Des Kaisers Gespielin (German Edition)
heiratete.
Mutter gegenüber stellte ich mich unschuldig: „Ich weiß gar nicht was du meinst... Ich werde dem höchst geschätzten Herrn einmal den Hof zeigen.“
Und entschieden zog ich Henderley am Ärmel hinter mir her bis wir schließlich die Tür hinter uns schließen konnten und ich nicht mehr das vor Gier und Berechnung entstellte Gesicht meiner Mutter sehen musste. Ich lehnte mich an die Wand und atmete erst einmal tief durch. Henderley beobachtete mich mit einem Ausdruck im Gesicht, den ich nicht deuten konnte.
„Was?“, fragte ich scharf und bereute es schon im nächsten Augenblick. „Es tut mir leid, ich bin nur etwas angespannt.“
„Das merke ich. Du scheinst deine Mutter nicht besonders zu mögen... ich bin nur überrascht. Irgendwie habe ich mir eingebildet, ihr wärt eine glückliche liebende Familie... ich weiß auch nicht warum. Du hast etwas an dir... etwas Behütetes.“
Henderley sah mich fast entschuldigend an.
Entschlossen hakte ich mich an seinen Arm: „Komm! Ich führe dich herum und wir unterhalten uns ein wenig.“
Mit gemächlichen Schritten umrundeten wir das Haus in immer größer werdenden Kreisen, aber es dauerte einige Zeit bis wir auch wirklich redeten.
Henderley machte den Anfang: „Also? Warum muss die kaiserliche Favoritin mit deiner Schwester sprechen? Sie wird doch nicht wirklich in den Palast kommen wollen?“
Verschmitzt kichernd schüttelte ich den Kopf: „Nein, auch wenn das die offizielle Geschichte ist. Die liebe kleine ahnungslose Line bekommt gerade die wohl wichtigste Lehrstunde in ihrem Leben...“
Henderley blieb stehen und sein Blick bohrte sich prüfend in mein Gesicht. Dann schien er zu verstehen. „Du meinst... ähm...“
Er schien so aus der Fassung, dass er gar nicht weiter reden konnte. Ich nickte mit einem kleinen Funkeln in den Augen.
„Ja genau. Ravenna wird sie in die Geheimnisse der körperlichen Liebe einführen, auf dass ich nie wieder einen Brief wie den vorigen von ihr bekommen muss.“
Henderleys Gesicht war zweifelnd: „Glaubst du wirklich, das ist eine gute Idee? Sie ist doch fast noch ein Kind.“
„Ein Kind, das bereits geglaubt hat selbst ein Kind zu tragen.“, verteidigte ich mich leidenschaftlich. „Glaube mir, es ist besser das Mädchen hat so viele Informationen wie sie bekommen kann, damit sich ihre Befürchtungen nicht bewahrheiten. Nicht zu wissen, wie sie mit ihren Gefühlen und ihrem frühreifen Verlangen umgehen soll, das hat sie doch erst in diese Lage gebracht.“
Trotz meiner Erklärung spürte ich seine Missbilligung.
Seite an Seite gingen wir weiter und ohne mich anzublicken fragte Henderley leise: „Und du? Hast du diese... Lehrstunde... auch schon über dich ergehen lassen dürfen?“
Er wirkte erleichtert, als ich meinen Kopf schüttelte und ich war froh, dass er meine roten Ohren unter meinem Haar nicht bemerkte. In einvernehmlichem Schweigen setzten wir unseren Weg fort, bis sich geräuschvoll die Eingangstür öffnete. Mit der völlig aufgelöst aussehenden Line im Schlepptau stand dort Ravenna und nickte uns zu.
Line lief mir entgegen und warf sich um meinen Hals: „Und ihr müsst wirklich schon gehen?“
Schweren Herzens nickte ich und raunte in ihr Haar: „Ja, kleine Schwester, wir müssen jetzt wieder gehen. Hat es dir geholfen, was sie dir erzählt hat?“
Sie nickte und sah mich mit geröteten Wangen an.
„Es war sehr aufschlussreich. Befremdlich, aber aufschlussreich. Ich muss erst einmal darüber nachdenken...“
Ich lächelte ihr aufmunternd zu: „Tu das, Line, tu das. Es freut mich, wenn sie euch helfen konnte.“
Unser Abschied war bestenfalls hölzern. Wir reichten brav den Anwesenden unsere Hände, sagten uns leere Worte und blickten uns nicht in die Augen. Dann stiegen wir wieder in die Kutsche. Henderley zog in Richtung meiner Eltern, die unschlüssig in der Tür standen, zum Abschied seinen Hut und bevor ich es richtig begriff, waren wir schon unterwegs. Wiederholt warf ich Ravenna während der Fahrt fragende Blicke zu. Ich möchte wissen, wie es gewesen ist, was sie ihr erzählt hatte und wie Line reagiert hatte. Aber Ravenna sah mich nur lächelnd an und neigte ihren Kopf warnend in Henderleys Richtung. Dieser war für unseren Blickaustausch nicht blind und verabschiedete sich schließlich unter einem missmutig gebrummten Vorwand auf den Kutschbock.
„Na den haben wir vertrieben.“, sagte Ravenna lachend und auch ich fiel in ihr befreites Kichern ein.
„Du
Weitere Kostenlose Bücher