Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
Vom Netzwerk:
schien nicht zu reagieren, ihre Augen blitzten jedoch interessiert auf, als sie Irenes eingegipstes Bein näher betrachtete.
    Irene beeilte sich, fortzufahren:
    »Sie sind wirklich stark. Das war die übelste Schlägerei, die mir je untergekommen ist. Ich muss zugeben, dass Sie die stärkste und intelligenteste Person sind, die mir je begegnet ist. Unglaublich durchtrainiert!«
    Irene verstummte. Sie fragte sich, ob sie wohl zu dick aufgetragen hatte. Offenbar nicht, denn auf Carinas Lippen breitete sich ein zufriedenes Lächeln aus. Sie schien auf jeden Fall zuzuhören. Das bestärkte Irene, und sie fuhr fort:
    »Das Schlauste war natürlich, sich die Schwesterntracht von Schwester Tekla anzuziehen, die Sie in der Reisetasche gefunden hatten. Hätte Sie jemand gesehen, hätte er glauben müssen, das Klinikgespenst vor sich zu haben. Wirklich clever.«
    Zu Irenes Erstaunen ging Carina darauf ein:
    »Es lief wirklich alles wie am Schnürchen. Die abergläubischen Weiber glaubten, dass ich das Gespenst bin.«
    Dann verstummte sie, aber ihr Gesichtsausdruck war nicht so abwesend wie sonst. Sie schien zufrieden zu sein.
    »Was ich nicht verstehe, ist, warum Linda sterben musste. Obwohl sie natürlich versucht hatte, sich Ihren Mann unter den Nagel zu reißen …«, sagte Irene.
    Carinas Blick drückte grenzenlose Verachtung aus, als sie antwortete:
    »Was sie und Sverker in der Bereitschaftswohnung trieben, war mir völlig egal! Es ging um meine Klinik! Ich hatte den Plan, sie in eines der feinsten Fitnesscenter von Göteborg umzubauen! Was ich mir schon für eine Arbeit mit den Zeichnungen und der Planung gemacht hatte! Und dann kommt dieses Miststück und versucht Sverker dazu zu überreden, sich scheiden zu lassen!«
    »Sagte er wirklich, dass er sich scheiden lassen will?«, fragte Irene und versuchte, ihre Stimme empört klingen zu lassen.
    »Ich habe sie gehört …!«
    Carina hielt inne und warf Irene einen misstrauischen Blick zu. Aber diese wusste, was sie zu tun hatte, und erwiderte ihn mitfühlend. Das ermunterte Carina und sie fuhr fort:
    »Ich stand vor der Tür der Bereitschaftswohnung und habe sie belauscht. Das war am ersten Wochenende, nachdem wir aus Thailand zurück waren. Sverker hatte angeblich etwas Unaufschiebbares in der Klinik zu tun. Ich wusste, was ihn dorthin zieht, tat aber so, als sei nichts. Das kannte ich schließlich. Vor zwölf Jahren hatte ich es schließlich genauso gemacht. Ha! Ich wusste genau Bescheid. Aber ich folgte ihm … ich öffnete die Tür der Bereitschaftswohnung … und da hörte ich …«
    Sie presste die Lippen zusammen. Ihre Augen waren schmale Schlitze. Sie zischte:
    »Das konnte ich nicht zulassen! Meine Pläne und meine Klinik … es war ihr Fehler, dass sie starb. Sie hätte mit Sverker ruhig rummachen dürfen, wenn ihr das so sehr am Herzen lag. Aber sie wollte ihn heiraten. Diese verdammte Schlampe! Das war ausgeschlossen! Ich habe nicht das Geld, um die Klinik zu kaufen. Aber sie gehört ja Sverker, und wir sind schließlich immer noch verheiratet!«
    Trotzig hob sie das Kinn und sah Irene direkt an, die eifrig und zustimmend nickte. Vorsichtig fragte sie:
    »Wie sind Sie ins Krankenhaus gekommen? Sverker hatte doch wohl seinen Generalschlüssel zurückbekommen?«
    Carina lächelte pfiffig und sagte in vertraulichem Ton:
    »Ich habe nicht nur Pläne in Hildings Reisetasche gefunden. Dort lag auch ein Schlüsselbund mit Schlüsseln für die alte Villa. Und ein Generalschlüssel für die Klinik! Die Schlösser sind seit Jahren nicht mehr ausgetauscht worden. Natürlich hatte Hilding auch einen Generalschlüssel. Den hatte Sverker vollkommen vergessen!«
    Der Triumph ließ das Gesicht von Carina aufleuchten. Sie war wirklich sehr mit sich zufrieden.
    »Als Sverker anrief und sagte, dass er in der Klinik übernachten müsse, hatte ich sofort das Gefühl, dass sie dorthin kommen würde. Und ich wusste auch, wann. Sverker besitzt keine Phantasie. Die Schwesterntracht hatte ich bereits mitgenommen und zu Hause versteckt. Dann zog ich mich im Wäldchen um. Sie hätten mich sehen sollen, wie ich über die Wiese gegangen bin! Wenn mich jemand gesehen hätte, hätte ihn der Schlag getroffen!«
    Unerwartet lachte Carina höhnisch. Irene stellte es die Nackenhaare auf. Ohne ihre Gefühle zu zeigen, sagte sie:
    »Meine Güte, wie clever! Und doch hat Sie jemand gesehen: die Pennerin aus dem Geräteschuppen. Wussten Sie, dass sie dort hauste?«
    Carina sah verärgert

Weitere Kostenlose Bücher