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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aber es gibt Menschen, die man vernichten muß!
    »Steig ein!« rief er, als Katja über die Straße rannte. Er kam ihr entgegen, wollte sie stützen und merkte erst da, daß Katja nicht auf der Flucht war. Ihr Gesicht trug keine Spuren von Angst, sondern nur von völliger Ratlosigkeit.
    »Bruno …«, stammelte sie, als Vandura den Arm um ihre Schulter legte. »Er ist tot! In meinem Schlafzimmer. Neben dem Bett liegt er – rot, aufgequollen, schrecklich …«
    Dr. Vandura handelte sofort. Er lief zum Wagen zurück, riß seine Arzttasche vom Rücksitz und blickte dann hinüber zu der herrlichen Villa. Der Gärtner erschien am Tor, den grünen Hut in den Nacken geschoben, und sah zu ihnen hinüber. Elfriede hatte ihn alarmiert – im Hause mußte etwas geschehen sein. Vandura zögerte. Er ist tot, dachte er. Wie schnell sich die Probleme lösen. Er wird einen Herzinfarkt bekommen haben, er war der typische Hypertoniker. Nun ist Katja frei …
    Er schämte sich plötzlich dieser Gedanken, faßte Katja an die schlaffe Hand und zog sie mit.
    »Wo liegt er?« fragte er, als sie an dem Gärtner vorbei zum Haus rannten.
    »Oben –« Katja blieb in der Diele stehen. »Muß … muß ich mit hinauf?«
    »Nein. Ich finde es schon.«
    Vandura sprang die Treppen hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Das erste Zimmer, das er aufriß, war ein Ankleidezimmer, das zweite das große Marmorbad, das dritte Katjas Zimmer. Die Zerstörung der Einrichtung bestätigte seine erste Annahme: Er hat getobt wie ein Stier, und dann setzte das Herz aus.
    Bruno Hellersen lag noch immer so da, wie Katja ihn gefunden hatte. Vandura kniete neben ihm, fühlte zunächst den Puls und war erstaunt, daß er tastbar war. Er schob Hellersens Augendeckel hoch, öffnete dann sein Hemd und begann, mit dem Stethoskop das Herz abzuhorchen. Es schlug matt, unregelmäßig, in großen Abständen aussetzend – ein Herz, das um sein Weiterleben kämpfte, um Blut … Blut, das nur langsam noch durch die Adern floß. Hier mußte schnell gehandelt werden!
    Vandura lief zur Treppe zurück. Unten in der Diele standen Katja, Elfriede und der Gärtner und warteten. Elfriede weinte. »Der gute Herr«, schluchzte sie immer wieder. »Der gute Herr! O Gott, o Gott …«
    In Katjas versteinertem Gesicht las Vandura ihre stumme Frage. Er schüttelte schnell den Kopf.
    »Kommen Sie 'rauf!« rief er dem Gärtner zu. »Herr Hellersen ist für mich allein zu schwer …«
    Der Gärtner raste die Treppe hinauf.
    Mühsam – Bruno Hellersen wog mindestens 230 Pfund, schätzte Vandura – hoben sie ihn gemeinsam auf und wuchteten ihn auf das Bett. Erschrocken sah sich der Gärtner um – die Zerstörung des Zimmers begriff er nicht.
    »Eine kleine Meinungsverschiedenheit«, sagte Vandura sarkastisch. »Unter Eheleuten kommt so etwas manchmal vor. Und jeder reagiert anders. Herr Hellersen liebt es, alles zu Kleinholz zu machen.«
    Der Gärtner grinste verlegen. »Er hat's ja«, sagte er und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. Dann schielte er auf den Besinnungslosen, während Dr. Vandura eine Spritze mit Cordalin aufzog. Ganz langsam injizierte er intravenös das Mittel und beobachtete dabei das Gesicht Hellersens. Der Mund öffnete sich, ein dumpfer Schnarchton erklang.
    »Sind Sie verheiratet?« fragte Vandura. Er hörte wieder das Herz ab und legte dann die Blutdruckmanschette um Brunos linken Oberarm.
    »Nein, Herr Doktor.« Der Gärtner grinste verlegen. »Hier gibt's viel Krach im Haus. Ich hör's immer im Garten. Aber sie versöhnen sich auch immer schnell … Wenn man sie zusammen sieht – wie die Flitterwöchler! Das hier«, der Gärtner machte eine Armbewegung zu dem zerstörten Zimmer, »das ist morgen vergessen. Dann bekommt die gnädige Frau ein neues, noch schöneres Zimmer und einen neuen Brillanten. Herr Hellersen ist sehr freigebig und überhaupt nicht nachtragend.«
    Wie ein Mensch seine Umwelt narren kann, dachte Vandura betroffen. Niemand hier im Haus würde glauben, welch ein Satan dieser Hellersen in Wahrheit ist. Sie sehen nur den äußeren Glanz, die Reklameseite des Bruno Hellersen, das schillernde Kostüm, in das er schlüpft, wenn er sein Zimmer verläßt und seine mißhandelte Frau zurückbleibt.
    »Ziehen wir ihn aus«, sagte Vandura und schnallte die Blutdruckmanschette ab. Langsam erholte sich Hellersen. Sein Schnarchen wurde leiser. Noch wußte Vandura nicht, ob diese Ohnmacht ein Anfall oder ein Apoplex, ein Hirnschlag, gewesen war. Die

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