Der Zauberfussball, Alfred Bekker, CassiopeiaPress
Alfred Bekker
Der Zauberfußball
„Dieser Ball ist etwas ganz Besonderes und ich würde ihn am liebsten gar nicht verkaufen, mein Junge.“
Paul sah zu dem eigenartigen Mann auf. Er war sehr groß
und dürr. Sein Gesicht war sehr faltig und er hatte kein einziges Haar auf dem Kopf. Er trug einen Ledermantel, der bis zum Boden reichte und war Paul von Anfang an unheimlich vorgekommen, dass er sich erst gar nicht zu ihm an den Stand getraut hatte. Noch nie zuvor hatte Paul diesen Mann auf dem Trödelmarkt gesehen – und die Sachen, die er im Angebot hatte, waren auch ausgesprochen seltsam. Er verkaufte alte Bücher, die so staubig waren, dass man niesen musste, wenn man eins davon aufschlug. ‚Die Geheimnisse magischer Zeichen‘, hieß ein dickes Buch, das er anbot und das schon halb zerfallen war. Ein anderes trug den Titel ‚Wie jage ich Vampire und Werwölfe?‘ und lag zwischen Holzpflöcken, Silberkugeln und allen möglichen Amuletten und bemalten Steinen. Außerdem hatte er mehrere Schädel von Affen und Menschen in seinem Angebot, die mit eigenartigen Zeichen bemalt waren, und die größte Ansammlung von Kristallkugeln, die Paul je gesehen hatte. Aber unter all diesen Sachen gab es auch einen Fußball, der Pauls Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Vor allem war der Preis so unglaublich. Er kostete nur einen Euro, so stand es auf dem Schild, das der seltsame Händler neben dem Ball aufgestellt hatte. Ein Euro – das war genau die Summe, die Paul noch in der Tasche hatte. Den Rest seines Geldes hatte er schon ausgegeben. In der rechten Hand trug er eine Tüte voller Comics und außerdem hatte er sich noch ein Spiel für seinen Nintendo DS zugelegt. Es war sehr preiswert gewesen und Paul hoffte, dass es auch funktionierte. Und nun der Ball ...
Paul hatte schon lange so einen echten Lederball haben wollen, wie er da auf dem Tisch des Händlers lag. Und dann waren auf dem auch noch Autogramme!
„Worauf wartest du noch?“, fragte der Händler. „Nimm den Ball ruhig in die Hand, dann wirst du sehen, dass du deinen letzten Euro für dieses Leder hergeben kannst, Junge!“, pries er seine Ware an.
Paul war völlig überrascht. „Woher wissen Sie, dass ich nur noch einen Euro habe?“
Der Händler nahm den Ball in seine knochigen Hände, deren Finger ausgesprochen lang waren und wie Spinnenbeine wirkten. Er gab den Ball an Paul weiter, der nun die Tüte mit seinen Comics abstellen musste. Dann zuckte er mit den Schultern und lächelte. „Vielleicht kann ich ja deine Gedanken lesen ...“, meinte er und lachte auf eine ganz seltsame Weise. Plötzlich sah er an Paul vorbei zu einem anderen Jungen, der sich am Stand mit den Comics herumdrückte. Das war Pauls Freund Tim, der sich bislang nicht getraut hatte an den Stand des komischen Händlers zu kommen. Eigentlich hatte er versprochen, Paul zu begleiten, aber der Mann mit dem langen Mantel und der Glatze sah einfach zu unheimlich aus. „Na los“, rief der Händler, „du kannst ruhig näherkommen!“
Zögernd trat Tim heran.
„Was ist nun? Willst du den Ball haben?!“, fragte der Händler an Paul gewandt. „Ein Euro – das ist wirklich ein günstiger Preis.“
„Ja, sicher! Ich habe ja auch nicht gemeckert!“
„Was hält dich dann davon ab, ihn zu kaufen?“
Paul wechselte einen kurzen Blick mit Tim. „So einen Ball kriegst du für einen Euro nirgends!“, stellte Tim fest. „Also wenn ich noch einen Euro in der Tasche hätte, würdest du ihn nicht bekommen, das sag ich dir!“
Paul sah sich die krakeligen Unterschriften auf dem Leder an.
„Es sind alle Nationalspieler dabei“, sagte der Händler.
„Auch Lahm?“, fragte Paul.
„Sicher.“
„Und Ballack?“
„Auch der – wenn du willst.“
„Zeigen Sie mal!“
„Du findest sie selbst!“, war der Händler überzeugt. Paul drehte den Ball und tatsächlich, er fand die Unterschriften von Philipp Lahm und Michael Ballack. Auch die anderen Unterschriften konnte er ohne Schwierigkeiten entziffern, obwohl sie zum Teil sehr unleserlich geschrieben waren. Wie Autogramme eben.
Paul klemmte sich den Ball unter den linken Arm und kramte den Euro aus der Tasche. „Hier“, sagte er, als er dem Händler die Münze gab. „Mein letztes Geld!“
„Du wirst es nicht bereuen“, antwortete dieser nur geheimnisvoll.
„Hauptsache, er hält die Luft. Besonders stramm aufgepumpt ist er ja nicht.“
„Dafür wirst du mit ihm jeden Pass so sicher schießen, wie du es bisher nicht
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