Der Wunsch des Re
Bezirk des Gottes verschönert werden konnte. Es sollten die Kapellen der Isis und des Horus erneuert werden. Zudem wünschte er, dass eine prunkvollere Barke für den Gott des Totenreiches angefertigt werden sollte, wofür edle Hölzer aus den Ostländern benötigt wurden.
Einen Tag vor dem Beginn der Zeremonien legte die Barke von Sethherchepeschef im Hafen von Abydos an, doch er erschien ohne seine Gemahlin, die in Theben geblieben war.
»Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich gekommen bin«, begrüßte Sethi seinen königlichen Neffen, der bereits seit knapp einer Woche in der Stadt des Osiris weilte. »Ich hatte nach langer Zeit wieder einmal das Bedürfnis, dem Fest beizuwohnen«, erklärte er.
Prüfend sah Ramses seinen Verwandten an. »Ich hoffe, es trieb dich nicht ein anderer Grund nach Abydos.«
Lächelnd schüttelte Sethi den Kopf. »Du meinst Meritusir? – Nein, Ramses, das gehört der Vergangenheit an. Ich muss zwar gestehen, dass ich sie tief in meinem Herzen noch immer ein wenig liebe, doch sie ist die Frau eines anderen. Das akzeptiere ich inzwischen.« Ein vertrauensseliges Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht. »Das Feuer von einst ist einer schwachen Glut gewichen.«
»Auch diese kann ein einziger Windhauch neu entfachen«, bemerkte Ramses säuerlich, doch Sethi behielt sein Lächeln bei. »Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn du nicht hergekommen wärst.«
»Habe ich mir deinen königlichen Zorn aufgeladen?«, wollte Sethi besorgt wissen, aber Ramses antwortete nicht.
Nach dem Gespräch begab sich der Prinz zum Heiligtum seines Bruders, um dem göttlichen Ka von Ramses VI. ein Opfer zu bringen und Weihrauch vor seiner Statue zu verbrennen. Kurz vor der Mittagszeit verließ er es wieder und schlug zu Fuß den Weg zum Tempel der Millionen Jahre seines Neffen ein. Der Weg war staubig und lang, doch er hoffte, auf seine geliebte Meritusir zu treffen, die sich nach Aussage eines Wab-Priesters bereits am frühen Vormittag dorthin begeben hatte.
Auf halbem Weg kam sie ihm auf einem von zwei Pferden gezogenen Wagen entgegen. An ihrer Seite stand ein dunkelhäutiger Mann, der ihn missmutig beäugte, nachdem Meritusir ihm befohlen hatte, die Pferde zu zügeln.
»Bist du gekommen, um dir das Fest zu Ehren unseres Gottes anzusehen, Prinz Sethherchepeschef?«, fragte sie ihn und sah vom Wagen auf ihn herab.
»Ja, Meritusir.« Sethi trat an das zweirädrige Gefährt und reichte ihr die Hand, die sie zögernd nahm und vom Wagen stieg. »Lass uns ein Stück des Weges zu Fuß gehen und reden«, schlug er vor, und die Priesterin nickte.
»Wie du wünschst, Hoheit. Ich habe aber nicht viel Zeit.«
Sethi merkte, dass er es nicht mehr mit der unterwürfigen Leibeigenen zu tun hatte wie in Memphis oder Theben, doch auch schon früher hatte er Meritusirs starken Willen gespürt.
»Wie geht es dir, Hoheit?«, begann die Zweite Prophetin eine zwanglose Unterhaltung. »Wie ich hörte, hast auch du geheiratet, und deine Gemahlin hat dir eine Tochter geschenkt. Sind beide ebenfalls hier?«
»Leider nein. Meine Frau blieb in Theben bei unserem Kind, das krank darniederliegt«, erwiderte Sethi und machte ein bekümmertes Gesicht, doch Meritusir konnte er nicht täuschen. Sie sah ihn aus den Augenwinkeln an und erkannte sofort, dass das alles nur Maskerade war. Sethherchepeschefs Augen blickten leer und teilnahmslos, während sein Mund besorgt von seiner Tochter sprach. Keine einzige Regung zeigte, dass er wirklich betrübt war, so wie er es vorgab. »Die Kleine ist so zart und schmächtig«, plauderte Sethi unbeirrt weiter. »Ich fürchte, die Götter werden ihr kein langes Leben gewähren.«
»Das tut mir leid zu hören, Hoheit.« Meritusir war stehen geblieben und sah mitfühlend zu Sethi, denn das Kind konnte nichts für seinen Vater. »Ich werde für die Kleine beten und Osiris bitten, sie noch nicht in sein Reich zu holen.« Ihre Anteilnahme war nicht vorgetäuscht.
»Ich danke dir für dein Mitgefühl. Ich habe immer gewusst, dass du ein gutes Herz hast.« Auch Sethi war stehen geblieben und sah der Frau in die Augen, die er so unglaublich stark begehrte. Nach kurzer Zeit musste er gewaltsam den Blick von ihr wenden, um ihr nicht seine tiefe Zuneigung zu zeigen.
Meritusir hatte aber bereits verstanden. Sethherchepeschef war noch immer in sie verliebt, und noch immer hatte er nicht die Hoffnung aufgegeben, sie eines Tages zu besitzen. Sie fröstelte mit einem Mal.
»Ich muss zurück zum
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