Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)
sagte der Hausmeister, als Maria den Müll fallen ließ. Maria fragte: Was haben Sie gesagt, Herr Popovic, ich habe Sie nicht verstanden. Die Umwelt, sagte der Hausmeister und: War da etwa Papier dabei.
Die Fichte wuchs und der Hausmeister musste gehen, eine Firma erledigt seither seine Arbeit. In die Hausmeisterwohnung zog ein junges Paar, das nicht lange blieb, weil in die Hausmeisterwohnung noch weniger Licht fällt als in Marias Wohnung, weil die Hausmeisterwohnung im Erdgeschoß liegt. Nach dem jungen Paar lebte ein alleinstehender Mann in der Wohnung, er wurde beobachtet, wie er Kupfernägel in die Fichte schlagen wollte. Kupfernägel in die Fichte zu schlagen, sind Sie verrückt, was hat Ihnen der Baum getan, sagte Herr Schneiderhahn, der ein guter Freund des Hausmeisters gewesen war, Bäume töten, wo kommen wir hin. Frau Schneiderhahn schüttelte den Kopf, wenn der alleinstehende Mann an ihr vorüberging, sie schüttelte den Kopf und grüßte ihn nicht. Wissen Sie, wie ein Baum an einem Nagel stirbt, sagte sie zu Maria, als sie zufällig nebeneinander bei den Postkästen standen und der Mann aus seiner Wohnung kam. Qualvoll stirbt er, ganz qualvoll. Frau Schneiderhahn hat leicht reden, dachte Maria, sie wohnt ganz oben, dort, wo der Baum keinen Schatten mehr wirft. Maria nickte, der alleinstehende Mann ging vorüber und grüßte leise, sein Grüßen wurde nicht erwidert. Der alleinstehende Mann kündigte nach Ablauf der Mindestmietdauer, und das neue junge Paar, das nach ihm einzog, kündigte nach Ablauf der Mindestmietdauer, zuerst zog die Frau aus, dann der Mann. Eine Yuccapalme ließen sie auf dem Fensterbrett zurück. Sie verlor zuerst die unteren Blätter, die Blätter wurden gelb, dann braun, und Milica riss sie aus, sodass der Stamm der Yuccapalme länger wurde. Ich habe es versucht, sollte Milica später sagen, nachdem sie die Palme zwei Monate gegossen hatte und die Blattläuse gekommen waren. Die Yuccapalme fand unter der Fichte im Innenhof einen Platz. Damit die Sonne die Blätter nicht verbrennt, sagte Milica und ließ die Palme verdursten.
Maria schüttelt den Kopf, schließt die Augen, sprüht mit der Haarspraydose. Milica zog im Frühjahr in die Wohnung im Erdgeschoß, sie klingelte bei allen im Haus, sie sagte: Hallo, mein Name ist Milica, ich bin die neue Nachbarin. Nur wenige öffneten. Maria blickte zuerst durch den Türspion, und als sie Milica sah, wie sie sich durch ihre Haare fuhr, ein Lächeln aufsetzte und es wieder fallen ließ, beschloss sie, zu öffnen. Hallo, mein Name ist Milica, ich bin die neue Nachbarin, sagte Milica. Hallo, sagte Maria und streckte Milica die Hand entgegen, Maria, es freut mich, ich hoffe, Sie hören meine Schritte nicht. Wo Menschen leben, sind Geräusche, sagte Milica und lächelte. Dann ging sie wieder. Milica lebt geräuschlos, denkt Maria, als sie ihre Haarspraydose auf der Vorzimmerkommode abstellt. Nur wenn Milica vor ihrer Wohnung Nachbarn grüßt, hört Maria sie. Milica lebt allein, sie hat die Fenster zur Straße hin mit gehäkelten Gardinen verhängt, Plastikorchideen dahinter, an Sonntagen kommen die Kinder zu Besuch, seit kurzem auch ein Enkelkind. Wenn das Enkelkind in die Wohnung hinein- oder hinausgetragen wird, weint es kurz. Jetzt sind sie da, denkt Maria dann, oder: Jetzt sind sie weg. Maria war noch nie in der Hausmeisterwohnung, sie betritt sie an diesem Septembersamstag zum ersten Mal. Morgen aber, hat Milica am Tag zuvor gesagt und den Zeigefinger gehoben, morgen kommen Sie zu mir, Kaffee trinken, wir sprechen schon so lange davon. Maria nickte und lächelte, sagte: Morgen ist gut.
Die Wände von Milicas Wohnung sind beige gestrichen, die Wand hinter dem Fernseher ist voll mit gerahmten Bildern, Kinder in verschiedenen Entwicklungsstadien, Kinder, die keine Kinder mehr sind, aber immer Kinder bleiben. Da war mein Sohn noch klein, sagt Milica, und jetzt, sie lacht. Hast du Kinder, Maria, ich kann doch du sagen, ich bin Milica. Maria schüttelt den Kopf, nein, ich habe keine Kinder, wie alt sind deine.
Der Boden von Milicas Wohnung ist mit einem blauen Teppich überzogen, den hat mein Sohn gelegt, sagt sie, ich brauche es warm unter den Füßen, diese Holzböden, sie sind kalt und knarren zu viel. Maria nickt, sie hat ihre Schuhe vor der Wohnungstür stehen gelassen, ihre Schuhe, die sie einen Halbstock zuvor angezogen hat. Sie trägt keine Socken, nur Strümpfe, die an den Fersen aufgerissen sind. Maria hat nicht daran gedacht,
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