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Der zehnte Planet

Der zehnte Planet

Titel: Der zehnte Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Beljajew
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aufgeregt ergriff Jura das Wort:
    »Die Zeit ist sehr kostbar, ich habe mich sehr beeilt, zu Ihnen zu kommen, und deswegen werde ich mich kurz fassen. Ich habe Sie genau fünfzehn Jahre nicht mehr gesehen. Sie, teurer Lehrer, haben sich auch gar nicht verändert.«
    »Eh«, erwiderte der Gelehrte, »ich werde am Vorabend des nächsten Vollmondes einundsechzig Jahre alt . . . Entschuldigen Sie, wie alt sind Sie denn?«
    »Ich stehe im fünfunddreißigsten Sie haben schon recht, Michail Sergejewitsch, in den letzten Jahren verlief mein Leben eigentlich nicht wie eine Parabel, sondern vielmehr wie eine ziemlich komplizierte geschlossene Kurve zweiten Grades, wenn wir uns mathematisch ausdrücken wollen. Ich widmete mich begeistert der Entstehung des Planetensystems und habe eine Möglichkeit gefunden, alles ausschließlich durch die innern Prozesse zu erklären, die sich im Sonnenkern abspielten, als dieser gelbe Zwerg noch ein pulsierender Gigant war, wie jeder der Cepheiden 4 ) . Aber meinegeschlossene Kurve ging natürlich zu dem entgegengesetzten Punkt.«
    »Zum Pol!« hielt der Gelehrte für notwendig einzufügen.
    Er fing an, Gefallen an dem Gespräch zu finden; auch liebte er die mathematischen Gleichnisse in den Reden der Astronomen.
    »Ganz richtig. Als die scharfen Artikel der Professoren des Observatoriums Mount Wilson mich aufs Haupt schlugen, habe ich nicht die Hände in den Schoß gelegt und mich verletzt gefühlt. Ich fing an, neue Beweise für die Richtigkeit meiner Theorie zu suchen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich ins Altajgebirge zurückzuziehen und mich dort verborgen mit der Prüfung der Gesetze der Himmelsmechanik zu beschäftigen.«
    »Oh!« — erstaunt breitete der Gelehrte die Arme aus.
    »Haben Sie sich selbst gegen Newton erhoben? Gegen das Gesetz der Universal-Schwerkraft? Na, wissen Sie . . . Übrigens fahren Sie fort . . . Ich werde schon mit Ihnen fertig . . .«
    Jura zuckte leicht mit den Achseln:
    »Bitte sehr . . . Die gründliche Vertiefung in die Gesetze, die uns als ewig erscheinen, hat mich überzeugt, daß Newtons Genie nur bezüglicheines Zeitabschnittes, der mit hundert Millionen Jahren bemessen wird, recht hat. Ich muß sagen, daß mir einige fruchtbare Gedanken gekommen sind, als ich die Gesetze der Himmelsmechanik in der Physik der Atome angewandt habe. Das gestartete mir, manche praktische Folgerungen zu ziehen . . .«
    »Hm! Konkret?« brummte der Gelehrte. »Ein interessanter Pol«, fügte er spöttisch hinzu.
    »Sie wissen doch, daß es in der Astronomie Fälle gibt, wo die Bewegungen der Gestirne, die ganz genau nach den Regeln der klassischen Himmelsmechanik berechnet sind, nicht den Ergebnissen der genauesten Beobachtungen entsprechen, ja, ja . . . nehmen wir den bekannten Enkeschen Kometen. Die Veränderungen in seiner Bahn sind rätselhaft. Warum?«
    »Und Sie wissen es nicht?« lachte der Gelehrte leicht gereizt. »Machen Sie sich die Mühe, aus diesem Schrank vom dritten Fach links, den astronomischen Kalender zu nehmen, und schauen Sie hinein. Dort sind schwarz auf weiß die Berichtigungen zu den Berechnungen gedruckt . . .«
    »Ich kenne alle Berichtigungen auswendig«, lächelte Jura. »Aber ich denke mir, daß die Ziffern der Berichtigungen nur eine noch unbekanntephysikalische Erscheinung widerspiegeln, die zu ergründen unsere Pflicht ist . . .«
    »Aha«, meinte mit vorgeschützter düsterer Ruhe der Gelehrte, sein Taschentuch herausziehend, um sich die ausbrechenden Schweißperlen von der Stirn zu wischen. »Sie, Jurotschka, sind ein Ketzer! Jetzt werden Sie mir den Planeten Merkur anführen . . .«
    »Ja, nickte Jura. Warum wendet sich die Ellipse, auf welcher sich Merkur, der nächste Planet zur Sonne, bewegt, auf der großen Achse zu schnell? Warum muß man jedes Jahr unzählige Berichtigungen machen? Na ja, alle haben vermutet und vermuten noch, daß diese Beschleunigung durch die Anziehungskraft eines unbekannten Planeten hervorgerufen wird, der noch näher zur Sonne ist als Merkur. Aber dreißigtausend Aufnahmen der Observatorien der ganzen Welt haben auch nicht den kleinsten Hinweis auf einen solchen Planeten entdeckt. Hunderte von Astronomen haben mit den Fernrohren die ganze Himmelssphäre abgesucht und nirgends etwas gefunden. Sie konnten ihn auch nicht finden . . .«
    »Weil er eben gar nicht existiert«, brummte, im höchsten Maße gereizt, der Gelehrte.
    »Nicht deswegen«, erwiderte Jura höflich. »Der zehnte große Planet in

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