorgefunden hatten.
Großvater verpflichtete mich zur Verschwiegenheit, aber das war überhaupt nicht notwendig. Ich wusste, dass die »Operation Geschenkepeilung« noch viele Jahre für einen ganz besonderen Weihnachtszauber sorgen würde, und ich hatte nicht vor, sie zu vermasseln. Großvater mochte der Meister gewesen sein, aber ebenso wie mein Vater das Backen erlernt hatte, wurde ich rasch zum überaus geschickten Lehrling meines Großvaters.
Da meine Mutter noch mindestens zwei Stunden arbeiten musste, blieb mir jede Menge Zeit, um die diesjährige »Operation« durchzuführen.
Mom und ich hatten in den letzten Jahren zur Weihnachtszeit ein unausgesprochenes Katz-und-Maus-Spiel miteinander veranstaltet. Sie fand ein großartiges Versteck, und ich spürte es auf. Sie fand ein besseres Versteck, und ich spürte es ebenfalls auf. Vielleicht war ich doch nicht so geschickt darin gewesen, die Geschenke wieder an exakt dieselbe Stelle zurückzulegen, wie ich geglaubt hatte, denn sie schien immer zu wissen, wann ihre Verstecke aufgeflogen waren.
Dieses Jahr begann ich damit, den Boden ihres Schlafzimmerschrankes abzusuchen, und ich war wild entschlossen, nicht die geringste Spur zu hinterlassen. Schließlich war ich inzwischen zwölf und überzeugt, dass ich die »Operation« endlich genauso gut durchführen konnte wie Großvater.
Während ich mit meiner Hand in der hinteren Ecke des Schrankes herumtastete, wurde mir bewusst, dass ich mir insgeheim wünschte, kein Geschenk dort zu finden. Denn wenn mein Geschenk in einen Schrank passte, dann konnte es unmöglich ein Fahrrad sein, und das war das einzige Geschenk, das ich mir in jenem Jahr wünschte. Ich hoffte darauf, einen Kassenbon zu finden – und ich wusste, dass Mom klug genug wäre, diesen ebenfalls zu verstecken.
Meine Hände suchten sorgfältig jeden Winkel des Schrankbodens ab. Und dann fühlte ich es. Ein kleines Kästchen. Nicht eingepackt. »Oh, Mom lässt nach.« Ich lachte in mich hinein, als ich das Kästchen aus dem Dunkel hervorzog. Eine dünne Staubschicht bedeckte die Oberseite. Wie hatte ich es in den letzten Jahren nur übersehen können?
Ich öffnete vorsichtig den Deckel, bemüht, keine Fingerabdrücke zu hinterlassen, falls es sich hierbei um eine ausgeklügelte Falle meiner Mutter handeln sollte. Als ich das Seidenpapier zur Seite schob, begriff ich sogleich, dass dies nicht der Fall war. Der Gegenstand darin war auf Anhieb vertraut. Es handelte sich um die alte Hamilton-Uhr meines Vaters, seine Lieblingsuhr. Das Armband roch noch ein wenig nach seinem Old-Spice-Rasierwasser.
Ohne jede Vorwarnung schoss mir das Bild durch den Kopf, als ich die Uhr zum letzten Mal gesehen hatte. Es war vor ungefähr vier Jahren gewesen, gleich nachdem ein kleiner morgendlicher Schneesturm über die Stadt hinweggezogen war. Es war ein Montag und die Bäckerei geschlossen. Dad war zu Hause und hockte vor mir auf dem Boden, wo er die Schuhe an meinen Füßen in durchsichtige Plastikbrottüten hüllte und mit der Befestigung haderte. Alle meine Freunde hatten Winterstiefel, aber mein Vater behauptete, dass das Geldverschwendung sei, da wir so viele Brottüten herumliegen hatten, die genauden gleichen Zweck erfüllten. Das hätte mir eigentlich als Hinweis dienen sollen, dass wir nicht gerade die Rockefellers waren – aber zu der Zeit ergab es für mich durchaus einen Sinn.
Während er sich damit abmühte, ein Gummiband über meinen Schuh zu schieben, um die Tüte eng um meine dünne Wade zu schlingen, rutschte ihm sein Hemdärmel in die Höhe, und die glänzende Hamilton-Uhr kam zum Vorschein. Ich starrte auf das Ziffernblatt und bemerkte, wie spät es bereits war. Mir graute davor, den ganzen Weg mit glitschigen Plastiktüten an den Füßen durch matschigen Schnee zu hasten. Sie mochten ja die Feuchtigkeit abhalten, aber sie waren nicht gerade für ihre gute Bodenhaftung bekannt.
»Dad, ich muss jetzt wirklich los. Ich bin schon viel zu spät dran«, beharrte ich, in der Hoffnung, dass er die Idee mit der selbstgemachten Abdichtung aufgeben und mich stattdessen fahren würde.
»Tut mir leid, Eddie, aber es ist mir lieber, du kommst zu spät, als dass du den ganzen Tag mit kalten, nassen Füßen in der Schule sitzt. Ich brauche nur noch eine Minute.«
Ich starrte auf die Uhr herab und sah zu, wie der kleine Sekundenzeiger eine Runde nach der anderen drehte. Jede Umdrehung machte mir nur noch deutlicher, wie viel
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