Der zweite Buddha
einmal mit der Person zu versuchen, die ihn zuletzt lebendig gesehen hat«, erwiderte ich. »Das ist doch wohl die traditionelle Methode... Bringen sie euch das nicht schon auf der Polizeischule bei?«
Er stampfte hinaus und knallte die Tür hinter sich zu. Dann öffnete er sie wieder, steckte den Kopf durch den Spalt und knurrte: »Wenn es nicht so blödsinnig heiß wäre da drin, dann würde ich Sie für Ihre Frechheit nach Strich und Faden verhauen, Sie halbe Portion... Und schönen Dank auch!«
23
Es war halb elf, als ich das Büro betrat. Ich fühlte mich ein wenig besser, aber mein Auge schimmerte noch immer in allen Farben. Ich hinkte und hatte Schmerzen beim Atmen.
Ich versuchte, eine Stellung im Sessel zu finden, in der ich keine Schmerzen hatte, ich war damit noch nicht zu Rande gekommen, da kam Bertha schon hereingerauscht.
Ich schloß die Augen und wartete auf die Explosion. Zu meiner größten Überraschung blieb sie aus. Bertha sagte nur: »Bei mir im Büro sitzt Frank Sellers. Kannst du mal ‘rüberkommen?«
Endlich hatte ich die richtige Stellung gefunden. »Nein«, erklärte ich mit Nachdruck. »Schick ihn zu mir.«
»Das wird er nicht so schrecklich gern haben, weißt du ...«
»Das ist mir wurscht.«
Sichtlich widerstrebend, marschierte Bertha ab. Es vergingen kaum zehn Sekunden, da kam sie mit Frank Sellers zurück.
»Na, Kleiner, wie fühlen Sie sich denn inzwischen?« erkundigte er sich. Seine Stimme klang freundlich, fast respektvoll.
»Mies«, erklärte ich.
»Die haben Ihnen wahrhaftig die Jacke anständig voll gehauen«, meinte er voller Sympathie.
5 »Sie sagen mir nichts Neues.«
»Hören Sie, Donald...« Ich spürte, daß er unsicher wurde. »Ich habe vorhin diesen Mordfall abgeschlossen...«
»Crockett?«
»Ja, Crockett.«
»Und wer ist der Täter?«
»Olney«, berichtete Sellers. »Hat er übrigens verdammt geschickt angefangen, der Bursche. Zunächst einmal hat er Vorkehrungen getroffen, um das Blasrohr unbemerkt aus der Wohnung schaffen zu können — ganz raffiniert: er hat die Stange von so einem Klubwimpel ausgehöhlt... Ja, und dann hat er die Bolzen geklaut und wollte das Blasrohr heimlich in Mrs. Crocketts Atelier verstecken, damit es dann dort gefunden werden sollte. Und ausgerechnet Sie haben ihm diese Mühe abgenommen.«
Mit der gebotenen Vorsicht änderte ich meine Stellung — ja, so ging es. »Hat er sich ein kleines Blasrohr gebastelt?« fragte ich.
»Ja, ein winziges Ding. Das Röhrchen war noch keine 30 Zentimeter lang. Und hinten hatte er einen von diesen kleinen Behältern mit Kohlendioxyd angebracht, dazu eine Art Abzugsvorrichtung. Die 3olzen hatten tatsächlich fast die Wucht einer Pistolenkugel.«
»Hm hm ...« Ich unterdrückte das >Was habe ich Ihnen gesagt?<, das mir auf der Zunge lag.
Dankbar fuhr Sellers fort: »Olney erledigte für Crockett auch alle geschäftlichen Dinge einschließlich der Steuersachen. Dabei hat er sich ¡hier und da ein bißchen verrechnet... Sie verstehen. Ungefähr 80 000 hat er sich im Laufe der Zeit unter den Nagel gerissen. Na ja, und ewig konnte das ja nicht unentdeckt bleiben -- nicht in diesen Größenordnungen. Crockett schöpfte Verdacht, und Olney befürchtete, daß er eine Buchprüfung veranlassen werde.«
»Ich hatte schon Angst, er hätte womöglich ein Auge auf Phyllis Crockett geworfen und wollte freie Bahn schaffen.«
»Nein, es war nur diese Geldgeschichte. Es war alles im Grunde furchtbar einfach — das heißt, sobald man die Geschichte am richtigen Ende anpackte. Wir haben Olneys Zimmer durchsucht. Dieser Narr hatte noch nicht einmal seine Schießapparatur beseitigt.«
»Glückwunsch, Frank... Aber warum sind Sie vorbeigekommen?«
»Ich wollte... Ich habe gedacht, es ist besser, ich spreche mit Ihnen/ ehe sich die Reporter auf die Sache stürzen«, stotterte er.
»Wieso?«
»Na ja, Sie werden doch interviewt werden und so... ich meine, ich wüßte ganz gern, was Sie der Presse erzählen werden ...«
»Ich?« fragte ich erstaunt. »Wenn sich wirklich einer zu mir verirren sollte, was kann ich dem schon viel erzählen? Ich kann nur berichten, daß ich heute nacht die Ehre hatte, mit Inspektor Sellers von der Mordkommission zusammenzuarbeiten und dabeizusein, wie er den Diebstahl der beiden Buddhafiguren aufklärte... Das war bevor er dann den Mörder von Crockett dingfest gemacht hat.«
»Und die Unterhaltung in der Sauna?« flüsterte Sellers. Ich war ganz erstaunt. Ich hatte
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