Der Wüstendoktor
Schränken und hieb mit dem Spazierstock blindwütend auf sie ein, schlug auf das Bett, zertrümmerte den Spiegel, trat die Schranktüren ein und wütete, bis ihn der Atem verließ und er keuchend über das Bett stürzte. Dort blieb er auf dem Rücken liegen und starrte gegen die rosa getönte Stuckdecke.
Ich bring' sie um, dachte er. Wenn ich sie jetzt in die Finger bekomme – ich bringe sie um. Zehn Jahre lang hat sie den Mund nicht aufgemacht, hat nur kassiert – Pelze, Schmuck, Reisen, einen Sportwagen, ein Motorboot bei St. Tropez, Abendkleider, Salzburger Festspiele, Bayreuth, Münchener Opernwochen – immer die Schönste, die Wertvollste, die Strahlendste – und jetzt redet sie, bei diesem Affen Vandura – redet mich um Kopf und Kragen … Wer ist sie denn? Wer war sie denn? Wo kommt sie denn her? Beamtentochter. Mittlere Reife. Postassistentin. Das war sie, als ich sie heiratete. Ein Hascherl, das noch nichts weiter konnte, als ah und oh sagen und die Augen verdrehen! Was sie jetzt kann, hat sie von mir gelernt. Pervers. Was heißt pervers? Hat nicht jeder ein Recht dazu? Für hundert Mark kann ich mir alles auf der Straße kaufen … O du verfluchtes Luder, so etwas zu erzählen – und das einem Dr. Vandura auch noch!
Er lag eine Stunde lang auf dem Bett und beruhigte sich nur langsam. Dann stand er auf, riß sich die Kleider vom Leib, stellte sich unter die Brause, zog sich neu an und fuhr nach München. Vor einem Appartementhaus in Schwabing hielt er und fuhr mit dem Lift in die sechste Etage.
Veronika war zu Hause. Etwas verschlafen, gerade aus dem Bett gekrochen, mit einem alkoholdunstigen Atem. Das Augen-Make-up war verschmiert – sie sah in der oberen Gesichtshälfte wie ein Clown aus. Unter dem seidenen Morgenmantel war sie nackt – ihr Brüste drückten sich durch den Stoff.
»So früh, Schatzi?« sagte sie und gähnte. »Himmel, bin ich müde …«
»Halt's Maul!« sagte Hellersen grob. »Hundert Mark …«
»Peitsche oder Stachelband?«
Mit zitternden Händen zog sich Bruno Hellersen aus.
Vor dem Abendessen trafen Bruno und Katja aufeinander.
Sie sprachen kein Wort. Mit einem dumpfen Laut stürzte Hellersen auf sie, würgte sie, schleifte sie über den Boden, trat ihr in die Brust, den Magen, den Unterleib und suchte verzweifelt nach einem harten Gegenstand, um ihr den Schädel einzuschlagen. In einer unachtsamen Sekunde riß Katja sich los und flüchtete in den Park. Bruno setzte ihr nach, seine kurzen stämmigen Beine stampften über den Rasen, die Arme ruderten vor und zurück, als könne er den Wind wegdrücken und dadurch schneller laufen.
»Bleib stehen!« keuchte er. Katja war flinker als er. Sie war schlank und jung, ihre langen Beine trugen sie mit jedem Schritt von ihm weg. »Bleib stehen! Ich verspreche dir, dich nicht zu schlagen … Ich will dich ja gar nicht schlagen … Bleib stehen! … Katja, warum läufst du denn weg? Gerade jetzt … jetzt …«
Ekel und Grauen stiegen in ihr hoch und gaben ihr neue Kraft. Sie schnellte durch den weiten Garten, erreichte in einem großen Bogen die Ausfahrt, rannte auf die Straße und lief sie hinunter, ohne sich umzusehen.
Sie wußte, Bruno folgte ihr nicht. Er stand am Tor und starrte ihr nach, mit verzerrtem Gesicht, die Hände in sein Hemd verkrallt. Ein glatzköpfiger Faun.
Eine halbe Stunde später – Dunkelheit und Stille lag in den Straßen – klingelte sie bei Dr. Vandura. Niemand öffnete. Das Haus lag mit geschlossenen Läden hinter den Büschen. Kein Lichtschein, kein Leben.
Katja setzte sich auf die Stufen des Eingangs, lehnte den Kopf gegen die Tür und wartete. Wie ein Hund hockte sie vor der Tür, kroch in sich und wimmerte vor sich hin.
Sie schlief vor Erschöpfung ein. Sie erwachte, weil sie glaubte, sie schwebe. Dr. Vandura hatte sie auf seine Arme genommen und trug sie ins Haus.
»Ich … ich habe auf Sie gewartet …« sagte Katja. Wie ein Kind ließ sie sich auf die Couch legen und fühlte sich plötzlich geborgen und warm. »Sie waren nicht da, Doktor …«
»Ich war auf Patientenbesuch.« Vandura holte seine Arzttasche von draußen herein, knipste eine Stehlampe an und schob sie neben Katja. Das plötzliche grelle Licht blendete sie. Sie drehte den Kopf zur Seite.
»Er hat Sie wieder geschlagen?«
»Er wollte mich umbringen.«
»Hier sind Sie in Sicherheit.«
Er öffnete seine Arzttasche, und Katja begann, sich auszuziehen.
Ihr Körper war übersät mit blauen Flecken, Würgemale umzogen den
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