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Derrick oder die Leidenschaft für das Mittelmaß

Derrick oder die Leidenschaft für das Mittelmaß

Titel: Derrick oder die Leidenschaft für das Mittelmaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Zeitschrift Micromega erschienen ist, und einen weiteren, den ich während des Kosovo-Krieges für die Zeitung La Repubblica geschrieben habe.
    Desgleichen mußte ich leider auch viele Texte aus-
    schließen, die ich aus Anlaß des Todes von Freunden oder Lehrern geschrieben hatte. Es waren zu viele im Laufe eines Jahrzehnts, aus dem einfachen Grund, daß alle Menschen sterblich sind. Ich tröste mich damit, daß andere an diese Personen erinnern werden, ausführlich und unabhängig von meinen emotionalen Nachrufen.
    Viele Texte habe ich weggelassen, weil sie mir repetitiv erschienen, in dem Sinne, daß ich im Laufe der Jahre mehrmals auf dasselbe Thema zurückgekommen bin.
    Zwei- oder dreimal habe ich zwei Bustine ,die dasselbe Thema unter verschiedenen Blickwinkeln behandelten, zu einer verschmolzen. Aber ich habe auch einige Wiederho-lungen stehengelassen, da in manchen Fällen das Zurück-kommen auf ein schon behandeltes Thema ja heißt, daß bestimmte Phänomene oder Polemiken mit beharrlicher Monotonie in den italienischen Medien wiedergekehrt sind. In solchen Fällen bezeugt die Wiederholung einen Wiederholungszwang, den nicht ich, sondern die Gesellschaft hatte. Um ein Beispiel zu geben: Wenn in jedem Herbst von neuem eine Diskussion um die Zukunft des Buches einsetzt, fühlt man sich jedesmal wieder verpflich-tet, die Gemüter zu beruhigen, da sie sich nicht von allein angesichts des Offenkundigen wieder abregen.
    Da und dort habe ich stilistische Korrekturen vorgenommen, denn die Bustina war eine wöchentliche Kolum-7
    ne, und die Eile führt zu zahllosen Unsauberkeiten. Ich habe Anfänge, Einschübe und Schlußsätze weggelassen, deren Notwendigkeit ich beim Wiederlesen nicht einsah, und manchmal habe ich statt dessen kurze Erklärungen eingefügt. Der Grund ist: die Bustine haben einen vorge-schriebenen Umfang, da sie die letzte Seite des Magazins füllen müssen; wenn sie zu lang sind, muß ich sie kürzen, wenn sie zu kurz sind, muß ich irgend etwas hinzufügen.
    Das sind die Bedingungen journalistischen Schreibens. Ich muß jedoch sagen, das Schreiben solcher Texte war für mich eine grundlegende Erfahrung: Sich darin zu üben, in einer vorgegebenen Länge auszudrücken, was man denkt, ist etwas, das ich jedem empfehlen kann.
    Man wird sehen, daß viele Texte keinen Bezug zu aktuellen Geschehnissen haben. Vielleicht ist es nützlich, hier zu wiederholen, was ich in der allerersten Bustina ausgeführt hatte. Der Titel »Bustina di Minerva« bezieht sich auf jene kleinen Streichholzhefte, die von der Firma Minerva hergestellt werden, und auf die Tatsache, daß man sich auf der Innenseite des Deckels oft Adressen oder Te-lefonnummern notiert, Einkaufslisten anlegt oder auch (wie ich) eben festhält, was einem gerade durch den Kopf geht, während man im Zug unterwegs ist, in der Bar oder im Restaurant sitzt, Zeitung liest, ein Schaufenster betrachtet, in den Regalen einer Buchhandlung stöbert. Daher hatte ich von Anfang an festgelegt, daß ich, falls es mir eines Abends aus ganz persönlichen Gründen einfallen sollte, über Homer nachzudenken, darüber schreiben wür-de, auch wenn Homer nicht gerade die Titelseiten der Zeitungen füllt. Wie man sieht, habe ich es oft so gehalten, mit oder ohne Homer.
    Ein weiteres Kriterium, das ich beim Schreiben der Bustine stets befolgt habe, war, daß es keinen Sinn hat, einen Artikel zu schreiben, um etwas anzuprangern, was jeder-8
    mann als verwerflich betrachtet. Zu schreiben, daß es böse ist, die eigene Mutter zu töten, wäre bloß eine reichlich demagogische Zurschaustellung edler Gefühle. Allenfalls wäre ein Artikel fällig, wenn viele der Meinung sind, daß es gut sei, diejenigen zu töten, und zwar mit allen Insigni-en des Staates, die ihre Mutter umgebracht haben. Ich ha-be keine Bustine gegen den sexuellen Mißbrauch Minder-jähriger geschrieben oder gegen das Steinewerfen von Brücken, auch weil ich voraussah, daß solchen schlimmen Dingen, wenn sie geschehen, genügend Platz in derselben Nummer gewidmet sein würde. Als es jedoch in mehreren Ländern zu Protestmärschen gegen Sex mit Kindern und Kinderpornographie kam, schien es mir sinnvoll, die Ein-zigartigkeit dieses Phänomens zu kommentieren.
    Man wird sehen, daß die Bustine ,auch wenn sie heiter sind, fast immer auf etwas reagieren, was mich geärgert hat. Sie handeln nur selten von dem, was mich freut, und viel öfter von dem, was mir nicht gefällt. Aber es gibt so vieles, worüber wir uns

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