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Schönheit und Schrecken: Eine Geschichte des Ersten Weltkriegs, erzählt in neunzehn Schicksalen (German Edition)

Schönheit und Schrecken: Eine Geschichte des Ersten Weltkriegs, erzählt in neunzehn Schicksalen (German Edition)

Titel: Schönheit und Schrecken: Eine Geschichte des Ersten Weltkriegs, erzählt in neunzehn Schicksalen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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An den Leser
    Dies ist ein Buch über den Ersten Weltkrieg. Aber nicht darüber, was er war – seine Ursachen, seinen Verlauf, sein Ende und seine Folgen –, sondern darüber, wie er war. Hier werden weniger die äußeren Faktoren des Krieges beschrieben als die von ihm betroffenen Menschen, ihre Eindrücke, Erlebnisse und Stimmungen. Es ging mir nicht so sehr darum, einen Ereignisverlauf zu rekonstruieren, sondern eine Gefühlswelt.
    Wir begleiten neunzehn Personen, alle real (das Buch enthält nichts Erfundenes, sondern beruht auf Dokumenten unterschiedlicher Art, die diese Menschen hinterlassen haben), alle unbekannt oder vergessen, alle weit unten in den Hierarchien. Und während der Erste Weltkrieg im allgemeinen Bewusstsein bisher – nicht ohne Grund – mit dem Schlamm der Westfront gleichgesetzt wurde, befinden sich viele dieser Personen an anderen Kriegsschauplätzen, wie der Ostfront, den Alpen, dem Balkan, Ostafrika und Mesopotamien. Die meisten von ihnen sind jung, manche kaum älter als zwanzig Jahre.
    Von diesen neunzehn werden zwei fallen, zwei kommen in Kriegsgefangenschaft, zwei werden als Helden gefeiert, zwei enden als körperliche Wracks. Manche heißen den Krieg willkommen, als er ausbricht, werden ihn aber bald hassen; andere hassen ihn vom ersten Tag an; einer liebt ihn vom Anfang bis zum Ende. Einer von ihnen wird buchstäblich wahnsinnig und landet in einer Nervenheilanstalt, ein anderer hört nie auch nur einen einzigen Schuss. Trotz ihrer wechselnden Rollen und Schicksale, ihrer Unterschiede in Geschlecht und Herkunft sind sie doch alle durch die Tatsache vereint, dass der Krieg ihnen etwas Entscheidendes raubt: ihre Jugend, ihre Illusionen, ihre Hoffnung, ihre Mitmenschlichkeit – ihr Leben.
    Die meisten dieser neunzehn Personen werden dramatische und auch schreckliche Dinge erleben, aber mein Hauptaugenmerk richtet sich dennoch auf den Alltag des Krieges. Dies ist ein Stück Anti-Geschichte insofern, als ich versucht habe, das in jeder Hinsicht epochale Geschehen auf seinen kleinsten Bestandteil zurückzuführen, nämlich den einzelnen Menschen und sein Erleben. Über die melancholische Skepsis gegenüber meinem eigenen Beruf, die den Anstoß zu dieser Herangehensweise gegeben hat, werde ich vielleicht ein andermal berichten.
     
    Montag, den 30. Juni 2008
    P. E.

[…] alles, was sich an Qual und Grauen begeben hat auf den Richtplätzen, in den Folterstuben, den Tollhäusern, den Operationssälen, unter den Brückenbögen im Nachherbst: alles das ist von einer zähen Unvergänglichkeit, alles das besteht auf sich und hängt, eifersüchtig auf alles Seiende, an seiner schrecklichen Wirklichkeit. Die Menschen möchten vieles davon vergessen dürfen; ihr Schlaf feilt sanft über solche Furchen im Gehirn, aber Träume drängen ihn ab und ziehen die Zeichnungen nach. Und sie wachen auf und keuchen und lassen einer Kerze Schein sich auflösen in der Finsternis und trinken, wie gezuckertes Wasser, die halbhelle Beruhigung. Aber, ach, auf welcher Kante hält sich diese Sicherheit. Nur eine geringste Wendung, und schon wieder steht der Blick über Bekanntes und Freundliches hinaus, und der eben noch so tröstliche Kontur wird deutlicher als ein Rand von Grauen.
     
    Rainer Maria Rilke,
    Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge , 1910
     
    Der Sommer war schön wie nie und versprach noch schöner zu werden; sorglos blickten wir alle in die Welt. Ich erinnere mich, wie ich noch am letzten Tage in Baden mit einem Freunde durch die Weinberge ging und ein alter Weinbauer zu uns sagte: «So ein’ Sommer wie den haben wir schon lange nicht gehabt. Wenn’s so bleibt, dann kriegen wir einen Wein wie nie. An den Sommer [1914] werden die Leut’ noch denken!»
     
    Stefan Zweig, Die Welt von gestern , 1942

Dramatis personae
Elfriede Kuhr – deutsches Schulmädchen, 12 Jahre
Herbert Sulzbach – deutscher Artillerist, 20 Jahre
Richard Stumpf – deutscher Schiffsmatrose, 22 Jahre
Pál Kelemen – Kavallerist in der österreichisch-ungarischen Armee, Ungar, 20 Jahre
Andrej Lobanov-Rostovskij – Ingenieursoffizier in der russischen Armee, 22 Jahre
Florence Farmborough – Krankenschwester in der russischen Armee, Engländerin, 27 Jahre
Kresten Andresen – Soldat in der preußischen Armee, Däne, 23 Jahre
Michel Corday – französischer Beamter, 45 Jahre
Alfred Pollard – Infanterist in der britischen Armee, 21 Jahre
William Henry Dawkins – Pionier in der australischen Armee,

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